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Die letzte Wahrheit: Roman (German Edition)

Die letzte Wahrheit: Roman (German Edition)

Titel: Die letzte Wahrheit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kimberly McCreight
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Schluss gekommen wie ich: Eine SMS -Attacke war rundgeschickt worden. Irgendwas über mich. Die Maggies hatten endlich getan, was sie mir schon die ganze Zeit angedroht hatten: ein Foto an alle geschickt, auf dem ich halbnackt zu sehen war. Das Schlimmste war, dass ich nicht mal Sylvia von den Fotos erzählt hatte, weil sie mir so peinlich waren. Und jetzt würden es alle wissen.
    Plötzlich war mir tatsächlich schlecht. Meine Handflächen waren klatschnass, und in meinem Gesicht kribbelte es. Ich ließ mich auf die harte, lederbezogene Untersuchungsliege fallen, so dass die Papierunterlage zerknitterte.
    » Musst du dich übergeben? « , quiekte Schwester Appleman. » Bitte versuch, es rechtzeitig auf die Toilette zu schaffen. «
    Ich schüttelte den Kopf, ohne den Blick von der Tür abzuwenden. Sylvia brauchte verdammt lange. Egal, was es war, es musste richtig schlimm sein. So schlimm, dass sie sich gar nicht traute zurückzukommen und mir zu sagen, was es war. Ich hätte auch selbst nachsehen können. Mein Handy steckte in meiner Tasche. Mir hatten sie die SMS garantiert auch geschickt. Doch ich wollte mir lieber Sylvias geschönten Bericht anhören. Ich saß da und wartete, den Blick auf die Tür geheftet.
    Als die Tür endlich aufging, kam Sylvia langsam hereingeschlurft. Sie konnte mich nicht mal ansehen.
    » Was steht drin? « , fragte ich.
    » Wenn es dir wieder besser geht, dann könnt ihr beiden euch draußen auf dem Flur unterhalten « , sagte Schwester Appleman, plötzlich ganz bissig. » Dieser Raum hier ist für Schüler gedacht, die tatsächlich krank sind. «
    Sylvia und ich schauten uns an, bis Sylvia sich nach einer Weile abwandte und sich neben mich auf die Liege fallen ließ. Sie holte tief Luft, stützte die Arme auf den Beinen ab und schaute zu Boden.
    » Deine E-Mail an Dylan– jemand hat sie rumgeschickt « , sagte sie leise. » Den ganzen Text. «
    Nachdem Schwester Appleman uns tatsächlich rausgeworfen hatte, sah Sylvia sich nervös auf dem Korridor um. » Diese Arschlöcher! « , sagte sie. » Aber sobald g R a C e FULLY wieder was ins Netz stellt, haben die das sowieso wieder vergessen. «
    Sylvia hörte gar nicht auf, sich wie verrückt umzusehen. So nervös hatte ich sie noch nie erlebt. Sie wusste genauso gut wie ich, dass eine derartige Bombe nicht so schnell vergessen wurde.
    Es wäre schon peinlich gewesen, wenn meine E-Mail an einen Jungen gegangen wäre oder wenn schon allgemein bekannt gewesen wäre, dass ich lesbisch war. Aber von meiner eigenen bedürftigen E-Mail geoutet zu werden? Das würde den Kids von Grace Hall für Jahre als Gesprächsstoff reichen. Ich wäre am liebsten im Erdboden versunken. Ich wünschte, mein Herz würde einfach aufhören zu schlagen. Ich machte die Augen ganz fest zu, als könnte ich es damit zum Stillstehen bringen.
    » Ich komm schon klar « , sagte ich zu Sylvia. Das war natürlich gelogen. Doch ich wollte, dass sie ging. Ich wollte allein sein. » Am besten gehst du jetzt in den Unterricht. Wenn du schon wieder zu spät kommst, wirst du am Ende noch suspendiert. «
    » Hey, ihr zwei! Was glaubt ihr eigentlich, wo ihr hier seid? Im Club Med? « , brüllte Will vom anderen Ende des Korridors. » Macht, dass ihr in eure Klassenzimmer kommt oder meldet euch bei Mrs Pearl! Eure Entscheidung! «
    Eh ich mich’s versah, saß ich im Englischunterricht, und Liv redete über Schall und Wahn. Ich konnte mich nicht erinnern, wie ich in das Klassenzimmer gekommen war. Aber ich saß an meinem Platz, und Liv stellte das nächste Buch vor, das wir durchnehmen würden. Sie sagte irgendwas über Erzählstruktur. Das Komische war, dass sie darüber redete, als handelte es sich um irgendwas Gott weiß wie Wichtiges anstatt um irgendein blödes Buch.
    Heather und Bethany waren auch in dem Kurs, sie saßen auf der anderen Seite, direkt am Fenster. Ich spürte, wie sie mich die ganze Zeit anstarrten. Am liebsten hätte ich mich einfach in Luft aufgelöst.
    Ich hatte Dylan geschrieben, dass ich sie liebte. Dass ich mir wünschte, sie würde mich auch lieben. Offenbar tat sie das nicht. Und jetzt wusste es die ganze Schule.
    Ich musste raus. Ich wollte weglaufen und nie wieder zurückkommen.
    Ben. Vielleicht würde der mir helfen. Wobei genau, wusste ich selbst nicht. Aber er würde bald kommen. Er hatte versprochen, es auf jeden Fall zu versuchen. Wenn ich ihn überreden konnte, jetzt zu kommen, konnte er mir wenigstens helfen, das alles für eine Weile zu

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