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Die letzte Wahrheit: Roman (German Edition)

Die letzte Wahrheit: Roman (German Edition)

Titel: Die letzte Wahrheit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kimberly McCreight
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Eigentlich hätte ich es wissen müssen. Ich hatte ja auch so eine enge, alte Freundschaft. Sylvia brachte mich dazu, Dinge zu tun, die ich von allein nie tun würde. Es waren Kleinigkeiten, aber trotzdem wusste ich, wie es funktionierte. Und so wie Dylan über Zadie redete, war die Freundschaft zwischen den beiden noch was ganz anderes. Ich hätte von Anfang an wissen müssen, dass ich keine Chance hatte.
    Meine Mom hatte schon den Mantel an, die Tasche über der Schulter und das Blackberry in der Hand, als ich am nächsten Morgen nach unten kam.
    » Morgen « , sagte sie, während sie in der Küche rumlief und ihre Sachen zusammensuchte. Sie wirkte gestresst.
    Ich habe sie einen Moment beobachtet, ohne ein Wort zu sagen. Ich hätte ihr so gern gesagt, was los war. Doch wo sollte ich anfangen? Bei den Maggies? Bei Dylan? Bei gestern Nachmittag, als Zadie uns überrascht hatte? Es war alles zu viel. Keiner redet freiwillig mit seiner Mutter über Sex. Das vermeidet man tunlichst. Also stand ich da und überlegte krampfhaft, wie ich es anstellen konnte, ihr ein bisschen zu erzählen, aber nicht gleich alles. Das war leichter gesagt als getan. Es war alles so ein fürchterliches Durcheinander.
    Ich sah zu, wie meine Mom sich eine Banane von der Anrichte nahm, zuerst ihre Ordner in ihre Tasche steckte und dann ihre Schlüssel.
    » Heute Abend werde ich leider richtig spät nach Hause kommen. Ich weiß, es ist furchtbar, aber es ist bald vorbei. Ich dachte, vielleicht können wir an Thanksgiving über das lange Wochenende irgendwo hinfahren. Auf die Bermudas oder so. « Sie gab mir einen Kuss auf die Wange und nahm mich kurz und fest in den Arm.
    » Mom? « Ich war völlig neben der Spur. Wieso merkte sie nicht, dass mit mir etwas ganz und gar nicht stimmte? » Meinst du das ernst? «
    Mein Leben lang hatte ich mir nichts daraus gemacht, dass meine Mom nicht immer zu Hause war, denn ich war mir immer ganz sicher gewesen, dass sie es merken würde, wenn ich sie wirklich brauchte. Und dann würde sie für mich da sein. Und jetzt stand ich da und brauchte sie, und sie bekam überhaupt nichts davon mit.
    » Na ja, das ist nicht gerade die Begeisterung, auf die ich gehofft hatte, aber vielleicht können wir uns am Wochenende mal darüber unterhalten. «
    » Ich will für ein halbes Jahr nach Paris « , sagte ich.
    Paris war Bens Idee gewesen. Ich wusste noch nicht genau, wie es funktionieren würde, aber der Plan war, ein halbes Jahr von der Schule weg zu sein. Wenn ich zum neuen Schuljahr zurückkam, würden Zadie und Heather und Rachel und die meisten anderen Maggies ihren Highschool-Abschluss gemacht haben und weg sein. Dylan nicht, die war ja erst in der Elften. Davon hatte ich Ben gegenüber nichts erwähnt. Er sollte nicht denken, dass ich immer noch hoffte, wieder mit Dylan zusammenzukommen, auch wenn es stimmte.
    Einerseits wollte ich wirklich nach Paris, denn es schien mir die perfekte Lösung für alle meine Probleme zu sein. Andererseits hoffte ich insgeheim, dass meine Mom irgendwie schnallen würde, war hier abging. Wenn ich ihr erzählte, dass ich ins Ausland wollte, hieß das, dass ich ernsthafte Probleme hatte.
    Wenn sie nicht damit einverstanden war– womit ich rechnete– , würde ich ihr erklären, dass ich die Schule wechseln wollte. Eigentlich wollte ich nicht von Grace Hall weg. Liv und Sylvia und das Hockey-Team würden mir fehlen. Aber wenn es sein musste, würde ich gehen.
    » Paris? « Meine Mom sah mich an, als hätte ich den Verstand verloren. Und zugleich wirkte sie vollkommen gestresst. Sie hatte Angst, zu spät zur Arbeit zu kommen, das war mir klar. Auch das würde ich ausnutzen, wenn es sein musste. Sie hatte mir schon vieles erlaubt, wenn sie spät dran war. » Wie bitte? So weit weg? Und gleich für ein halbes Jahr? «
    » Was spielt das denn für eine Rolle? « , fauchte ich sie an. Frag mich, was los ist. Frag mich, was los ist. » Du bist doch sowieso nie zu Hause. «
    » Also wirklich, Amelia, das ist nicht fair « , sagte sie ein bisschen gekränkt. » Ein halbes Jahr in Paris– so was macht man als Studentin, nicht als Schülerin. «
    » Da lerne ich bestimmt eine ganze Menge. «
    Dass das Austauschprogramm nicht mal über Grace Hall lief, hab ich lieber gar nicht erst erwähnt.
    » Können wir bitte später darüber reden, Amelia? « , fragte sie. » Ich habe jetzt keine Zeit für längere Debatten. Wir reden darüber, sobald ich nach Hause komme. «
    Ich unterdrückte die Tränen,

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