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Die letzte Rune 05 - Der Tod der Götter

Titel: Die letzte Rune 05 - Der Tod der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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Gesichtsausdruck war mindestens genauso versteinert wie der Melias.
    Die meisten Tempel des Zweiten Kreises waren aus weißem Marmor erbaut, doch der Stein von Sifs Heiligtum war von einem düsteren Grau, das im Mondlicht schimmerte. Die Türen des Gebäudes waren massiv und mit Einlegearbeiten aus Onyx versehen. Und sie waren fest verschlossen.
    »Etwas sagt mir, dass Sifs Priester nicht geneigt sein werden, auf unser höfliches Anklopfen zu reagieren«, sagte Falken.
    »Dann werden wir uns eben selbst einlassen«, erwiderte Melia entschieden.
    Die Lady schoss an ihnen vorbei, dann hob sie die Hände über den Kopf. Zuerst hielt Aryn es für eine Täuschung durch das Mondlicht, dann erkannte sie die Wahrheit. Ein azurblauer Schimmer hüllte Melias schlanken Körper ein.
    »Öffnet euch!«, befahl die Lady.
    Blitze zuckten aus ihren Händen, ein Donnerschlag ertönte. Wie von einer gigantischen Faust getroffen flogen die Tempeltüren aus ihren Angeln und stürzten krachend nach innen.
    Selbst Falken starrte ungläubig, als Staub aus dem Durchgang wallte.
    Melia glättete steif den weißen Stoff ihres Kleides. »Hier entlang«, sagte sie und trat durch die Öffnung.
    Sifs Tempel war gewaltig und düster. Dutzende Säulen aus dem gleichen glatten, grauen Stein stützten die im Schatten liegende Decke. Überall hingen Wandteppiche aus silbernem Stoff wie die Fäden eines monströsen Netzes. In der Mitte des Tempels war ein aus Onyx gefertigter Kreis in den Boden eingelassen, aus dem acht strahlenähnliche Arme wuchsen.
    Keine Arme, Aryn. Beine. Das soll eine Spinne symbolisieren – eine große schwarze Spinne.
    Priester hielten sich in dem Heiligtum auf, aber es fiel schwer, sie deutlich zu erkennen, da sie gerade alle auf der Flucht waren. Sie duckten sich zwischen Säulen; Türen knallten zu, Riegel wurden vorgelegt. In wenigen Augenblicken war der Tempel bis auf die sechs Besucher völlig leer.
    Falken stieß einen leisen Pfiff aus. »Etwas sagt mir, dass sie keine Lust auf eine Plauderstunde haben.«
    »Feiglinge«, sagte Melia und verzog angewidert die Lippen.
    Landus starrte Melia an, pure Ehrfurcht stand in sein Gesicht geschrieben. Aryn wusste genau, wie er sich fühlte. Man bekam nicht jeden Tag eine ehemalige Göttin in Aktion zu sehen.
    Falken kratzte sich am Kinn. »Und jetzt?«
    »Pass auf«, sagte Melia.
    Die Lady trat in die Mitte des Spinnensymbols. Sie hob die Stimme nicht, trotzdem hallten ihre Worte durch den leeren Tempel. Und aus einem unerfindlichen Grund war ihr scharfer Tonfall viel unheilverkündender, als es jeder Wutausbruch hätte sein können.
    »Zeig dich, Sif«, rief sie. »Ich weiß, dass du mich hören kannst. Eine Spinne weiß immer, was im Zentrum ihres Netzes vorgeht.«
    Stille.
    »Jetzt sofort, Sif, oder ich nehme deinen Tempel Stein für Stein auseinander und lasse nur eine stinkende schwarze Grube zurück, in der nichts, nicht einmal die primitivste Hütte, stehen bleiben wird!«
    Melia hob die Arme.
    »Nein!«, rief eine kreischende, weinerliche Stimme, die aus allen Richtungen kam. »Melindora, das darfst du nicht!«
    Am anderen Ende des Tempels schimmerte die Luft. Dann wurde sie plötzlich wieder klar, als hätte man einen grauen Schleier fortgezogen, und enthüllte einen Thron aus silbrigem Gestein. Darauf hockte eine gigantische Gestalt. Aryn holte zischend Luft; sie wusste, dass sie einen Gott sah.
    Sif war wie ein Mann geformt. Größtenteils. Denn er hatte vier Arme und vier Beine, und alle Gliedmaßen schienen gleichzeitig in Bewegung zu sein. Sein runder, aufgedunsener Körper wurde von einer grauen Tunika verhüllt, und sein Kopf erschien viel zu klein für den Rest von ihm. In dem runden Gesicht glitzerten zwei winzige schwarze Augen.
    »Nun, da bin ich, Melindora«, sagte Sif mit einer seltsam schnalzenden Stimme. »Bist du jetzt glücklich?«
    »Eigentlich nicht. Ich glaube, ich werde deinen Tempel auf jeden Fall für das niederreißen, was du getan hast.«
    Sie hob die Arme. Blaue Blitze schossen durch die Luft. Eine der Säulen zersprang und kippte zur Seite.
    »Aufhören!«, heulte Sif und bedeckte den Kopf mit allen vier Armen, als Staub und Steinchen auf ihn herabregneten. »Hört damit auf, Melindora. Das verdiene ich nicht!«
    »Nein?« Melia streckte die goldene Spinne aus, die sie in Orsiths Zimmer gefunden hatten. »Ich glaube, das hier bedeutet, dass du es in der Tat verdient hast. Und noch mehr.«
    Sie zeigte mit der anderen Hand auf eine

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