Die letzte Wahrheit: Roman (German Edition)
sagen, aber die Einführungsveranstaltung ist für kommenden Freitag geplant. Wenn Sie noch weitere Fragen haben, schlage ich vor, dass Sie sich mit jemandem vom Elternbeirat in Verbindung setzen. Und was den angeblichen Mobbingvorwurf angeht, werden Sie wohl oder übel auf Mr Woodhouse warten müssen. «
Kate wollte gerade aufbrausen, doch Lew legte ihr mit großem Nachdruck eine Hand auf den Arm und hielt sie zurück.
» Das geht in Ordnung « , sagte er zu Mrs Pearl. » Wir können warten. Allerdings würden wir uns in der Zwischenzeit gern mit Amelias Englischlehrerin unterhalten. «
Mrs Pearl verschränkte die Arme vor der Brust und kniff die Augen zusammen, als versuchte sie, sich auszurechnen, was es sie kosten würde, wenn sie ihnen auch diese Bitte abschlug.
» Also gut « , sagte sie schließlich. » Falls sie zu sprechen ist. «
Zehn Minuten später hallten ihre Schritte im steingefliesten Korridor wider, als Mrs Pearl sie zum Wartebereich vor Livs Zimmer führte.
» Nehmen Sie Platz « , sagte Mrs Pearl und zeigte auf eine kleine Ansammlung von Sitzmöbeln, darunter zwei Ohrensessel. » Liv wird gleich bei Ihnen sein. Wenn das dann alles war… Ich muss wirklich wieder an meine Arbeit. «
Ohne auf eine Antwort zu warten, wandte sie sich zum Gehen.
» Da wäre noch etwas, Mrs Pearl « , rief Lew ihr nach.
Sie fuhr herum, die Lippen zusammengepresst.
» Ja, Lieutenant? «
» Die neuen Sicherheitsmaßnahmen am Eingang– ist das eine Reaktion auf Amelias Tod? «
» Keine Reaktion, Lieutenant, nein « , erwiderte Mrs Pearl kühl. Sie ahnte schon, worauf Lew hinauswollte. » Aber wie Sie sich zweifellos vorstellen können, erinnert der Tod eines Kindes, auch wenn es sich um einen Suizid handelt, alle Eltern an die Verletzlichkeit ihrer eigenen Kinder. Über die Frage, ob es darüber hinaus noch einen weiteren Zusammenhang gibt, müssten Sie sich mit einem Vertreter des Elternbeirats unterhalten, Lieutenant. Wie gesagt, sie sind extrem stimmgewaltig. «
» Das werde ich gern tun « , sagte Lew. » Dazu bräuchte ich allerdings ein paar Namen. «
Mrs Pearl kam zurück, nahm eine der Schulbroschüren von einem niedrigen Tisch und reichte sie Lew.
» Die Namen finden Sie auf der letzten Seite « , sagte sie. » Bei der Verwaltung können Sie die Telefonnummern in Erfahrung bringen. Falls Sie noch weitere Fragen haben, wenden Sie sich bitte an Mr Woodhouse. Am besten, Sie lassen sich gleich einen Termin geben. « Und damit stampfte sie davon.
Lew setzte sich und legte sich die aufgeschlagene Schulbroschüre auf die Knie und die Liste mit den Namen der Mädchen aus der Birds of a Feather -Clique daneben. Mit dem Finger fuhr er über die Liste nach unten, während sein Blick hin und her wanderte. Auf halbem Weg hielt er inne und hob den Kopf.
» Was ist? « , fragte Kate.
» Eins der Mädchen, Zadie Goodwin « , sagte Lew und reichte ihr die Liste. » Sehen Sie sich den Namen ihres Vaters an– oder besser gesagt, ihres Stiefvaters. «
Kate überflog die Namen. Zadie. Hatte Amelia den Namen erwähnt? War sie in Amelias SMS auf den Namen gestoßen? Sie glaubte es nicht, meinte jedoch, den Namen schon einmal gehört zu haben. Da stand er, ganz unten auf der Liste: Zadie Goodwin; Vater: Frank S. Carmon.
» So heißt doch die Firma, wo Molina jetzt arbeitet, oder? « , fragte Kate. » Glauben Sie, dieser Frank Carmon ist der Eigentümer von Carmon Industries? «
» Ich weiß, dass er es ist. «
» Im Ernst? «
» Frank Carmon war früher mal Polizist « , sagte Lew. » Er genoss keinen besonders guten Ruf. Vor zehn Jahren ist er aus dem Dienst ausgeschieden und hat Carmon Industries gegründet. «
» Halten Sie es für Zufall, dass Molina jetzt ausgerechnet dort einen Job gefunden hat? «
» Nein « , sagte Lew und schaute ihr in die Augen.
Kate wandte sich wieder der Liste zu und suchte den Namen von Zadies Mutter: Adele Goodwin.
» O mein Gott « , flüsterte sie. Jetzt fiel ihr wieder ein, wo sie den Namen schon einmal gehört hatte. » Ihre Mutter hat mich aufgesucht. Sie ist diejenige, die dieses Präventionsprogramm für selbstmordgefährdete Kinder und Jugendliche vorantreibt. «
Ein Klicken ertönte, gefolgt von einem Piepton, dann öffnete sich die Tür zum Westflügel der Schule. Eine hübsche Frau von etwa Ende zwanzig mit elfenhaftem Körperbau und glattem, hellblondem Haar erschien in der Tür. Sie trug hohe Lederstiefel und ein kurzes Hängerchen und hielt eine Schlüsselkarte in
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