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Die letzte Walstatt - Covenant 03

Die letzte Walstatt - Covenant 03

Titel: Die letzte Walstatt - Covenant 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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ins Ergebnis seines Leidens – das Ende der Straße, welches jeder Leprakranke erreichte, der sich nicht früh genug freiwillig umbrachte oder so hart um sein Leben kämpfte, daß er es behielt. Er sah genau das, was ihn ursprünglich zu dem festen Vorsatz bewogen hatte, zu überleben, genau das, was er vor all den langen Monaten im Leprosorium gesehen hatte, und nun war es über ihn gekommen, virulent und unheilbar. Seine Leprose war zu voller Scheußlichkeit ausgewuchert, und ihm war nichts geblieben, wofür sich noch zu kämpfen gelohnt hätte.
    Trotzdem befand er sich damit im eigenen Zuständigkeitsbereich. Er kannte die Lepra mit der Intimität eines Liebhabers; er wußte, daß sie nicht so schnell so schlimm werden konnte. Was mit ihm passierte, war nicht real. Und was es darstellte, war nicht alles, woraus er bestand. Dies tückische, faulige Verwesen war nicht die Gesamtsumme seines Wesens. Trotz allem, was die Ärzte geredet hatten – allem zum Trotz, was er selbst in sich sah –, war er mehr als das, mehr als nur ein Lepraleidender.
    O nein, Foul! japste er innerlich. So einfach ist das alles nicht. »Tom«, rief eine kummervolle Stimme. »Tom!« Sie war ihm vertraut – eine Stimme, die ihm einst so geläufig gewesen war, die er geschätzt hatte wie Gesundheit. »Gib auf! Siehst du denn nicht, was du uns antust?«
    Er schaute auf und sah vor sich Joan stehen. Sie hatte ihren kleinen Sohn auf den Armen, Roger, und streckte ihm das Kind halb entgegen, wie ein Opfer. Beide wirkten so, wie er sie – vor ach so langer Zeit! – zuletzt gesehen hatte; Joans Gesicht zeigte jenen Ausdruck zwiespältigen Grams, die Miene, mit der sie ihn um Verständnis dafür angefleht hatte, daß für sie bereits feststand, sie mußte ihn verlassen. Doch unerklärlicherweise war sie nackt. Sein Herz begann in seinem Innern zu weinen, als er die verlorene Liebe ihrer Lenden sah, die Ablehnung ihrer Brüste, den ihm versagten Schatz ihres Gesichts.
    Während er sie anstarrte, fingen blaurote Flecken an, sich unter ihrer Haut abzuzeichnen. Auf ihren Brüsten begannen Abszesse zu eitern; die Krankheit träufelte aus ihren Brustwarzen Ausfluß wie Muttermilch.
    Auf ihren Armen heulte Roger auf die kläglichste Weise. Als Joan das hilflose Kind seinem Vater zudrehte, sah Covenant, daß Rogers Augen bereits glasig und mit Katarakten gezeichnet waren, von der Leprose halb blind. Zwei trübe magentarote Flecken verunreinigten seine Wangen.
    Foul! kreischte Covenant inwendig. Das kannst du nicht machen!
    Dann sah er hinter Joan andere Gestalten näher kommen. Mhoram war dabei; Lena und Atiaran waren unter ihnen; ebenso Bannor und Hile Troy. Mhorams ganzes Gesicht war zu gelber Verwesung und wulstigen Krebsgeschwülsten geworden; seine Augen schrien aus dem Leprabefall, als versänke er in einem Schlick der übelsten Greuel. Lena war das gesamte Haar ausgefallen, und ihre kahle Kopfhaut strotzte von eitrigen Pusteln. Atiarans Augen verschwanden hinter milchiger Blindheit. Die groteske Verunstaltung von Bannors Gliedmaßen machte ihn vollständig zum Krüppel. Troys augenloses Gesicht bestand bloß noch aus einer krausen Masse von Wundbrand, als sei ihm das Gehirn im Schädel in Eiter zerlaufen.
    Und hinter diesen Gestalten wiederum näherten sich noch mehr jener Menschen, die Covenant im Lande kennengelernt hatte. Alle waren todkrank, heimgesucht von weit fortgeschrittener Leprose und gräßlich anzuschauen. Und dahinter drängten sich noch viele, viele mehr, zahllose Opfer – alle Menschen des Landes, von dem Leiden befallen und ihm elendig ausgeliefert, sich selber zum Ekel geworden, so verkommen, als hätte Covenant unter ihnen eine Seuche von akut ansteckendem Charakter verbreitet.
    Bei diesem Anblick riß in ihm endgültig etwas entzwei. Die Wut über ihre Qualen quoll in ihm empor wie Lava. Vulkanischer Zorn, so lange unterm Gewicht seiner vielfältigen Prüfung begraben gewesen, sandte heftige, feurige Leidenschaft in schubweisen Ausbrüchen hinaus in die Leere.
    Foul! brüllte er innerlich. Foul! Das kannst du doch nicht machen!
    »Ich werde es tun«, kam die höhnische Antwort. »Ich tu's!«
    Hör auf!
    »Gib mir den Ring!«
    Niemals.
    »Dann erfreu dich an dem, woran du die Schuld trägst. Schau! Ich habe dir Gefährten gegeben. Der einsame Lepraleidende hat die Welt nach seinem Ebenbilde geschaffen, damit er nicht länger allein ist.«
    Ich werde das nicht zulassen!
    Zynisch lachte der Verächter. »Du wirst mir Beistand

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