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Die letzte Rune 10 - Der Runenbrecher

Titel: Die letzte Rune 10 - Der Runenbrecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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militärisches Genie, aber ihr war klar, dass das eine hervorragend zu verteidigende Stelle war. Die Felsen waren steil und unmöglich zu erklimmen, und das schmale Tal würde jedes Angriffsheer wie mit einer steinernen Hand zusammenquetschen; zweifellos hatte die Festung daher ihren Namen. Selbst eine kleine Streitmacht wie die ihre würde diese Festung für unbestimmbare Zeit halten können, vorausgesetzt, sie befand sich in einem guten Zustand.
    Und das tat sie nicht. Dem Aussehen nach zu urteilen, war die Kurtine, die sich zwischen den beiden Felswänden erstreckte, einst neun Meter hoch gewesen. Jetzt maß dieser Festungswall an den meisten Stellen nicht mal mehr drei Meter. Die Mauer wurde von Sprüngen durchzogen und war mit Unkraut überwuchert; an ihrem Fundament türmten sich heruntergestürzte Steine.
    Die Festungsgebäude, die sich von ihnen aus gesehen vor der Mauer befanden, waren in keinem besseren Zustand. Es gab einen großen, rechteckigen Turm, zu dessen beiden Seiten Mannschaftsunterkünfte ausgingen, die dann im rechten Winkel abknickten und dadurch einen Hof bildeten. Die Unterkünfte sahen groß genug aus, um tausend Soldaten aufzunehmen, aber ihnen fehlte größtenteils das Dach, und ihre Türen und Schlagläden waren schon vor langer Zeit zu Trümmern verfault. Der fünf Stockwerke hohe Turm erschien durchaus stabil, aber seine Wehrgänge zerbröckelten wie die Mauer, und zweifellos war er so dachlos wie die Unterkünfte.
    Grace betrachtete die Festung, aber die schmalen Fenster des Turms starrten bloß zurück, als wären sie müde Augen. Dieser Ort hatte seit siebenhundert Jahren geschlummert. Wie konnte sie nur hoffen, ihn für den Krieg zu wecken?
    »Keine Sorge, Euer Majestät«, sagte Durge. »Das ist nichts, was ein bisschen Muskelschmalz nicht wieder hinbekommen würde.«
    Grace konnte sich nicht vorstellen, dass es auf der ganzen Welt genug Muskelschmalz gab. Und selbst wenn sie die Festung am Einsturz hindern konnten, sie hatten garantiert nicht genug Zeit, die Mauer wieder zu ihrer vollen Höhe auszubauen. Eine neun Meter hohe Barriere konnte verteidigt werden. Aber eine, die nur drei Meter hoch war? Die Geschöpfe des Fahlen Königs würden sie in Sekunden überwunden haben. Grace wollte den anderen sagen, dass es hoffnungslos war, dass sie genauso gut umdrehen und zurück nach Calavere marschieren konnten.
    »Euer Majestät!«, rief Meister Graedin. »Ich glaube, Ihr solltet Euch das hier ansehen.« Der junge Runensprecher war auf einen Steinhaufen geklettert und stand jetzt auf einem der niedrigsten Punkte der Mauer.
    Der Rest von ihnen eilte herbei, und Aldeth und Samatha kletterten geschickt nach oben. Sie hatten ausreichend Platz, um neben Graedin zu stehen; die Mauer durchmaß in ihrer Breite gut drei Meter.
    »Oh«, sagte Aldeth.
    Samatha lachte, ihre grauen Augen leuchteten. »Nun, das ändert alles.«
    »Habe ich doch gesagt«, meinte Graedin.
    Die ganze Spannung machte Grace schnell gereizt. »Durge, da es keiner für nötig hält, mir zu sagen, was er da sieht, werde ich mir selbst ein Bild machen müssen. Helft mir nach oben.«
    Durge kniete nieder und machte mit den Händen eine Räuberleiter, dann stemmte er Grace in die Höhe. Aldeth und Samatha griffen nach ihr und zogen sie auf den Mauerkamm. Der Wind traf sie und ließ sie schwanken.
    »Vorsicht, Euer Majestät«, sagte Meister Graedin und stützte sie. »Ihr wollt doch nicht herunterfallen.«
    »Nein«, sagte Grace leise. »Das allerdings nicht.«
    Sie war davon ausgegangen, dass das Tal auf der anderen Seite mit sanftem Gefälle von der Festung wegführte, so wie es das auch auf dieser Seite tat. Aber so verhielt es sich nicht.
    Die Festung stand an einem Abhang, der fast senkrecht in die Tiefe führte. Aus der Richtung, aus der sie gekommen waren, war die Festungsmauer kaum höher als drei Meter erschienen, aber auf dieser Seite stürzte sie dreißig Meter steil nach unten bis fast zum Talboden.
    Es hatte den Anschein, als wäre der Wall einst völlig glatt gewesen, aber die Steine waren an vielen Stellen zersprungen und zerbröckelt. Für einen geübten Kletterer – oder gewandte Kreaturen wie Feydrim – gab es genügend Haltepunkte, um die Mauer zu erklimmen, aber er würde nur langsam vorankommen, und ein Bogenschütze konnte mühelos alles treffen, was in die Höhe zu klettern versuchte. Auch Leitern würden nicht viel nutzen. Eine so hohe Leiter konnte von der Mauer weggestoßen werden, bevor selbst

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