Die letzte Lüge: Thriller (German Edition)
er. »Ich weiß gar nicht, wieso ich mich überhaupt mit Ihnen unterhalte, O’Hara. Ihre Karriere ist zu Ende.« An Krekorian gewandt sagt er: »Und Sie tun sich auch keinen Gefallen damit.«
»Sarge«, sagt Krekorian, »bevor Sie sich da drin mit Dewey zum Affen machen, müssen wir Ihnen was erzählen.«
»Wovon zum Teufel sprechen Sie?«
»Dewey ist der Typ, der bei den Präsidentschaftswahlen 1948 gegen Truman kandidierte.«
»Ich weiß, wer Dewey ist, Sie herablassendes College-Arschloch.«
»Das ist Tida Entonces«, sagt Krekorian. »Vor einer Stunde haben wir ihr Geständnis aufgezeichnet. Sie hat Francesca Pena umgebracht, weil Pena ihre elf- und ihre dreizehnjährige Tochter an dieses Stück Scheiße namens Daniel Delfinger verkauft hat.«
»Wieso glauben Sie, dass sie die Wahrheit sagt?«
»Erstens ist sie diejenige, die angerufen und der Polizei den Tipp mit dem Transporter gegeben hat. Das war kein wachsamer Bürger, wie Lowry behauptet. Sie war’s. Bei dem Überfall hat sie Pena die Schlüssel abgenommen und wusste dadurch genau, wo der Transporter parkt. Denn sie hatte ihn selbst dort abgestellt. Sie haben die Wahl. Halten Sie zu Lowry, wenn Sie wollen, aber die Kiste ist so wasserdicht wie ein Eichhörnchenarsch. Und noch was, Sarge: Ich hab bloß geholfen. Das ist allein das Verdienst von O’Hara. Und wenn die Reporter mit ihr fertig sind, hat sie vielleicht Lust, als Bürgemeisterin zu kandidieren.«
Callahans Talent als Polizist mag begrenzt sein, aber blöd ist er nicht. Plötzlich erscheint es ihm hier im Gang sehr viel angenehmer als im Saal hinter ihm. Callahan kämpft sich erneut zwischen den Herumstehenden hindurch den Gang entlang und in den Versammlungssaal hinein, wo er sich einen Weg bis zum Podium bahnt.
»Das NYPD kann nicht überall sein«, sagt Lowry gerade, als Callahan anfängt, ihm ins Ohr zu flüstern, »aber wachsame Bürger wie der anonyme Anrufer, dessen Hinweis in diesem Fall so entscheidend war, können für uns sehen und hören.«
Mehrere Reporter haben Krekorians Gespräch mit dem Sergeant bereits im Gang mitgehört. Jetzt sind die Typen von den kleinen Zeitungen und vom Radio, deren Auflage und Einschaltquote nicht hoch genug ist, um vorgelassen zu werden, am nächsten an der Story dran. Die Neuigkeiten machen blitzschnell die Runde. So schnell, dass die Reporter Lowry auf dem Podium stehen lassen, ihm den Rücken zukehren und zur Tür hinausdrängen. In dem allgemeinen Gewühl, in dem plötzlich alle nach einer kleinen rothaarigen Frau Ausschau halten, fällt nur wenigen auf, dass Lowry durch eine Seitentür verschwindet. Doch als O’Hara endlich in den Saal und aufs Podium geführt wird, entgeht es der Aufmerksamkeit der Reporter keinesfalls, dass derselbe Mann, der eben noch strahlend neben Lowry stand, sich jetzt ebenso stolz hinter der suspendierten O’Hara aufbaut.
47
Die Hütten stehen in einer Reihe am Fuß eines steil hinaufragenden Hügels. Als O’Hara durch die Tür tritt, kann sie die feuchte Luft riechen, die von dem zugefrorenen See herüberweht. Mond und Sterne leuchten so hell, dass man die Post lesen könnte, wenn man die Post hier oben lesen dürfte. Das Thermometer neben der Tür zeigt minus 21 Grad.
O’Hara steigt in schweren Stiefeln die Stufen herunter und geht Richtung Schuppen. Ganz hinten in der Ecke findet sie die Schubkarre und zieht sie hinaus. Der schiefe Reifen holpert über die Steine und die gefrorenen Furchen der Schotterstraße. Hinter der letzten Hütte wird aus der Schotterstraße ein matschiger Feldweg, der in den dunklen Wald hineinführt und 400 Meter später auf eine kleine Lichtung mündet. Die abgeholzten Bäume, die hier standen, liegen zu Scheiten zerhackt und aufgestapelt unter einer grünen Plane. Diesen Teil des Prozederes mag O’Hara am wenigsten und um die Wahrscheinlichkeit zu minimieren, unerwünscht mit der Natur aneinanderzugeraten, stampft sie laut mit den Stiefeln auf und klatscht die behandschuhten Hände aneinander. Dann schlägt sie die Plane wie ein Zauberer zurück und belädt ihre Schubkarre mit Holz. Zurück in der Hütte hilft ihr Velma, eine Säuferin aus Brownsville, die Holzscheite die Treppe hochzuschleppen, und Megan, ein Meth-Junkie aus Patchogue, befeuert den gusseisernen Herd, wobei sie sich aber nicht die Gelegenheit entgehen lässt, O’Hara sehnsüchtig anzulächeln. Diese hatte ihr schon am Tag ihrer Ankunft erklärt, dass sie die Sopranos der Lesbenserie The L-Word
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