Die letzte Wahrheit: Roman (German Edition)
Eindeutiges. Ganz im Gegenteil. In Dylans SMS gab es jede Menge Hinweise auf Maggie 1, Maggie 2 und so weiter. Das waren eindeutig Codenamen, so viel hatte Kate mittlerweile begriffen, auch wenn sie bisher noch keine Ahnung hatte, wer sich dahinter verbarg und warum sie benutzt wurden. Aber sie war sich mittlerweile sicher, dass es zwischen Amelia und Dylan gefunkt hatte; allerdings konnte sie nicht einschätzen, wie ernst die Sache gewesen war. Den SMS entnahm sie, dass die beiden sich mindestens einmal während der Schulzeit heimlich getroffen hatten. Also konnte es sich bei Dylan um den Jungen handeln, den Kelsey mit Amelia vor dem Haus gesehen hatte. Es wäre zumindest möglich. Je mehr Kate jedoch Einblick in Amelias Leben bekam, umso mehr hatte sie das Gefühl, dass alles möglich war.
» Ich möchte das nicht überbewerten « , sagte Kate zu Lew, als er ein paar Stunden später endlich bei ihr eintraf, und gab ihm ihr Handy, » aber könnten Sie diese SMS hier auch noch überprüfen? Die Botschaften werden immer aggressiver. Außerdem habe ich eine von den SMS gefunden, in denen Amelia auf ihren Vater angesprochen wird. Es wäre gut zu wissen, wer die geschickt hat. «
Lew betrachtete Kates Handy und nickte langsam. Als sie dem frisch geduschten Lew gegenüberstand, wurde ihr bewusst, wie mitgenommen sie aussah: übermüdet und ungewaschen und in verschwitzten Kleidern. Sie hatte sich noch nicht einmal die Zähne geputzt.
» Ich werde das unserer IT -Abteilung geben « , sagte Lew. » Und ich werde mal nachfragen, wie weit die inzwischen mit den anderen SMS gekommen sind. Das geht alles wesentlich langsamer, als ich gehofft hatte. Andererseits besteht unsere IT -Abteilung mehr oder weniger aus einem einzigen Mann an einem alten PC , der die Anfragen sämtlicher Reviere in Brooklyn bearbeitet. Ich werde ein bisschen Druck machen, damit wir möglichst bald den richterlichen Beschluss bekommen, der die Telefongesellschaft zwingt, die Nummern rauszurücken. « Er holte tief Luft. » Und ich finde, dass es in Anbetracht dieser neuen SMS allmählich Zeit wird, dass Sie mir etwas über Amelias Vater erzählen. «
Lew– mit seinen sechs Enkelkindern und seiner kranken Frau, um die er sich so liebevoll kümmerte– war ein durch und durch anständiger Kerl. Er hatte wahrscheinlich noch nie in seinem Leben mit der falschen Frau geschlafen. Und er hatte garantiert noch nie seine eigenen Kinder belogen. Kate schaute ihn eine Weile an und überlegte, ob sie irgendwie darum herumkommen konnte, ihr kleines, schmutziges Geheimnis zu lüften. Aber sie wusste bereits, dass die Antwort Nein lautete. Dass sie ihr Geheimnis schon viel zu lange hütete.
» Also gut « , sagte sie, ließ sich aufs Sofa fallen und betrachtete ihre Hände. Seth war der einzige Mensch, der Bescheid wusste. Kate hatte geahnt, dass sie Lew irgendwann würde reinen Wein einschenken müssen, doch das machte es nicht leichter. » Er heißt Daniel Moore « , brachte sie schließlich heraus. » Wir haben zusammen studiert, und er arbeitet auch in der Kanzlei. Er ist kein besonders angenehmer Zeitgenosse. «
» Weiß er von Amelia? «
» Nein « , sagte Kate. Ihre Stimme klang schrill und gepresst. Die Stimme einer Lügnerin. » Ich meine, ja. Er kannte Amelia, aber er weiß nicht, dass sie seine Tochter ist. «
» Hat er nie einen Verdacht gehabt? «
» Ich denke schon. Aber er hat nie nachgefragt. Und ich hätte ihn sowieso angelogen, wenn er es getan hätte. « Kate brachte es nicht fertig, Lew anzusehen. » Das, was zwischen uns war– ich weiß nicht mal, wie ich es nennen soll–, hatten wir schon abgebrochen, ehe ich überhaupt wusste, dass ich schwanger war. Nach Amelias Geburt hat Daniel sich lange von mir ferngehalten. Vielleicht hatte er Angst, ich könnte es mir anders überlegen, und Unterhalt oder sonst was von ihm verlangen. Aber ich wollte nichts von ihm, ich wollte nur meine Tochter. «
» Und Sie haben Amelia nie von ihm erzählt? « , wollte Lew wissen.
Kate schüttelte den Kopf. » Ich kann mir vorstellen, wie das auf Sie wirkt. Aber Daniel ist kein guter– wir waren keine– also, er ist kein Mann, den ich Amelia als Vater zumuten wollte, also hab ich wohl versucht, mir einzureden, dass er es nicht war. Ich bin nicht stolz auf das, was ich getan habe, aber wir hatten nie eine Beziehung. Es war Sex zwischen zwei Menschen, die sich nicht einmal mochten. Ein gemeinsames Kind zu haben war ein Ding der Unmöglichkeit. Aber ich
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