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Die letzte Nacht der Unschuld

Die letzte Nacht der Unschuld

Titel: Die letzte Nacht der Unschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: India Grey
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Dafür brauchte sie sich nicht hübsch zu machen. Wie Cristiano beim Abschied gesagt hatte … was immer sie miteinander geteilt hatten, es war vorbei.
    Als Colleen den Waschraum verließ, entdeckte sie die Schar Krankenschwestern bei der Schwesternstation stehen. Mindestens fünf von ihnen hatten sich dort versammelt, so viele hatte Colleen in der ganzen Zeit hier nicht gesehen. Und in den Geruch des Desinfektionsmittels mischten sich jetzt die verschiedensten Parfüms. Mitten in der Gruppe lehnte Cristiano am Tresen. Er hatte sich rasiert, seit Colleen ihn das letzte Mal gesehen hatte, dennoch glich er mehr denn je einem Piraten.
    Sie erschauerte, ob aus banger Furcht oder Verlangen, wusste sie nicht zu sagen.
    Schließlich löste Cristiano sich aus der Gruppe und kam auf sie zu. „Können wir gehen?“
    Sobald sie zu den großen Glastüren hinaus auf die Straße traten, schlugen Colleen der kalte Wind und der Verkehrslärm der Stadt entgegen. Sie stockte einen Moment und musste gegen den Drang ankämpfen, kehrtzumachen und wieder ins Innere zu rennen.
    Oder sich an Cristianos breite Brust zu flüchten.
    Als er ihren Arm fasste, zuckte sie zurück.
    „Entspann dich“, meinte er beißend. „Es ist gleich da drüben.“ Er zeigte auf das große viktorianische Gebäude auf der anderen Straßenseite. Es war mit Flaggen geschmückt, ein Portier in Livree stand vor dem Eingang.
    „Das Excelsior?“ Sie hatte sich dafür gewappnet, Cristiano in einem vollen Café gegenüberzusitzen. Auf das luxuriöseste Hotel in ganz Yorkshire war sie nicht vorbereitet. „Ich kann da unmöglich reingehen.“ Sie blieb abrupt stehen. „Sowohl in der Bar als auch in der Lounge gelten eine strenge Kleiderordnung. Ich bezweifle wirklich, dass …“ Plötzlich redete sie mit sich allein. Cristiano hatte die Straße schon halb überquert.
    „Keine Sorge“, sagte er grimmig, als sie ihn eingeholt hatte. „Wir gehen weder in die Bar, noch in die Lounge. Ich habe ein Zimmer gebucht.“
    „Nein!“ Mitten auf der Straße blieb Colleen stehen. „Ich bin nur hier, um über meinen Sohn zu reden. Glaubst du etwa, du kannst mich verführen, damit ich dann alles tue, was du willst?“
    Ein Taxi hupte, und der Fahrer fuhr wild gestikulierend um Colleen herum. Cristiano packte sie beim Arm und zog sie zum Bürgersteig. „Es ist unser Sohn“, meinte er kalt und mit starrer Miene. „Und noch habe ich nicht entschieden, was ich will.“
    Der Portier beäugte Colleen argwöhnisch, als Cristiano sie die Stufen hinaufführte. Die schweren Türen fielen zu und schlossen die Welt draußen aus. In der Lobby herrschte gediegene Stille. Nervös sah Colleen sich um, während sie auf den Lift warteten, und hoffte vergeblich darauf, dass noch ein Gast erscheinen würde, damit sie nicht allein mit Cristiano in der engen Kabine fahren musste.
    Die Türen glitten auf. Auch die Kabine war leer. Elend trat Colleen ein. Warum nur mussten Aufzüge immer mit Spiegelwänden ausgestattet sein? Cristiano sah zwar auch müde aus, aber mit seinem Äußeren gelang es ihm noch immer, den Verkehr zum Erliegen zu bringen.
    Ihre Gedanken wirbelten hektisch durcheinander, als der Fahrstuhl hielt. Noch habe ich nicht entschieden, was ich will , hatte Cristiano gesagt. Was meinte er damit?
    „Nach dir“, forderte er sie jetzt auf. „Das Zimmer liegt am Ende des Korridors.“
    Sie bebte, als sie über den dicken Teppich weiterging, vorbei an unzähligen Türen. Cristianos Hand war jedoch völlig ruhig, als er die Schlüsselkarte einsteckte.
    Das Zimmer war geradezu übertrieben groß und im gleichen opulenten Art-Nouveau-Stil eingerichtet wie die Lobby. Die Möbel schimmerten im Licht der Tischlampen, die überall brannten, und ein riesiges Bouquet aus Lilien und Fresien verströmte einen süßlichen Geruch, der sie schwindelig machte. In dieser ganzen Pracht fühlte Colleen sich blasser und unansehnlicher denn je.
    „Also …“ Sie strich mit der Fingerspitze über ein Lilienblatt und studierte die Punkte im Inneren der Blüte, um Cristiano nicht ansehen zu müssen – oder das große Bett hinter ihm. „Bringen wir es hinter uns. Was möchtest du wissen?“
    „Nicht so schnell.“ Er kam auf sie zu, der Blick undurchdringlich, die Augen leicht zusammengekniffen.
    Colleen gab einen leisen Laut von sich, als wäre ein Stromschlag in ihre ohnehin schon lädierten Nerven gefahren. Heißes Verlangen strömte durch ihren Körper, während gleichzeitig eine Welle bitterer

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