Die letzte Minute: Thriller (German Edition)
in der Ecke, der allein bei einem Bier sitzt.«
» Ja.«
» Benimmt er sich irgendwie auffällig?«
» Nein.«
» Hast du ihn schon mal gesehen?«
» Nein, noch nie. Er hat ein Harp bestellt und trinkt es sehr langsam. Er hat sich nicht von seinem Tisch wegbewegt, seit du gegangen bist.«
Okay, dann vielleicht… Mila. » Ist Mila vor oder nach ihm gekommen?«
» Vor ihm.«
» Wir müssen besonders solche Leute im Auge haben, die allein da sind. Es könnte jemand sein, der es auf Mila oder mich abgesehen hat.«
» Keine Sorge. Kümmere du dich um das, was du zu tun hast«, meinte Bertrand. » Mila und ich, wir machen das schon, falls es Ärger gibt.«
» Okay«, erwiderte ich, » bist du sicher?«
» Hat sie dir nicht erzählt, warum wir das Badezimmer schalldicht gemacht haben?«
» Äh, ja, sie hat so was angedeutet. Okay, ich bin gleich wieder da.«
Ich ging in die Nacht hinaus.
VI E R T ER T E I L
Die Kinderstube
72
Ollie’s Bar, Brooklyn
Ich saß auf den Bierkästen, und als Ollie hereintrat und das Licht aufdrehte, bekam er fast einen Herzinfarkt.
» Jesus Maria!«, rief er aus und starrte mich an. » Du! Was zum Teufel machst du hier?«
» Ich schulde dir eine Pistole.«
» Allmächtiger Gott. Du hättest kündigen können, statt einfach so abzuhauen.« Als mich die Company vor einigen Monaten aus ihrem Privatgefängnis in Polen entlassen hatte, damit ich ihnen den Lockvogel für Novem Soles spielte, verschafften sie mir einen Barkeeper-Job, hier in Ollie’s Bar. Nach einer Weile entzog ich mich der Aufsicht der Company und konnte deshalb Ollie unmöglich Bescheid sagen, bevor ich verschwand. Ich hatte auch seine Pistole aus dem Safe gestohlen, ihm aber wenigstens einen Schuldschein hinterlassen.
» Weißt du, es tut schon weh, seinen einzigen fähigen Barkeeper zu verlieren.« Ollie war bekannt dafür, sich ständig über die geringe Qualität seiner Mitarbeiter zu beklagen. » Und dann noch von ihm bestohlen zu werden.«
» Du hast doch wohl den Schuldschein gefunden.«
» Und ich hab das sogar akzeptiert, was mich selbst wundert«, meinte Ollie. » Ich hab dir jedenfalls nicht die Bullen an den Hals gehetzt.«
» Die Pistole war gar nicht registriert, Ollie«, bemerkte ich trocken. » Ich hab sie verloren, aber eine bessere mitgebracht.« Ich reichte ihm eine Beretta und eine Schachtel Munition aus den Beständen meiner Bar.
» Sieht gut aus«, meinte er. » Ich werd nie lernen, damit zu schießen.«
» Das hast du mit der anderen auch nicht gekonnt«, entgegnete ich.
» Stimmt. Wo warst du?«
» Ich hab meine Frau und meinen Sohn gesucht.« Aus irgendeinem Grund mochte ich Ollie einfach nicht mehr belügen. Ich würde seine Fragen so weit wie möglich beantworten. Er war ein guter Mann. Mila hielt sehr viel von ihm und wollte ihm seine Bar schon seit Jahren abkaufen. Hier war ich ihr auch zum ersten Mal begegnet; sie hatte mich bereits für ihre Organisation im Auge gehabt.
Ollie brauchte einen Augenblick, um mein Geständnis zu verarbeiten. » Und hast du sie gefunden?«
» Ja.«
» Das ist gut.«
» Ich versuche gerade, August zu finden, ohne ihn anzurufen«, sagte ich. » Ich dachte mir, du könntest ihm vielleicht etwas von mir ausrichten.«
» Bist du allergisch auf Telefone?«
» Nein.«
» Angeblich erzeugen Handys Hirntumore.« Ollie fühlte sich am wohlsten, wenn er sich wegen irgendetwas Sorgen machen konnte. » Er sitzt an der Bar, hat schon ein bisschen viel intus.«
» Ist er allein?«
» Ja, obwohl eine gutaussehende Lady ein Auge auf ihn geworfen hat.«
» Ich will ja der Liebe nicht im Weg stehen, aber meinst du, du könntest ihn herholen, ohne jemanden wissen zu lassen, dass ich hier bin?«
» Warum sollte ich dir einen Gefallen tun, Sam? So wie du mich behandelt hast?«
» Ollie, willst du dich irgendwann aus dem Geschäft zurückziehen?«
» Ja.«
» Ich kaufe dir diese Bar ab, sobald du sie abstoßen willst. Du brauchst dir keine Gedanken mehr zu machen, ich werde einen guten Preis zahlen.«
Er blinzelte. » Wieder mal einer von deinen Späßen.«
» Wie viele würden zurückkommen, nachdem sie eine Waffe gestohlen haben, und die Sache bereinigen?«
» Nicht viele, aber kann ich das trotzdem schriftlich haben?«
» So wie der Schuldschein, den ich dir hinterlassen habe?«
» Ja.«
Ich riss ein Etikett von einem Kasten Newcastle Brown Ale und schrieb auf die Rückseite: Ich verspreche hiermit, Ollie’s Bar zu einem fairen Preis zu
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