Die letzte Rune 12 - Die letzte Schlacht
Name mit eleganter Schrift geschrieben. Mit zitternden Händen öffnete sie ihn und entfaltete das eine Blatt Notizpapier, das er enthielt. Dort stand eine Botschaft, die in derselben schwungvollen Handschrift geschrieben war wie die Adressierung.
Sie sind näher an den Antworten, die Sie suchen, als Sie glauben. Aber Sie haben etwas vergessen – ein Geheimnis aus der Zeit, bevor dieses Geheimnis seinen Anfang nahm. Jetzt ist der Moment gekommen, sich daran zu erinnern. Und wenn Sie eine Antwort finden wollen, vergessen Sie nicht, dass es immer am besten ist, direkt zur Quelle zu gehen.
Das war alles. Deirdre drehte das Blatt um, aber da stand nichts mehr, keine weiteren Zeilen, keine Unterschrift. Was sollte das bedeuten? Welches Geheimnis hatte sie vergessen? Dazu fiel ihr nichts ein. Aber eines wusste sie mit Sicherheit: Die Nachricht kam von ihrem geheimnisvollen Philosophen. Aber wie hatte er sie in die Zeitung geschmuggelt?
Deirdre versuchte sich zu erinnern. Es war noch dunkel gewesen, und sie hatte dem Mann am Zeitungsstand kaum einen Blick gewidmet, während sie ihm eine Pfundmünze gab und die Zeitung entgegennahm. Soweit ihr wieder einfiel, war er groß gewesen und hatte einen Mantel getragen; ein Hut hatte seine Züge in Schatten getaucht …
Sie fröstelte. Er war es gewesen. Es konnte nicht anders sein. Ihre Hand hatte die seine berührt, und sie hatte es nicht einmal gewusst. Sie beugte den Kopf über die Nachricht, um sie erneut zu lesen.
Die Deckenlampe wurde eingeschaltet, sie keuchte erneut auf.
»Sie sollten nicht im Dunklen lesen, Kollegin«, sagte eine fröhliche, grollende Stimme. »Sie werden sich noch die Augen verderben.«
»Anders«, stieß sie atemlos hervor.
Wie gewöhnlich trug er einen perfekt sitzenden Designeranzug. Sein Haar sah frisch gebleicht aus, und als er einen Styroporbecher vor ihr abstellte, entging ihr nicht, dass seine Fingernägel perfekt geschnitten und manikürt waren.
Wie kann er ein Spion sein? Offensichtlich verbringt er seine ganze freie Zeit damit, sich zu pflegen.
Trotz des miesen Gefühls in ihrer Magengrube ließ der Gedanke sie doch tatsächlich lachen, aber sie schluckte es herunter, und es kam eher wie ein Würgen heraus.
»Alles in Ordnung, Kollegin?«
Deirdre antwortete mit der Wahrheit. Es gab keinen Grund, es nicht zu tun. »Nicht unbedingt. Ich habe gerade das hier mit der Morgenzeitung bekommen.« Sie gab ihm die Nachricht, dann nahm sie einen tiefen, belebenden Schluck von dem Kaffee.
Als Anders fertig gelesen hatte, stieß er einen leisen Pfiff aus. »Junge, Junge, diesmal waren Sie direkt vor ihm. Er geht immer größere Risiken ein, um mit Ihnen Kontakt aufzunehmen. Kommt mir so vor, als würde er langsam unruhig. Bei ihm scheinen die Dinge verzweifelt zu werden.«
Daran hatte Deirdre noch gar nicht gedacht, aber möglicherweise hatte Anders Recht. Wie gewöhnlich hatte er die Dinge auf eine Weise gesehen, wie sie es nicht getan hatte. Und genau darum hasste sie es so, dass sie ihm misstraute. Sie brauchte Anders – sie brauchte seinen scharfen Verstand und seine absurde gute Laune und seinen Kaffee.
Aber das ist alles nicht möglich. Nicht, wenn du ihm nicht vertrauen kannst.
Aber vielleicht ging es ja doch; vielleicht bestand ja noch eine Chance. Wenn er ihr eine Frage beantwortete, dann würde sie mit Sicherheit wissen, dass er noch immer auf ihrer Seite stand.
»Anders«, sagte sie und räusperte sich. »Anders, da gibt es etwas, weshalb ich mir Gedanken mache. Und das ist sehr wichtig für mich. Sehr wichtig. Sie müssen mir eine Frage beantworten.«
Er zuckte mit den breiten Schultern. »Aber sicher, Partnerin. Was Sie wollen.«
Sie erwiderte den Blick aus seinen hellen blauen Augen. »Warum tragen Sie noch immer eine Waffe? Ich habe deshalb nie irgendwelche Anweisungen bekommen, aber ich weiß, dass sich Nakamura darüber durchaus im Klaren ist und deswegen nichts unternommen hat. Warum?«
Einen Augenblick lang stand er reglos da. Ihre Blicke lösten sich nicht voneinander. In Deirdre stieg Hoffnung auf.
Dann blinzelte er ihr zu und grinste. »Nicht wieder diese alte Geschichte«, sagte er mit spöttischer Zuneigung in der Stimme. »Ich schwöre, Sie sind wie ein Hund mit einem alten Knochen, Kollegin. Bloß dass an dem hier kein Fleisch mehr dran ist. Wie Sie sagten, Nakamura weiß darüber Bescheid. Und, wie ist Ihr Kaffee?«
Die Hoffnung in ihrer Brust verbrannte zu Asche. Sie fasste den Becher fester. »Toll«,
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