Die letzte Nonne - Bilyeau, N: Die letzte Nonne
ein wenig Schnee mich aus der Fassung bringen? Er erwiderte das Lächeln nicht, doch er gab seinem Pferd die Sporen, um noch weiter vorauszureiten.
Die Brüder hatten beide nicht gewollt, dass ich Bruder Edmund auf der Reise begleitete, und hatten erbittert mit mir gestritten. In meinem Fall sei es viel schwieriger als in Bruder Edmunds, einen überzeugenden Grund für die Reise zu erfinden. Außerdem berge ein so langer Ritt über Land alle möglichen Gefahren, und im Übrigen gehe es nicht an, dass ein Ordensbruder in Begleitung einer Novizin reiste.
»Ihr werdet das ganze Unternehmen gefährden«, erklärte Bruder Richard in seinem ärgerlichsten Ton. »Ich muss darauf bestehen, dass Ihr hierbleibt, Schwester Joanna, und Bruder Edmund allein nach Malmesbury reisen lasst.«
»Dann mache ich mich eben allein auf den Weg«, entgegnete ich trotzig. »Ich habe das Kloster schon einmal ohne Erlaubnis verlassen. Ich kann es jederzeit wieder tun.«
Die Brüder waren sprachlos.
»Ich weiß, dass man mich bei meiner Rückkehr bestrafen oder vielleicht sogar ausschließen wird«, sagte ich. »Aber was spielt das schon für eine Rolle? Im Frühjahr wird sowieso alles vorbei sein. Mit meinen ›Verbindungen‹, wie Ihr es ausgedrückt habt, Bruder Richard, wird man uns auf Wardour Castle empfangen, und dann können wir uns die Howard-Tapisserie selbst ansehen. Danach können wir zur Abtei reiten, die ja ebenfalls in Wiltshire liegt, und allesüber König Athelstan zusammentragen, was dort auf uns wartet. Ich bin hierhergesandt worden, um die Krone zu finden und werde alles tun, was in meiner Macht steht, um diesen Auftrag zu erfüllen.«
Da ich ihnen keine Wahl ließ, bezogen nun die Brüder auch mich in ihren Plan ein. Bruder Richard fertigte ein angeblich von Bischof Gardiner verfasstes Schreiben an, das, mit seinem Siegel versehen, meine und Bruder Edmunds Anwesenheit in London befahl.
Die Priorin erteilte ohne Einwände ihre Genehmigung. Eigentlich hätte uns das freuen sollen, aber mich beunruhigte dieses ungewohnte Entgegenkommen. Als sie am Tag unseres Aufbruchs vor dem Kloster stand, um uns ihren Segen zu geben, blickte sie an mir vorbei irgendwo in die Landschaft, und mir fiel plötzlich auf, dass sie mir seit der Abreise von Cromwells Kommissaren nicht mehr in die Augen geblickt hatte.
Würde sie Bischof Gardiner schreiben und so erfahren, dass er von dieser Reise keine Ahnung hatte? Ich musste es bei Mutmaßungen belassen, etwas dagegen unternehmen konnte ich nicht. Bruder Richard hatte versprochen, sie im Auge zu behalten; ich konnte nur hoffen, dass er der taktischen Klugheit der Priorin gewachsen war.
Von meinen Mitnovizinnen hatte ich mich schon drinnen verabschiedet. Schwester Winifred war wieder ganz gesund. Am Tag zuvor war sie ins Novizinnendormitorium zurückgekehrt und hatte ihre täglichen Pflichten wieder aufgenommen. Jetzt sorgte ich mich mehr um Schwester Christina, die so düster und verschlossen war, aber ich tröstete mich mit dem Gedanken, dass sie und Schwester Winifred auch ohne mich zurechtkommen würden, sie konnten sich schließlich gegenseitig stützen.
Bruder Edmund und ich winkten noch einmal zum Abschied, dann ritten wir den Klosterweg hinauf zur Straße. Sobald wir außer Sicht waren, legten wir eilig unsere Habits ab. Ich hatte darunter das schlichte Kleid an, in dem ich aus dem Tower zurückgekommen war; Bruder Edmund trug die Kleidung eines Landedelmanns. Dieser Kleiderwechsel war meine Idee gewesen. In Erinnerung an das Aufsehen, das Schwester Agatha und ich erregt hatten, als wir im Habit durch das Dorf gefahren waren, bezweifelte ich, dass wir auch nur die Tore Londons erreichen würden, wenn wir unsere Ordenstrachttrugen. Wir waren nun nicht mehr Bruder Edmund und Schwester Joanna; wir waren Geschwister, die in einer dringenden Familienangelegenheit unterwegs waren.
John, unseren Stallburschen, alarmierte der Kleiderwechsel. In seiner Verehrung für Bruder Edmund war er sofort bereit gewesen, uns nach London zu begleiten. Aber als wir ihm eröffneten, dass wir inkognito zu reisen gedachten und nicht London, sondern Wiltshire unser Ziel war, geriet er zunächst in panischen Schrecken.
»Wir brauchen dich, John, du musst dich um die Pferde kümmern und sehen, dass sie immer gut versorgt sind«, erklärte Bruder Edmund. Er verschwieg, dass wir auch mit einem Bediensteten auftreten mussten, wenn wir den Leuten nicht merkwürdig vorkommen und Dieben als leichte Beute
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