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Die letzte Walstatt - Covenant 03

Die letzte Walstatt - Covenant 03

Titel: Die letzte Walstatt - Covenant 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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unbeschreiblich ferner Tiefe unter sich spüren.
    »Verehre mich«, nölte eine von Rosenöl schwüle Stimme durch die Leere, »und ich werde dich retten!«
    Alberne Lust am Schrecken befiel Covenant. Ein schwarzer Wirbelwind schleuderte ihn hinab, als hätten sich alle Gewalten des Himmels vereint, um ihn am unzerbrechlichen Granit seines Schicksals zu zerschmettern. Tückische Verzweiflung kreischte auf seinen Verstand ein, verlangte Einlaß, versuchte ihn zu überwältigen wie das selbstmörderische Paradoxon des Schwindels. Aber er hielt sich an sein Selbst, weigerte sich. Er war Leprakranker; das Land war nicht real. Dies war nicht seine Todesart.
    Mit aller lächerlichen Kraft seines Arms ballte er die Faust um seinen Ring.
    Beim Aufprall dröhnte Schmerz mit der Wucht einer Detonation durch seinen Schädel. Eine Weißglut von Pein fegte und heulte ihm durch den Kopf, zerriß ihn wie Klauen, die räuberisch das Gewebe seines Gehirns zerfleischten. Foul ritt auf der Qual wie auf dem Kamm einer Flutwelle, darum bemüht, die Düne seiner Willenskraft zu überschwemmen oder wegzuspülen. Aber Covenant war zu gefühllos zum Nachgeben. Seine Hände und Füße waren taub, starr, seine Stirn stand längst außerhalb jeder weiteren Schädigung; die schwarze Schwellung in seiner Lippe war ihm schon zu lange vertraut. Die grausige grüne Kälte vermochte die Steifheit seiner Knochen nicht zu beugen. Sein Widerstand glich der Beharrung einer Totenstarre.
    Lord Foul versuchte, mit ihm zu verschmelzen, in ihn einzudringen. Der Versuch zeichnete sich durch verführerische Attraktivität aus – bot Erleichterung vom Schmerz, Befreiung von der langwierigen Unruhe, die er fälschlich sein Leben genannt hatte. Aber er war dagegen in einem Umfang gewappnet, der kein Abweichen gestattete, keine Aufgabe. Er war Thomas Covenant, Zweifler und Leprakranker. Er blieb unzugänglich.
    Unvermittelt verfiel seine Qual der Finsternis. Leid, Verwundung, Bedrängnis, Not, alles verwandelte sich in Asche und verwehte in luftlosem Wind. An ihre Stelle trat seine eigene Gefühllosigkeit, sein unwiderruflicher Mangel an Empfindung. Er stellte fest, daß er in dem großen, lichtlosen Abgrund sich selbst sehen konnte.
    Er stand im Nichts, umgeben vom Nichts; er stierte wie in stupider Begriffsstutzigkeit seine Hände an.
    Anfangs wirkten sie normal. Sie waren dürr wie Stöcke, und die beiden fehlenden Glieder seiner Rechten bereiteten ihm ein Gefühl des Verlusts, der Unvollständigkeit und Verstümmelung, das ihn zum Aufstöhnen brachte. Aber sein Ring war intakt; er hing locker an seinem Zeigefinger, ein silberfarbener Reif von einer Vollkommenheit und Unausweichlichkeit, als besäße er eine Bedeutung.
    Aber während er hinschaute, begannen auf seinen Händen dunkle blaurote Flecken zu erscheinen – auf seinen Fingern, den Oberseiten der Knöchel, den Ansätzen seiner Handteller. Langsam breiteten sie sich aus und fingen an zu eitern; wie Blasen schwollen sie leicht an, dann gingen sie auf und enthüllten unter seiner Haut Abszesse. Flüssigkeit sickerte aus den Wunden, während sie sich vergrößerten und um sich griffen. Bald waren seine Hände bedeckt von Entzündungen.
    Sie entwickelten Wundbrand, Fäulnis; der widerwärtige Gestank lebendig verwesenden Fleischs entströmte ihnen wie die Ausdünstung eines gefräßigen Schwamms, ekelhaft und grausam. Und unter den Infektionen begannen sich die Knochen seiner Finger zu verkrümmen. Entmarkt, angegriffen von Fäule, verzerrt von Bändern mit abgestorbenen Nerven, fortgesetzt von ihnen gestreckt, dauerhaft aneinandergekrallt, bogen sich die Knochen, brachen, erstarrten in schiefen Winkeln. In ihrem Verrotten, das das Leiden ihnen aufnötigte, unterwarfen sich seine Hände der Selbstverstümmelung. Dann begann die schwarze, abartige Schwellung des Gangräns sich an seinen Handgelenken aufwärtszufressen.
    Die gleiche Drangsal, die gleiche entzündete, unkontrollierbare Verspannung von Muskeln und Sehnen – durchs Verkommen seiner Nerven jeder willensmäßigen Beeinflussung entzogen –, beugten seine Unterarme, bis sie wahrhaft grotesk an den Ellbogen baumelten. Dann begann Eiter wie Schweiß aus den entzündeten Poren seiner Oberarme zu sickern. Als er sein Gewand zur Seite hob, sah er, daß seine Beine bereits bis an die Knie krumm geworden waren.
    Dieser Anschlag seelischer Grausamkeit entsetzte ihn, begrub ihn unter Elendigkeit und Selbstabscheu. Er war in seine eigene Zukunft gekleidet,

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