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Die letzte Lüge: Thriller (German Edition)

Die letzte Lüge: Thriller (German Edition)

Titel: Die letzte Lüge: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Jonge
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aus dem 7. Polizeirevier, die sich mit O’Hara und Krekorian die Schichten teilen. Weil dieser Bereich des Parks fast unterhalb der verlängerten Delancey Street noch zum 7. Revier gehört, wurden sie benachrichtigt. Der Dritte im Bunde, ein sehr viel kleinerer Mann, dem eine nicht angezündete Camel verwegen im Mundwinkel hängt und der eine Lederjacke mit einem auf der Schulter aufgenähten Sensenmann trägt, ist Inspektor der Rechtsmedizin und heißt Russ Dineen. Den Sommer über arbeitete O’Hara gemeinsam mit ihm an dem Fall einer jungen indischen Assistenzärztin, die Selbstmord beging. Die Leiche hatte tagelang mit dem Gesicht nach unten in der Wanne gelegen, bis sich jemand die Mühe machte, einen Telefonhörer in die Hand zu nehmen. Dank Dineen gehört der unschöne, dafür aber umso einprägsamere Begriff »indische Menschensuppe« jetzt zu O’Haras Wortschatz.
    Die Spurensicherung hat einen großen Bereich um das Toilettenhäuschen herum abgesperrt, wobei der Zaun der Tennisplätze auf einer Seite als Begrenzung dient. O’Hara würde nichts lieber tun, als unter dem gelben Absperrband durchzukriechen und selbst nachzusehen, ob es sich um Pena handelt. Aber die Etikette verlangt, dass sie zunächst Höflichkeiten mit den Männern austauscht, die vor ihr eingetroffen sind.
    »Ziemlich entsetzlich«, sagt Loomis, ein ausgeglichener Hüne, der nicht zu Übertreibungen neigt. »Wie lange liegt sie schon hier, Russ?«, fragt O’Hara.
    »Es war kalt«, sagt Dineen, der inzwischen das Maximum an Ablenkung aus seiner unangezündeten Zigarette gezogen hat und endlich die Hände um die Spitze legt, um sie sich anzustecken. »Zersetzungsprozesse verlaufen ganz anders als im Sommer, Dar. Aufgrund von Farbe, Geruch, Madenbefall und so weiter, würde ich sagen, keine ganze Woche, aber auch nicht viel weniger.«
    »Das passt«, sagt Krekorian. »Pena wurde seit Donnerstag früh nicht mehr gesehen.«
    O’Hara holt eines der kopierten Bilder heraus, das Laternenmasten und -türen auf der gesamten Lower East Side schmückt. »Sieht sie so aus?«
    »Das Mädchen hier sieht überhaupt nicht irgendwie aus, Dar«, erwidert Navarro
    »Wer auch immer sie getötet hat, der kam auf seine Kosten«, sagt Dineen. »Wahrscheinlich wurde sie vergewaltigt. Auf jeden Fall gefoltert. An ihr wurde herumgeschnitzt wie an einem Totempfahl.«
    »Wer hat sie gefunden?«
    Navarro nickt in Richtung Streifenwagen, auf dessen Rücksitz ein zerlumpter Mann hitzige Gespräche mit sich selbst führt. »Die Klos sind schon seit Jahren kaputt, aber manchmal gehen die Junkies trotzdem rein, um der Kälte zu entkommen.«
    »Ist als Pythagoras bekannt«, sagt Loomis. »Letzte bekannte Adresse ist der Planet Nebulon. Wir würden ja mit ihm reden, aber wir wollen ihn nicht unterbrechen.«
    »Jungs, ich muss mir das mal ansehen«, sagt O’Hara. »K. und ich haben uns den ganzen Tag mit dem Fall beschäftigt.«
    Die Aufregung, die O’Hara bei dem Gedanken an ihr erstes Tötungsdelikt verspürt, steigt an und erhält eine düstere Note, als sie sich mit Krekorian unter dem gelben Absperrband hindurchduckt und das Toilettenhäuschen betritt. Die Leiche eines nackten Mädchens liegt in zwei durchsichtige Duschvorhänge aus Plastik gehüllt unter den Pissbecken. Die beiden Kriminaltechniker, die Lampen aufstellen und sie ungehalten anstarren, tragen Masken. Aber der Geruch – der sich zu gleichen Teilen aus Exkrementen, Verwesung und brandneuem Plastik zusammensetzt – ist nicht so widerlich, wie O’Hara gedacht hatte. Viel schlimmer ist, dass das Opfer luftdicht in Plastik verpackt ist. Ihr Körper ist gefangen und eingeschnürt, so wie der Mörder ihn verlassen hat, die Handgelenke auf dem Rücken gefesselt, die Beine leicht zurückgebogen und an den Knöcheln zusammengebunden, der Mund mit Klebeband verschlossen und die Augen weit aufgerissen. Als könnte sie noch immer nicht glauben, was mit ihr geschieht. O’Hara hat das Gefühl, das Verbrechen selbst zu betrachten und nicht dessen Ergebnis.
    Während sich O’Hara noch bemüht, den Leichnam in annähernd vollständiger Dunkelheit auszumachen, springt der Generator an und Licht durchflutet das Toilettenhäuschen. Als sich ihre Augen daran gewöhnt haben, fällt ihr auf, dass Ratten mehrere Zehenspitzen abgenagt haben und am anderen offenen Ende des Plastikschlauchs ganze Büschel des kurzen schwarzen Haars fehlen. Sie versteht jetzt, was Dineen mit Totempfahl meinte. Bläulich graue Kreise bedecken

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