Die letzte Schlacht
Händen Ströme überhitzter Luft heraus, deren Bahn von aufsteigenden Dampfwolken nachgezeichnet wurde. Blitzschnell überwanden sie die Distanz.
Jhered riss vor Überraschung den Mund auf.
Die Fässer auf den Türmen am Tor explodierten, Metallsplitter zerfetzten Männer und Geräte. Wie die Klauen eines mächtigen Vogels zuckten die Flammen durch die Luft. Mirron hatte unterdessen die Hände zusammengeführt. Durch den Rauch und die Flammen konnte er sie kaum noch beobachten, während sie das Feuer dirigierte.
Die Flammenklauen schlugen auf die Geschütze und den Stein der Türme ein. Im Handumdrehen waren die Bailisten zu Asche verbrannt und die Mauern geschwärzt. Dort oben hatte niemand überlebt. Schnell wie ein galoppierendes Pferd raste die Hitze von beiden Seiten herüber das eiserne Tor.
Von unten stieg Dampf auf, die Männer auf den Torflügeln schrien, als ihre Kleider verschmorten und Feuer fingen. Wie brennende Tränen stürzten sie sich ins Wasser. Das Tor glühte dunkelrot, der Fluss kochte. In Wellen schlug die Hitze bis zu Jhered zurück, der Schweiß stand ihm auf der Stirn. Endlich stürzte auch der letzte Wächter, der sich am Eisen die Hände verbrannt hatte, hinunter. Die Bogenschützen wurden nicht gebraucht, sie waren ohnehin zurückgewichen und starrten die Aufgestiegene ehrfürchtig und ängstlich an.
Rasch wechselte die Farbe der Torflügel von einem dunklen zu hellem, strahlendem Rot. Es krachte und knirschte, die Scharniere brachen. Nieten schmolzen und sprangen heraus, vom Wasser wallten dichte Dampfwolken empor. Wo die ersten Tropfen des gelblich braunen geschmolzenen Metalls herabfielen, brodelte das Wasser. Mit erstaunlicher Geschwindigkeit löste sich die Barriere auf.
Zuerst tröpfelte es nur, aber dann kam ein donnernder Strom herab. Auf ganzer Breite war das Metall bis zum Schmelzpunkt erhitzt, die unteren Streben konnten das Gewicht nicht mehr tragen, und die Torflügel brachen zusammen. Glühendes Metall prallte aufs Wasser, kühlte zu Schlacke ab und versank. Blasen erschienen auf der Wasseroberfläche, und eine Dampfwolke, die so dicht war wie der schlimmste Seenebel von Estorr, stieg auf.
Das Schiff fuhr weiter. Da der Lärm des Zerstörungswerks etwas abgeflaut war, konnte Jhered inzwischen wieder die aufgeregten Rufe der Menschen hören. Die Türme neben dem Tor waren schwarz, um die Scharniere war sogar der Stein zerbröckelt und gesprungen. Auf beiden Ufern deuteten die Menschen zum Tor oder rannten fort. Ein Durcheinander wie im Tollhaus herrschte dort, während die Trommel auf dem Schiff stetig schlug. Der Bug stieß in den Dampf und das kochende Wasser hinein, mit einem leisen Kratzen glitt der Kiel über abkühlendes Metall hinweg.
Vorübergehend konnte Jhered Mirron nicht mehr sehen, aber als das Schiff die Dampfwolke hinter sich ließ und in den Seehafen einfuhr, saß sie zusammengesunken vor den noch rauchenden, aber inzwischen erloschenen Pechfässern.
»Wasser!«, rief Jhered.
Die Matrosen standen schon bereit und kippten Eimer mit Meerwasser über den Bug, die mit Seilen gesicherten Fässer, die versengten Planken und die splitternackte Mirron. Jhered eilte zu ihr, zog seinen Mantel aus und warf ihn über sie. Dann hockte er sich neben sie.
»Der gute Gott umfange mich, Mirron, das war ein Ereignis. Geht es dir gut?«
Mirron hob den Kopf und nickte. Auch ihre Haare waren versengt, und ihre Haut glühte, als loderte darunter noch das Feuer. Sie wirkte jedoch völlig gesund, nur ihre Augen blickten müde und waren von kleinen Falten umgeben.
»Ich habe die restliche Energie benutzt, um mich zu erneuern. Wie habe ich mich geschlagen?«
Jhered lächelte. »Du bist wunderschön, auch mit Kahlkopf.«
Mirron betastete ihren Kopf. »Verdammt. Ich dachte, ich hätte inzwischen heraus, wie ich meine Haare verschone. Ich lasse mir neue wachsen, wenn ich mich ausgeruht habe.«
»Schon gut. Du solltest jetzt den Bug verlassen und neue Sachen anziehen.«
Mirron sah sich um und sammelte offenbar ihre Energien. »Die Menschen sind zornig«, sagte sie. »Werden wir davonkommen?«
Jhered trat zu ihr und nahm sie in die Arme, während er den Hafen überblickte. Er war voller Menschen, jedoch herrschte Schweigen wie so oft, wenn die Bürger unvorbereitet das Werk eines Aufgestiegenen gesehen hatten. Sämtliche Liegeplätze waren besetzt, doch der Kanal, der in die Bucht führte, war offen und weitgehend frei. Weit von den verzweifelten Menschen entfernt war die
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