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Die letzte Nacht der Unschuld

Die letzte Nacht der Unschuld

Titel: Die letzte Nacht der Unschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: India Grey
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    Stupido. Noch mal. Du hast wieder alles falsch gelesen.
    Mit zusammengezogenen Brauen starrte er angestrengt auf die Schnipsel und versuchte, jedes Wort genauestens zusammenzusetzen, um auch keinen Fehler zu machen.
    Du – hast – einen – Sohn.

9. KAPITEL
    Die Krankenhauswelt war völlig irreal. Colleen hätte meinen können, von Außerirdischen auf einen anderen Planeten entführt worden zu sein. Ein Paralleluniversum, angefüllt mit dem Quietschen von Gummisohlen und dem Rascheln von gestärkten Schwesterntrachten, in dem jeder nur leise flüsterte und freundlich lächelte.
    Der neue Tag brach an. Graues Licht fiel durch den Spalt in den vorgezogenen Vorhängen. Draußen vor dem Fenster waren die Geräusche der erwachenden Stadt zu hören, aber Colleen fühlte sich Lichtjahre davon entfernt. Erstaunlich, wie schnell das Krankenhaus zu ihrer Welt geworden war. Und das Zentrum dieser Welt war das Bett, in dem Alexander lag.
    Sie lockerte die steifen Schultern. Draußen auf dem Korridor befanden sich Schwesternstation, Besucherküche und die Toilette. Sie suchte diese Orte nur selten auf und blieb lieber an Alexanders Bett, selbst wenn er schlief. Die Schwestern, ihre Mutter, Lizzie und Dominic hatten sie zu überreden versucht, nach Hause zu gehen, um Schlaf nachzuholen oder wenigstens zu duschen und sich umzuziehen, aber Colleen würde ihren Sohn nicht allein lassen.
    Nie wieder.
    Blinzelnd kämpfte sie gegen die Müdigkeit an, während sie auf Alexander hinunterschaute. Ihre Liebe für den Jungen und die große Sorge stürzten jäh auf sie ein und raubten ihr den Atem. Er war ihr Ein und Alles, so kostbar, so schön. Mit dem dunklen Haar, das ihm in die Stirn fiel, und dem lieben Gesichtchen, so ernst im Schlaf … dem von Cristiano so ähnlich …
    Sie wollte nicht an ihn denken, doch dafür war es schon zu spät. Sehnsucht, heiß und mächtig, überrollte sie und ließ ihre Haut prickeln. Sie presste die Fingerspitzen auf ihre Augen. Großer Gott, was für eine Mutter war sie nur, an so etwas zu denken, während ihr Kind im Krankenbett lag? Es war unverzeihlich, und es musste endlich aufhören. Alexander war jetzt das Einzige, was noch wichtig war.
    Colleen öffnete die Augen, als ihr bewusst wurde, dass seine schweren Atemzüge, mit denen sie während der Nacht die Stunden gezählt hatte, leiser geworden waren. Panik stieg in ihr auf. Ihr Puls raste, als sie die Hand an seine Wange legte. Die Haut war kühl, und das fiebrige Rot hatte einer gespenstischen Blässe Platz gemacht …
    Angst fraß sich plötzlich durch ihre Adern. Sie hastete zum Zimmer hinaus und auf den Korridor. „Schwester … oh bitte!“
    Vom Ende des grell erleuchteten Ganges war das scharrende Geräusch eines Stuhles zu hören. Colleen kehrte sofort in das Zimmer zurück und nahm die schlaffe Hand ihres Sohnes.
    „Mrs Edwards, was ist denn?“
    Schwester Parks … die mit dem platinblonden Haar und der Tracht, die mindestens eine Nummer zu klein war. Sie schaute Colleen immer an, als wäre sie eine hysterische Kuh von einem anderen Planeten.
    „Er ist so still. Und er atmet ganz flach.“ Colleens Stimme brach. „Seine Haut ist eiskalt …“
    Sachlich überprüfte die Schwester die Anzeigen auf den Monitoren, dann fasste sie Alexanders andere Hand und maß den Puls. Mit einem leicht gönnerhaften Lächeln sah sie zu Colleen. „Seine Atmung ist genau richtig, Mrs Edwards. Und seine Haut ist kalt, weil das Fieber abgeklungen ist.“
    Colleen entfuhr ein Schluchzen. „Heißt das, es geht ihm besser?“
    „Auf jeden Fall. Er schläft.“ Sie notierte etwas in der Krankenakte und steckte sie zurück in die Tasche am Fußende des Bettes. „Das sollten Sie auch tun. Warum legen Sie sich nicht im Zimmer für Angehörige …“
    Colleen schüttelte schon den Kopf, bevor die Schwester überhaupt ausgesprochen hatte. „Nein, danke. Ich bleibe hier.“
    Schwester Parks steckte den Kugelschreiber in ihre Brusttasche zurück. „Wie Sie meinen. Aber das ist wirklich nicht nötig. Ich wecke Sie, sollte sich sein Zustand ändern. Doch es sieht so aus, als sei er über den Berg. Er braucht jetzt nur noch Schlaf. Und Sie auch. Wenn er dann wach wird, ist er wieder putzmunter.“
    „Glauben Sie wirklich?“ Die Emotionen machten Colleen das Sprechen schwer.
    „Ja. Sie werden Energie nötig haben, um mit ihm mitzuhalten. Ich an Ihrer Stelle würde zusehen, dass ich etwas Schlaf bekomme.“
    Mit einem Lächeln ging Schwester Parks zur

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