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Die letzte Lagune

Die letzte Lagune

Titel: Die letzte Lagune Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
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Fußboden beleuchtet. Ich
konnte nicht sehr viel von dem Mann erkennen. Er hatte einen
Lohengrin-Helm mit Schwanenflügeln auf dem
Kopf.»
    «Wie groß
ist der Mann gewesen?»
    «Vielleicht so
groß wie Sie.»
    «Schlank oder
eher kompakt?»
    «Das kann ich
Ihnen nicht sagen.»
    «Und sein
Gesicht?»
    «Er trug
eine baùta.»
    «Sie haben also
nur seinen Mund, sein Kinn und einen Teil seiner Stirn erkennen
können.»
    Knarz
nickte.
    «Und die baùta? Welche Farbe hatte
sie? War daran irgendetwas Auffälliges?»
    Knarz dachte einen
Moment nach. «Sie war dunkel», sagte er
schließlich. «Eine Farbe war nicht zu erkennen. Ich
glaube, sie hatte eine, äh ...» Der Gastronom
verstummte.
    «Eine
was?», hakte Tron nach.
    Knarz schien das
richtige Wort nicht zu finden. Dann fiel sein Blick auf die
Breguet. «Eine glitzernde Einfassung um die Augen»,
sagte er lebhaft. «Aber ich bin mir da nicht
sicher.»
    Eine glitzernde
Einfassung um die Augen. Trons ganzer Körper, nicht
nur sein Magen zog sich zusammen. Er blickte zu Bossi hinüber.
Der senkte stumm den Kopf.
    «Und was haben
Sie getan», fragte Tron weiter, «als der Mann im Foyer
verschwunden war?»
    «Da bin ich
wieder nach vorne zum Tresen gegangen und habe zehn Minuten
später eines der Mädchen nach hinten geschickt»,
sagte Knarz. «Die fing auch gleich an zu schreien, als sie
den Toten entdeckt hatte.»
    Tron überlegte.
Wenn Knarz der Täter war, hätte er gewusst haben
müssen, dass Marchmain an diesem Abend eine wertvolle Uhr
tragen würde.
    «Sie können
gehen, Signor Knarz», sagte Tron.
    Als sich die Tür
hinter Knarz geschlossen hatte, sah Bossi Tron fragend an.
«Und?»
    «Knarz ist ein
Esel», sagte Tron. «Aber womöglich hat er noch
Glück im Unglück. Wenn die Uhr echt ist, kostet sie ein
Vermögen. Wenn sie nicht echt ist, steht Knarz wesentlich
besser da. Dann geht es nicht mehr um schweren Raub, sondern nur
noch um eine Falschaussage.»
    Bossi runzelte die
Stirn. «Halten Sie es für möglich, dass die Uhr
eine Fälschung ist?»
    Tron zuckte die
Achseln. «Ich würde es nicht ausschließen. Was ist
heutzutage schon echt?»
    «Und
Knarz?»
    «Ist jemand, der
in seiner cantina garantiert unechten Champagner
verkauft», sagte Tron. «Aber seine Geschichte ist echt.
Entweder hat Petrellis Mörder auch Marchmain umgebracht, oder
jemand wollte uns auf eine falsche Spur lenken.»
    «Flyte?»
    Eine glitzernde
Einfassung um die Augen. Tron dachte an den Streit mit
Marchmain, den Flyte verschwiegen hatte, und daran, dass Holly
Parker ihm ihre Derringer überlassen hatte. Und war es denn
auszuschließen, dass der Diener dieses eine Mal links und
rechts nicht verwechselt hatte? Und rein
theoretisch, überlegte Tron weiter, könnte Flyte den
Anschlag auf sich selbst auch inszeniert haben.
    «Wir sollten
Flyte ein paar Fragen stellen», sagte er. «Und zwar am
besten sofort.» Er warf einen Blick auf die Zeiger der
Breguet. «Um diese Zeit dürfte er in der Marciana
sein.»
    «Wollen Sie
vorher mit Spaur reden?», erkundigte sich Bossi.
    Tron schüttelte
den Kopf. Sein Blick fiel wieder auf die Breguet mit ihrer
protzigen Dekoration. Das Ding, dachte er, sah wirklich aus wie
eine Fälschung.
    «Nein»,
sagte er. «Wir reden zuerst mit Flyte. Vielleicht kann er ja
alles erklären.»

42
    Als Tron zusammen mit
Bossi den Campo vor der Questura betrat, wäre er fast
erschrocken stehen geblieben. Vor einer halben Stunde hatte sich
der Himmel noch in langweiligem Hellgrau präsentiert. Jetzt
war er auf beunruhigende Art und Weise in Bewegung geraten.
Dunkelgraue und schlierig weißliche Wolkenschichten schoben
sich hektisch ineinander, und es hatte wieder angefangen zu
schneien. Der Schnee war körnig fein, er schwebte nicht sanft
zu Boden, sondern wurde von einem scharfen Ostwind gegen die Stadt
geweht und bildete bereits kleine Schneeverwehungen an der Luvseite
der Hausfassaden.
    In der Marciana
stellte sich heraus, dass Flyte heute Morgen nicht erschienen war.
Das war insofern bemerkenswert, als Flyte einen äußerst
regelmäßigen Tagesablauf hatte. Tron erwog, Bossi
vorzuschlagen, das weitere Vorgehen im Florian zu besprechen. Aber
es gab nichts zu besprechen, jedenfalls nicht, bevor sie Flyte
einen Besuch abgestattet hatten. Also liefen sie weiter zu Flytes
Wohnung.
    Bei Flytes Haus war
der scharfe Ostwind in einen regelrechten Sturm übergegangen,
und vor der Eingangstür hatte sich eine kniehohe Schneewehe
gebildet. Als Bossi die Tür öffnete, rutschte die

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