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Die letzte Visite

Die letzte Visite

Titel: Die letzte Visite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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Geräusch. Mit einer spontanen, hastigen Bewegung stieß
ich mich ab und schlitterte an dem kalten Rundbogen entlang. Was für eine
Teufelei war das schon wieder?
    Für die Minute bis zur Beruhigung hatte
ich die Kälte vergessen. Eigentlich ganz günstig, solange etwas passierte.
Keine Zeit, trüben Gedanken nachzuhängen. Was war das für eine Mauer?
    Fast hätte ich mir vor die Stirn
geschlagen. So was Blödes, nicht darauf zu kommen. Der Pumpenraum! Er war unten
in den Bassinsockel eingelassen. Ganz selbstverständlich, daß die Aussparung in
das Bassin ragen mußte. Das Geräusch war die Pumpe. Wenn sie ausfiele! Dann
müßte jemand kommen und mich vielleicht hören.
    Langsam, dachte ich. Erstmal selber
weitersehen. Noch war alles offen. Kein Optimismus, keine Panik, kaltes Blut
gewissermaßen. Dafür sorgte schon die Wassertemperatur.
    Ich nahm meine Fahrt voraus wieder auf.
Die Erwartung des Mauervorsprungs verlängerte den Weg lausig, eine halbe
Fünfzigmeterbahn schien ich geschwommen zu sein, bis ich ihn erreichte. Ich
tastete die Wand ab, so weit Arme und Beine reichten.
    Wieder nichts.
    Vorsichtig plätscherte ich an dem
klobigen Würfel entlang. Die Pumpe hämmerte, sie wuchs mir langsam ans Herz.
Wenigstens etwas bewegte sich in meiner Nähe außer mir. Jetzt kam die Ecke.
Rechtwinklig bog die Steinfläche um. Eine glatte Wand von vielleicht drei Meter
Länge. Wieder eine Ecke. Alles sehr sauber ausgeführt vom Architekten. Und nun
wieder das Stück zur Außenmauer hin, wahrscheinlich die letzte Chance für einen
Halt. Ganz behutsam tastete ich, Zentimeter um Zentimeter fast, um ja nichts zu
verfehlen. Dann stieß ich an etwas, und mein Herz wollte stehenbleiben vor
Freude.
    Ein Griff.
    Ein krampenartig gebogener, eiserner
Griff. Das Metall war kalt wie ein Eisberg, aber das konnte mich nicht
abhalten, mich daran festzuklammern. Ein Griff. Ich brauchte nicht zu
ertrinken. Er war etwas über dem Wasserspiegel in die Wand eingelassen, war
vielleicht dreißig Zentimeter lang. Sollte ohne Zweifel für Hände und Füße
zugleich dienen. Er mußte etwa auf halber Tiefe des Pumpenkerns liegen. Ich
konnte das kontrollieren, jetzt hatte ich Zeit, massenhaft Zeit. Noch immer war
ich eine Maus in einer Regentonne, aber mit einem Stück Eisen für die Hände.
Ich zog mich an dem Griff vorbei zur Außenwand.
    Meine Schätzung war richtig. Genau in
der Mitte war der Griff eingebaut. Wo einer war, mußten noch mehr sein.
Zunächst langte ich nach oben. Eine knappe Armeslänge und dann wieder ein
eiserner Bügel. Er war nicht so kalt wie der erste, weil er über Wasser lag.
    Die nächste Expedition fand nach unten
statt. Genau im gleichen Abstand abwärts fand sich der dritte Bügel. Konnte
sich nur um eine Art Wandleiter handeln. Nach unten zu tauchen, verspürte ich wenig
Lust. Meine Luft hätte auch nicht ausgereicht. Was interessierte mich, wie tief
das Becken war. Oben war es mir wichtiger.
    Ich wartete einige Zeit und schlenkerte
meine Arme in der Hoffnung, mehr Kraft zu bekommen. Noch immer schmerzten die
Ellenbogen von dem Aufprall oben an der Luke.
    Ich stemmte mich von der mittleren
Krampe ab, so kräftig ich konnte. Gleichzeitig griff ich nach oben. Eine Hand,
die andere Hand. Meine Jacke saugte sich fest am Wasser. Jetzt bewährte sich,
daß ich die Hosen los war. Ich kam mit dem rechten Fuß zuerst auf meinen Griff.
Dann mit dem linken. Kaum konnte ich es glauben.
    Ich war raus aus dem Wasser. Weiter.
Die eiserne Strickleiter mußte weiterführen.
    Sie mußte gar nicht. Ich machte einen
zweiten Sprung, wie ein Affe im Zirkus, Kein Griff war mehr da. Dafür schlug
meine Hand gegen Eisen. Wiedermal. Eine flache, eiserne Fläche.
    Jetzt kam ich dahinter.
    Die stufenähnlichen Krampen waren dazu
da, den Grund des Bassins erreichen zu können. Nach unten ging es sonstwohin.
Nach oben endeten sie an einer Eisentür, die man wahrscheinlich vom Schaltraum
her öffnen konnte. Wenn was kaputt war an den Rohrleitungen oder das Bassin
gereinigt werden sollte, konnte man vom Schaltraum aus nach unten krabbeln und
nach dem Rechten sehen.
    Der Wasserspiegel blieb wahrscheinlich
stets unterhalb der Tür, dafür sorgte die Automatik.
    Ich tastete die Tür ab, so weit ich
reichen konnte. Sie war ganz eingelassen, bildete mit der Steinwand eine ebene
Fläche. Kein Riegel, kein Verschluß von innen. Wozu auch. Der Konstrukteur
hatte nicht ahnen können, daß eines Tages ein unseliger Idiot von innen heraus
wollte, statt

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