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Die letzte Rune 05 - Der Tod der Götter

Titel: Die letzte Rune 05 - Der Tod der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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Falken musste kräftig ziehen. Schließlich stand der Ritter wieder, und sein Gesichtsausdruck bot eine Mischung aus Verlegenheit und Entrüstung, die irgendwie entzückend war. Zu seinem Verdruss gab Aryn ihm einen Kuss auf die faltige Wange. Sie verabschiedeten sich von Orsith mit dem Versprechen, ihn bald wieder zu besuchen, und ließen ihn in der Luft schwebend zurück.
    »Also, wohin?«, fragte Falken Melia, als sie am Tempeleingang stehen blieben.
    »Vielleicht könnte uns der gute Landus ein respektables Gasthaus empfehlen, wo wir wohnen können.«
    Der junge Priester, der sie zur Tür geführt hatte, nickte sofort. »Selbstverständlich, Eure Heiligkeit. Die Gasthöfe befinden sich alle im Vierten Kreis. Ich glaube, das Haus der Neun Springbrunnen könnte Euch zusagen.«
    »Nein!«, rief die kleine Frau aus. Sie versteifte sich.
    Aryn starrte sie an, genau wie die anderen. Die Lady war totenbleich geworden.
    Landus schluckte. »Verzeiht, falls ich Euch beleidigt haben sollte, Eure Heiligkeit. Falls Euch dieses Gasthaus nicht gefällt …«
    Falken stieß den jungen Priester zur Seite. »Melia, was ist? Was ist los?« Der Barde ergriff ihre Schulter. Einen schrecklichen Augenblick lang war sie wie eine Statue, dann brach sie an Falkens Brust zusammen, packte sein Wams und fing an zu schluchzen.
    »Es ist Geb«, sagte sie mit erstickter Stimme.
    Aryn hatte den Namen noch nie zuvor gehört. »Geb?«
    »Der Rattengott«, sagte Landus. »Der Gott der Diebe und Bettler. Aber …«
    »Was ist mit ihm?«, wollte Falken wissen.
    Doch Aryn wusste, was Melia sagen würde, noch bevor sie zu sprechen anfing.
    »Er ist tot«, sagte sie mit zitternder Stimme. »Geb ist ermordet worden!«

38
    Tarras gefiel Durge nicht.
    Der Ritter konnte nicht bestreiten, dass es eine große Stadt war oder dass sie uralt war, und vermutlich musste man sie als prächtig bezeichnen. Die fünf sie umschließenden Mauern waren hoch und breit, sie würden einen ausgezeichneten Verteidigungswall abgeben – Eroberer, die eine Mauer bezwangen, würden sich vier weiteren gegenübersehen, bis sie die Mitte der Stadt erreichten. Das Militär erschien diszipliniert und gut ausgebildet, und die Märkte waren gut besucht und voller exotischer Waren. Selbst das Klima war vorteilhaft; warm, aber nicht drückend, vom Meer kamen kühlende Winde.
    Als sie jedoch zum Vierten Kreis zurückgingen, wurde Durge klar, dass er das alles für sein Herrenhaus aus kaltem, grauem Stein auf den windgepeitschten Mooren Embarrs eintauschen würde. Etwas an dieser Stadt mit ihren zahllosen Kulten und streitenden Göttern, mit ihrer gewürzschwangeren Luft, den dicht bevölkerten Straßen und schummrigen Gassen stimmte nicht. Er konnte nicht genau sagen, was es war, aber er konnte es von den Mauern ablesen, die trotz ihrer massiven Macht von einem feinen Netzwerk aus Rissen überzogen wurden, die im Verlauf der Jahrhunderte zahllose Male geflickt worden waren. Und er konnte es den Augen der Menschen ablesen, die ihnen auf der Straße entgegenkamen; es war ein tief sitzender und irgendwie leerer Ausdruck. Das hier war eine müde Stadt.
    Nein, nicht müde. Gelangweilt. Sie hat hier zu lange in der heißen Sonne gebrütet; sie hat alles gesehen, was die Zeit zu bieten hat, und das zahllose Male. Diese Stadt ist gelangweilt, und ihre Bewohner sind es auch.
    Durge wusste, dass das eine gefährliche Sache war. Wenn Männer gelangweilt waren, begingen sie voreilige und närrische Taten, um ein neues Gefühl zu erfahren, selbst wenn es nur einen kurzen Augenblick lang dauerte. Er hatte erlebt, wie sich Männer aus Langeweile zu Tode tranken und hurten; und er hatte erlebt, wie sie aus dem gleichen Grund in den Krieg zogen und töteten.
    Und wenn eine ganze Stadt gelangweilt war?
    »Geht es dir gut genug, um laufen zu können, Melia?«, fragte Falken schon wieder, als sie das Tor zu den brodelnden Straßen des Vierten Kreises passierten. »Lirith und ich können zum Gasthaus vorausgehen und dir eine Sänfte schicken.«
    Melias majestätisches Gesicht war hart. »Ich habe dir gesagt, dass ich mich nicht in einer Sänfte tragen lassen werde, Falken. Welchen Trost sollen mir weiche Kissen spenden, jetzt, wo zwei meiner Brüder nicht mehr sind? Ich werde auf meinen eigenen Füßen zum Gasthaus gehen.«
    Sie bogen in eine Seitenstraße ein, die von den in die Höhe wachsenden Gebäuden, deren Dächer sich fast berührten, beinahe in einen Tunnel verwandelt wurde. Die Sonne reichte

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