Die letzte Wahrheit: Roman (German Edition)
heiß.
Offensichtlich haben sich Ian Greene und Dylan Crosby schon wieder jemand Neues ausgekuckt. Arme Sylvia! Wir wussten von Anfang an, dass du auf der Abschussliste stehst. Und Dylan scheint bereits fündig geworden zu sein. Einzelheiten folgen.
Schaut wieder rein, Leute, ich hab noch mehr auf Lager.
Amelia
13. OKTOBER, 20:47
DYLAN
kannst du morgen?
AMELIA
wann?
DYLAN
nach der schule
AMELIA
was willst du machen?
DYLAN
rumhängen… vllt im park… kino
AMELIA
klingt gut, bis später
13. OKTOBER, 21:03
BEN
was gibts?
AMELIA
nix. wie gehts?
BEN
gut, hast du mit deiner mom geredet?
AMELIA
noch nicht… trau mich nicht
BEN
wieso?
AMELIA
hast dus deinen eltern sofort gesagt?
BEN
mehr oder weniger
AMELIA
und waren sie cool?
BEN
mein dad hats eher akzeptiert als meine mom
AMELIA
meine mom ist cool, aber es ist trotzdem komisch … wie als sie mit mir das erste mal über sex geredet hat
BEN
ja, aber nachher gehts dir besser, glaub mir
AMELIA
vllt… muss los… bis dann
13. OKTOBER, 20:11
SYLVIA
hast du gracefully gelesen?
AMELIA
noch nicht, wieso?
SYLVIA
da steht, ian wär auf der suche nach ner anderen… scheiße
AMELIA
100% von dem scheiß ist gelogen
SYLVIA
hoffe du hast recht
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14. OKTOBER
Amelia Baron
» Sie wurden Teil des unwirklichen, aber
durchdringenden und aufregenden Universums,
das die Welt ist, wenn man sie durch
die Augen der Liebe betrachtet. «
Virginia Woolf, Zum Leuchtturm
Sylvia Golde hör endlich auf mit deinen großkotzigen literaturzitaten
George McDonnell ja, echt ätzend
Chloe Frankel ich find das super, Amelia. Ich liebe das buch
Amelia
14. OKTOBER
Als ich aufwachte, schien mir die Sonne in die Augen. Sie stand noch tief am Himmel, direkt über den Häusern auf der anderen Straßenseite. Ich hielt mir eine Hand vor die Augen und schaute auf meinen Wecker. Schon fast fünf Uhr nachmittags, und ich musste ab halb sieben bei Kelsey babysitten. Das war’s dann wohl mit unserem gemeinsamen Kinobesuch. Aber das war mir egal. Ich hoffte nur, dass Dylan es nicht absichtlich vermied, sich mit mir in der Öffentlichkeit blicken zu lassen.
» Hast du die im Ernst alle gelesen? « , fragte Dylan.
Als ich mich im Bett auf die andere Seite rollte, sah ich sie vor meinem vollgestopften Bücherregal stehen. Sie trug nur ein Top und ihren Slip, das Haar im Nacken zu einem dicken Knoten zusammengedreht. Einige Strähnen hingen ihr ins Gesicht. Sie sah aus wie eine Prinzessin.
» Ich meine, das ist ja die reinste Bibliothek hier « , sagte sie mit einer Mischung aus Bewunderung und Entgeisterung. » Ich hab noch nie bei jemandem so viele Bücher gesehen. «
» Ihr habt doch bei euch zu Hause sogar eine richtige Bibliothek. «
» Mein Dad sammelt Bücher « , sagte Dylan. » Aber er liest sie nicht. Genauso gut könnte er Gedenktafeln oder Waffen sammeln. Aber du hast das Zeug hier alles gelesen, stimmt’s? «
Ich ließ den Blick über die Buchrücken wandern. Jetzt, wo ich sie mit Dylans Augen betrachtete, kam mir das Ganze tatsächlich ziemlich schräg vor. Andererseits war es auch nicht normal, tierisch komplizierte Sudokus mit sich rumzutragen wie einen Schwarzgurt.
» Na ja, nicht alle « , log ich. » Das wär ja verrückt. Außerdem gehören ein paar davon meiner Mom. «
Das Lügen machte mich traurig. Nach dem ganzen Versteckspiel und all der Heimlichtuerei, um bei den Maggies aufgenommen zu werden, wäre es schön gewesen, ganz und gar ich selbst sein zu können, wenn ich mit ihr allein war. Aber ich hatte das Gefühl, sie könnte mir jederzeit durch die Finger gleiten, und ich wusste nicht, welche von meinen Marotten schlecht ankamen. Außerdem hatte Dylan panische Angst davor, jemand könnte das mit uns rausfinden. Als wäre das schlimmer als der Tod. Ich hatte auch nicht vor, in Brooklyn rumzulaufen und lauthals unsere Liebe zu verkünden, oder in der Gay Pride Parade mitzumarschieren, jedenfalls noch nicht. Doch es war mir eigentlich egal, wer davon erfuhr. Mir war nur Dylan wichtig. Als ich sie gefragt hatte, ob ihr das mit uns peinlich sei, war das ziemlich schiefgelaufen.
» Nein « , hatte Dylan gereizt geantwortet. Wir waren wie immer in meinem Zimmer gewesen. » Ich will einfach nicht, dass alle in der Schule über mein Privatleben Bescheid wissen, okay? «
Privatleben. Es kam ihr über die Lippen, als wäre das ihr größtes Geheimnis. Ich fragte mich, wie viele Jungs vor mir Dylans Geheimnisse gewahrt hatten.
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