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Die letzte Lüge: Thriller (German Edition)

Die letzte Lüge: Thriller (German Edition)

Titel: Die letzte Lüge: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Jonge
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die Vorderseite des Leichnams von den Füßen bis zur Schulter. Bevor das Licht anging, hatte sie diese für durch entsetzliche Schläge verursachte Prellungen gehalten. Jetzt sieht sie, dass es sich um Kerben handelt, teilweise über zwei Zentimeter tief. Und obwohl das Opfer, wie Navarro meinte, zu stark entstellt ist, um noch einer Aufnahme aus besseren Zeiten zu ähneln und seine Haut in dem grellen Licht gespenstisch fahl wirkt, stimmen Größe, Gewicht, Alter und Augenfarbe mit der ihr vorliegenden Beschreibung des vermissten Mädchens überein. O’Hara zweifelt nicht daran, dass sie vor der toten Francesca Pena steht.
    Kriminaltechniker arbeiten stundenlang am Leichenfundort, machen unzählige Fotos und messen alles aus. Ein Team von der Spurensicherung stäubt auf der Suche nach Fingerabdrücken die Tür ab. Eine Stunde später hebt ein zweites Team die komplette Tür aus den Angeln und karrt sie davon. Es ist eine lange, zähe Nacht. O’Hara, Krekorian, Loomis und Navarro verbringen sie größtenteils im Wagen für Kriminaltechnik. Diese jüngste Errungenschaft der NYPD ist mit speziell angefertigter, allerdings vollkommen nutzloser Elektronik im Wert von Hunderttausenden von Dollar vollgestopft. Immerhin funktioniert die Kaffeemaschine. Navarro schnaubt abfällig angesichts eines Jeep Wagoneer, der sich um 3.15 Uhr dem Schauplatz nähert. Die vier Beamten bemühen sich, nicht laut zu lachen, als Sergeant Mike Callahan in Cowboystiefeln und brandneuer Lederjacke auf den Wagen zugeht.
    »Was macht ihr beiden hier?«, fragt er O’Hara und Krekorian, obwohl die Frage eigentlich ihm gelten müsste. »Habt ihr kein Zuhause?«
    »O’Hara hat den Fall am Freitag als Vermisstenanzeige aufgenommen«, sagt Krekorian kleinlaut. »Seit Sonntag behandeln wir den Fall als potentiellen Mord.«
    »Ich nehme an, ihr habt gesehen, wie die Zeitungen das aufziehen, und wisst, was für eine große Sache das ist.«
    Callahan, der aufgrund seiner Prüfungsergebnisse zum Sergeant befördert wurde und nicht etwa deshalb, weil er sich auf der Straße besonders hervorgetan hätte, bessert sein Einkommen auf, indem er Polizeiandenken aus seinem Keller übers Internet verhökert. Er ist genau die Sorte Stubenhocker, mit dem sich kein hart arbeitender Detective lange abgeben will. O’Hara hält ihre Augen in Bewegung in der Hoffnung, dass ihr die Verachtung nicht allzu deutlich anzumerken ist. Sie hätte sich keine Sorgen machen müssen, denn die Aufmerksamkeit des Sergeant ruht bereits auf dem schwarzen, sehr offiziell wirkenden Stadtgeländewagen, der gerade vorgefahren ist. Als diesem der Deputy Police Commissioner Mark Van de Meer entsteigt, verschwindet der Sergeant ohne ein weiteres Wort und lässt seine Detectives wie vier Loser auf einer Cocktailparty stehen.
    »So long, Sergeant«, sagt Loomis leise. »War uns ein Riesenvergnügen.«
    Kurz vor vier Uhr morgens fahren die Übertragungswagen von fünf Fernsehstationen vor. Offensichtlich bekamen sie alle denselben Anruf, denn fünf Minuten später trifft der Police Commissioner ein, um ein Dreißig-Sekunden-Statement abzuliefern. Als ein dritter verbeulter Impala anrollt und sich Detective Patrick Lowry vom Beifahrersitz wälzt, weiß O’Hara endgültig, dass dem Fall oberste Priorität eingeräumt wird. Lowry, der sich mit knapp 180 Kilo auf einer Länge von 1,96 immer noch in der Grauzone zwischen fett und stämmig bewegt und der je nach dem, wie es ihm passt, entweder das eine oder das andere geltend macht, hat in den vergangenen zehn Jahren derart an Sehkraft eingebüßt, dass er nicht mehr selbst fahren darf. Und obwohl seine gigantischen Körpermaße und seine Kurzsichtigkeit zur Legendenbildung ebenso beitragen wie der Umstand, dass er an der Columbia Law School Verhörtechniken unterrichtete, ist an seinen Referenzen nicht zu rütteln. Lowry kam mit 28 Jahren zum Morddezernat und beendete seine Ausbildung mit 30. Seitdem wanderte jeder nennenswerte Manhattaner Mordfall der vergangenen 20 Jahre über seinen Tisch. Ohne auch nur ein Wort an jemanden zu richten, schafft es Lowry irgendwie mit der Hilfe seines Partners und Chauffeurs Frank Grimes, sich unter dem gelben Absperrband hindurchzuschieben und im Toilettenhäuschen zu verschwinden.

11
     
    Auf der anderen Seite des Flusses, jenseits von Brooklyn und Queens, braut sich ein milchiger Morgen zusammen. Derweil laden Dineen und seine Folterknechte Pena in den Transporter, dem wenig später eine Phalanx von

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