Die letzte Nacht der Unschuld
überschatteten blauen Augen ansah. „Härter. Kälter. Unnahbarer.“
Cristiano lehnte sich zurück und sah zum Fenster hinaus auf das Gebäude auf der anderen Straßenseite. „Du schmeichelst mir. Ich war immer so.“
Sie sagte nichts, doch aus dem Augenwinkel konnte er sehen, wie sie den Kopf schüttelte. „Nein, nicht wirklich“, meinte sie schließlich. Trauer lag in ihrer Stimme. „Nicht unter der Oberfläche.“
Der Adrenalinschub ließ für einen Moment tatsächlich seine Sicht verschwimmen. Tausend beißende Erwiderungen auf diese irrige Annahme fielen ihm gleichzeitig ein. Gesù , wüsste sie, wie er unter der Oberfläche war, würde sie sich ihn nicht einmal als Bowling-Partner wünschen, geschweige denn als Vater ihres Kindes. „Wenn du so über mich dachtest, warum hast du dich nicht früher mit mir in Verbindung gesetzt?“
„Das habe ich versucht. Als ich herausfand, dass ich schwanger war, flog ich nach Monaco. Ich wollte mich mit dir treffen, dich davon wissen lassen.“ Das Croissant lag unberührt auf dem Teller. „Dumm, nicht wahr? Zwei Tage lang stand ich vor der Klinik, zusammen mit all deinen Fans. Ich habe sogar einen der Sicherheitsleute angesprochen, ob du nicht vielleicht angewiesen hättest, mich zu dir zu lassen. Er hat mich nur mitleidig belächelt. Also hinterließ ich einen Brief für dich beim Krankenhausempfang, bevor ich nach Hause flog. Nach Alexanders Geburt schrieb ich einen zweiten Brief an deine Adresse.“
„Meine Assistentin kümmert sich um meine Post“, meinte er tonlos und stand auf. Die Zeit wurde knapp, er würde sein Versprechen halten und sie zum Krankenhaus zurückbringen. „Warum hast du in der Zeit im Chalet nichts gesagt?“
Sie erhob sich ebenfalls und reckte trotzig das Kinn. „Weil mir schnell klar wurde, dass es sinnlos wäre. Du willst keine Familie, das hast du nur noch einmal bestätigt. Das wusste ich schon durch das Interview damals, doch ich hatte die Hoffnung, dass du deine Meinung vielleicht geändert haben könntest.“
„Das heißt, du hast mich also nur abgeschätzt“, meinte er bitter. „Hast sehen wollen, ob ich gut genug bin, um Zutritt zum Leben meines Sohnes zu erhalten.“ Die schlichte Wahrheit dieser Erkenntnis raubte ihm den Atem. Sie hatte ihn geprüft, beurteilt und für nicht würdig befunden. Und das Schlimmste – er konnte es ihr nicht einmal verübeln.
Sie schüttelte vehement den Kopf. „Nein, das stimmt nicht. Ich wollte dich nicht in eine Situation zwingen, in der du ganz offensichtlich nicht sein wolltest. Ich wollte nicht nur einfach einen Vater für Alexander, ich … ich wünschte mir eine Familie für ihn.“
Etwas unglaublich Anrührendes lag in ihren Worten, so, wie sie sie aussprach. Cristiano stellte sich ans Fenster und schaute nachdenklich hinaus. „Die kann er noch immer bekommen.“
Unten auf der Straße brauste ein Wagen mit Blaulicht und Martinshorn vorbei und durchbrach die Stille im Zimmer.
„Wie soll das möglich sein?“, fragte Colleen schließlich leise.
„Wir können ihm eine Familie geben.“ Mit ausdrucksloser Miene drehte Cristiano sich zu ihr um. „Heirate mich.“
10. KAPITEL
Heirate mich.
Diese Worte von dem Mann zu hören, den sie liebte, hätte Colleen vor Glück aufjubeln lassen müssen. Eigentlich hätte sie sich in seine Arme werfen und laut „Ja!“ rufen müssen. Oder auf der Stelle zum nächsten Brautgeschäft laufen und in ein Meer aus weißer Spitze und Satin eintauchen …
Stattdessen öffnete sie nur den Mund, ohne einen Ton herauszubekommen.
„Nun?“ Cristianos Stimme klang kühl und spöttisch. Was eigentlich alles sagte.
„Heiraten?“ Ungläubig starrte sie ihn an. „Ich meine … so richtig?“
„Gibt es auch eine andere Art? Ja, so richtig. In guten wie in schlechten Zeiten, zu ehren und respektieren, von diesem Tage an“, zitierte er. „Wenn du mich allerdings fragst, ob es ein romantisches Happy End gibt, wie man es in Filmen sieht, dann lautet die Antwort vermutlich Nein. Ich rede davon, Alexander eine sichere Familie mit zwei Elternteilen zu bieten, die unter einem Dach leben und ihn gemeinsam aufziehen.“
Sicherheit, Gemeinsamkeit. Er bot ihr Dinge, nach denen sie sich immer gesehnt hatte. Oder zumindest einige davon. Andere dagegen fehlten. Sie stand auf und schob die Hände in die Taschen des übergroßen Frotteemantels. „Ehren und respektieren … Heißt das auch, du bist bereit, die One-Night-Stands aufzugeben?“
„Das
Weitere Kostenlose Bücher