Die letzte Wahrheit: Roman (German Edition)
klammern.
Ich nickte. » Tut mir leid, ich wollte nur… «
» Schon gut. Ich weiß schon. « Dylan lächelte und gab mir einen Kuss. » Du bist einfach ein bisschen bedürftig. Meistens finde ich das auch ganz süß. «
Zehn Minuten nachdem Dylan weg war, hörte ich unten komische Geräusche. Ich saß am Schreibtisch und machte meine Bio-Hausaufgaben. Ich hielt den Atem an und lauschte. Wahrscheinlich hatte ich es mir eingebildet. Ich hätte unten irgendeine Lampe anmachen sollen, denn draußen war es schon so gut wie dunkel. Und jetzt hockte ich oben in meinem Zimmer, und im ganzen Haus war es stockdunkel. Ein typischer Anfängerfehler. Einer, der mir normalerweise nicht unterlief, weil ich es ja gewohnt war, allein zu Hause zu sein.
Ich lauschte angestrengt. Nichts. Als ich gerade erleichtert aufatmen wollte, hörte ich es wieder. Ein dumpfes Bummbumm, dann ein lauter Rumms. Als würde jemand, der sich im Haus nicht auskannte, im Dunkeln überall gegenstoßen. Verdammt, konnte es sein, dass tatsächlich jemand im Haus war?
Ich schnappte mir mein Handy und tippte 911 ein, drückte aber nicht auf Anruf. Was, wenn sich herausstellte, dass das Geräusch gar nichts zu bedeuten hatte– wovon ich überzeugt war–, und meine Mom rausfand, dass ich die Polizei angerufen hatte? Sie würde sich total darüber aufregen, dass ich mich so aufgeregt hatte. Und dann würde sie sich Vorwürfe machen, weil sie mich so oft allein ließ und ich dann hier zu Hause hockte und Gott weiß was für Ängste ausstand. Wahrscheinlich würde sie Leelah wieder einstellen. Und dann konnte ich das mit den Maggies vergessen. Und das mit Dylan sowieso.
Mit dem Handy in der Hand schlich ich zur Tür. Ich streckte den Kopf hinaus und schaute die dunkle Treppe runter. Unten war ein zarter Lichtschimmer zu sehen. Jemand musste eine Lampe angeschaltet haben, eine kleine, vielleicht die über dem Herd in der Küche oder die im Klo. Natürlich bestand die Möglichkeit, dass ich das Licht angelassen oder dass meine Mom es eingeschaltet hatte, als sie zur Arbeit gegangen war. Aber das glaubte ich eigentlich nicht.
Ich konnte nicht einfach in meinem Zimmer hocken bleiben und warten, bis ich herausfand, ob da unten jemand auf seine Chance wartete, mich zu ermorden oder sonst was. Besser war, runterzugehen und nachzusehen. Wenn ich nicht mehr aus meinem Zimmer rauskam, saß ich in der Falle. Vorsichtig, mit dem Rücken zur Wand, schlich ich die Treppe runter. Mein Finger lag auf der Anruf-Taste. Jetzt hörte ich, wie die Schranktüren in der Küche auf- und zugemacht wurden. Schubladen wurden aufgezogen und wieder zugeschoben. Ganz klar, da suchte einer nach was. Einer, der nicht wusste, wo er suchen sollte.
Ich konnte es nicht riskieren, länger mit dem Anruf bei der Polizei zu warten. Wenn ich sah, wer es war– und gesehen wurde–, würde es zu spät sein. Auf halber Treppe drückte ich den Knopf. Ich hielt den Atem an.
» Notrufzentrale « , meldete sich jemand. Aber wenn ich antwortete, würde derjenige, der da in der Küche herumstöberte, mich hören. » Hallo? Wollen Sie einen Notfall melden? «
» Ja « , flüsterte ich. » Jemand ist bei uns eingebrochen und… « Dann sah ich aus den Augenwinkeln eine Gestalt am Fuß der Treppe. » Scheiße! «
Ich hastete die Treppe hoch. Dabei fiel mir das Handy aus der Hand und polterte die Treppe runter.
» Amelia? Mein Gott, was machst du denn da? «
Ich war schon oben angekommen, als mir dämmerte, dass das die Stimme meiner Mom war. Sie stand unten, mein Handy in der Hand, und schaute mich entgeistert an. Dann hielt sie sich das Handy ans Ohr.
» Hallo? Ja. Nein « , sagte sie zu der Frau am Telefon, die wahrscheinlich geglaubt hatte, ich würde gerade totgeprügelt. » Das war meine Tochter. Sie hat mich für einen Einbrecher gehalten. Ja. Nein. Natürlich, einen Moment bitte. « Sie wirkte völlig aufgelöst, als sie mir das Handy reichte. » Sie will mit dir sprechen, um sich zu vergewissern, dass alles in Ordnung ist. Ist alles in Ordnung, Amelia? «
Es war gar nicht so einfach, die Frau bei der Polizei davon zu überzeugen, dass alles in Ordnung war und dass sie wirklich mit meiner Mom gesprochen hatte.
» Warum hast du mir nicht gesagt, dass du nach Hause kommen würdest? « , schrie ich meine Mom an, nachdem ich aufgelegt hatte. » Du kannst doch nicht einfach so zehn Stunden früher als sonst nach Hause kommen! «
Nach dem ganzen Zirkus mit Zadie und den gruseligen SMS über
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