Die letzte Rune 04 - Die Flammenfestung
verbrenne Euch mit Runen!« Eriaun streckte die andere verbrannte Hand aus.
Travis beugte den Kopf über seinen Stab, und Panik drohte Graces Herz anzuhalten. Würde er einfach zulassen, daß Eriaun ihn tötete? Dann trat ein seltsames Lächeln auf seine Lippen, und er nickte wie jemand, der einer anderen Person zuhörte.
»Nein, Bruder Eriaun«, sagte er und hob die Hand. »Es ist Zeit, daß Ihr zu Ende bringt, was Ihr angefangen habt.«
Bevor der Runensprecher reagieren konnte, hob Travis den Runenstab und berührte mit seiner Spitze die Kristallkugel auf Eriauns Handfläche. Der Stab flammte blau auf; Travis warf ihn in dem Augenblick beiseite, in dem er in einer Splitterwolke zerbarst. Grace wandte schützend den Kopf ab, dann sah sie wieder hin.
Eriaun stand unversehrt da, und er lachte. »Schwach, Runenmeister. Euer Stab ist kein Gegner für …«
Er stockte, als der Kristall auf seiner Hand mit einem hell singenden Laut entzweibrach. Der in seinem Inneren eingesperrte blutrote Funke tanzte, aus seinem Kerker befreit, auf seiner Handfläche.
»Er ist so schön!« flüsterte Eriaun.
Dann wurden seine Worte zu einem Schrei, als der Funke zu einer Miniatursonne anschwoll. Der Runensprecher verwandelte sich in eine Flammensäule. Grace wandte sich ab und schützte Tira mit ihrem Körper. Unerträgliche, verzehrende Hitze schlug gegen ihren Rücken …
… und war verschwunden.
Das Echo von Eriauns Schrei verklang. Langsam drehte sich Grace um. Travis half Melia auf die Füße. Die Lady war blaß, und sie hielt sich noch immer die Stirn. Aber die Qual war aus ihrer Miene verschwunden . Von Eriaun und der Kristallkugel gab es keine Spur mehr – abgesehen von einem Brandfleck auf dem Steinboden.
Grace schüttelte den Kopf. »Was ist mit dem Splitter von Krondisar geschehen?«
»Der ist weg«, sagte Melia. »Ich glaube, er wurde zusammen mit Eriaun verschlungen.«
Graces Blick fiel auf eine leblose Gestalt. Sie ließ Tira los, lief quer durch das Gemach und kniete neben Aldeth nieder, der reglos auf dem Boden saß. Zwei an den Hals gedrückte Finger verrieten ihr, daß er noch lebte – sein Puls war schwach, aber regelmäßig. Das Stilett war aus seiner Brust gefallen, und sie untersuchte die Wunde mit präzisen Bewegungen. Sie war nicht tief. Sein Brustbein hatte die größte Wucht des Stichs abgefangen; er hatte zwar Blut verloren, aber die Blutung hatte fast aufgehört.
Sie riß den Kopf hoch, als gegen die Tür gehämmert wurde.
»Geh zurück«, sagte Travis. »Ich versperre sie mit einer gebundenen Rune.«
Grace schloß kurz die Augen. Einen flüchtigen Augenblick, lang hatte sie sie gesehen, bevor sie die Gabe wieder loslassen mußte – drei strahlende Gestalten im Netz der Weltenkraft.
»Nein«, sagte sie und stand auf. »Öffne sie.«
Travis sah sie prüfend an und nickte. Er sagte: »Urath!« und die Tür schwang auf. Grace atmete erleichtert auf, als drei vertraute Gestalten eintraten.
Melia rannte los. »Falken!«
Der Barde fing die Lady in einer stürmischen Umarmung auf. Grace fand sich plötzlich in Liriths Umarmung wieder, und obwohl sie sich nicht sicher war, glaubte sie doch so etwas wie ein kurzes Grinsen auf Durges Gesicht gesehen zu haben, als er Travis’ Arme drückte. Dann versammelten sie sich in der Mitte des Gemachs im Kreis, mit Tira in der Mitte.
»Wo ist Beltan?« fragte Travis.
Falken schüttelte den Kopf. »Ich habe keine Ahnung. Er hat uns eine Nachricht hinterlassen, auf der stand, wo ihr zu finden seid. Ich glaubte, er wäre bei euch.«
Grace biß die Zähne zusammen. Das war eine böse Nachricht – davon war sie überzeugt. Aber jetzt mußten andere Dinge besprochen werden. Schnell berichteten sie, was sich alles zugetragen hatte, seit Falken, Lirith und Durge Spardis verlassen hatten.
Wut und Mitleid spiegelten sich in Falkens Augen wider, als er Melia an sich zog. »Ich hätte dich beinahe verloren.«
Sie legte den Kopf an seine Brust. »Niemals, mein Freund. Ich bin nur für dich zurückgekommen.«
Lirith kehrte von der Wand des Gemachs zurück. Grace sah, daß Aldeth jetzt friedlich auf seinem Umhang lag.
»Er schläft jetzt«, sagte die Hexe. »Ich glaube nicht, daß er stirbt.«
Grace sah in Liriths geheimnisvolle braune Augen. Danke. Sie war sich nicht sicher, ob sie es laut gesagt hatte oder nicht, aber Lirith nickte trotzdem.
»Und was tun wir jetzt?« fragte Durge in seinem üblichen polternden Tonfall. »Wir haben den Stein noch nicht
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