Die letzte Zeugin
den gesenkten Wimpern hervor. Gefolgt wurde das Ganze von einer raschen Kopfbewegung, mit der Julie die Haare nach hinten warf.
War es angeboren? War es erlerntes Verhalten? Eine Kombination aus beidem? Auf jeden Fall glaubte Elizabeth, es nachahmen zu können, auch wenn sie ihre Haare nicht mehr zurückwerfen konnte.
»Botschaft angekommen. Oh, er hat so ein hinreißendes Lächeln. O mein Gott, er kommt her. Er kommt tatsächlich zu uns.«
»Das wolltest du doch. Deshalb hast du ihm doch die … die Botschaft gesendet.«
»Ja, aber … ich wette, er ist mindestens vierundzwanzig. Ich wette. Folg einfach meinem Beispiel.«
»Entschuldigung?«
Elizabeth blickte auf, traute sich aber nicht zu lächeln. Sie musste erst noch üben.
»Ich habe mich gefragt, ob ihr mir wohl helfen könnt.«
Julie warf wieder die Haare nach hinten. »Vielleicht.«
»Ich habe Angst, dass mein Gedächtnis nachlässt, weil ich eigentlich nie eine schöne Frau vergesse, aber ich kann mich an keine von euch erinnern. Sagt mir bitte, dass ihr noch nie hier gewesen seid.«
»Heute ist das erste Mal.«
»Ah, das erklärt alles.«
»Du bist wahrscheinlich häufig hier.«
»Jeden Abend. Es ist mein Club – das heißt«, sagte er mit strahlendem Lächeln, »ich habe ein Interesse daran.«
»Du bist einer von den Volkovs?«, rutschte es Elizabeth heraus. Ihre Wangen wurden heiß, als er seine blauen Augen auf sie richtete.
»Alex Gurevich. Ein Cousin.«
»Julie Masters.« Julie reichte ihm die Hand, und Alex ergriff sie und hauchte ihr einen Kuss auf die Knöchel. »Und meine Freundin Liz.«
»Willkommen im Warehouse 12 . Gefällt es euch hier?«
»Die Musik ist toll.«
Als die Kellnerin mit den Drinks kam, nahm Alex die Rechnung vom Tablett. »Schöne Frauen, die zum ersten Mal in meinem Club sind, brauchen ihre Getränke nicht selbst zu bezahlen.«
Unter dem Tisch stieß Julie Elizabeth mit dem Fuß an. Sie strahlte Alex an. »Dann musst du dich aber zu uns setzen.«
»Schrecklich gerne.« Er murmelte der Kellnerin etwas zu. »Seid ihr auf Besuch in Chicago?«
»Nein, wir sind hier geboren und aufgewachsen«, erwiderte Julie. Sie nahm einen tiefen Schluck von ihrem Drink. »Beide. Wir sind den Sommer über nach Hause gekommen. Von Harvard.«
»Harvard?« Er legte den Kopf schräg; seine Augen funkelten. »Schön und klug. Ich bin schon halb verliebt. Wenn ihr auch noch tanzen könnt, bin ich verloren.«
Lachend streckte er die Hände aus. Julie ergriff eine und stand auf.
»Komm, Liz. Wir zeigen ihm mal, wie zwei Harvard-Mädchen Party machen.«
»Oh, aber er will doch mit dir tanzen.«
»Nein, mit euch beiden.« Alex streckte ihr die freie Hand entgegen. »Dann wäre ich der glücklichste Mann im Raum.«
Sie wollte ablehnen, aber Julie warf ihr hinter Alex’ Rücken einen auffordernden Blick zu und wackelte mit den Augenbrauen. Also ergriff sie seine Hand.
Er hatte sie eigentlich nicht um den Tanz gebeten, aber er war auf jeden Fall gut erzogen, weil er sie nicht alleine am Tisch sitzen ließ. Sie bemühte sich, den beiden nicht zu sehr im Weg zu sein. Ihr war es eigentlich egal. Sie tanzte gerne. Sie liebte den Lärm um sie herum, die Bewegungen, die Gerüche.
Ihr Lächeln war nicht einstudiert, sondern ganz natürlich. Alex zwinkerte ihr grinsend zu und legte Julie die Hand auf die Hüfte.
Dann hob er das Kinn und gab jemandem hinter ihr ein Zeichen.
Als sie sich umdrehte, ergriff jemand ihre Hand und wirbelte sie so schnell herum, dass sie auf ihren High Heels beinahe das Gleichgewicht verlor.
»Wie immer ist mein Cousin gierig. Er nimmt sich einfach zwei, und ich habe gar keine.« Sein russischer Akzent klang exotisch. »Es sei denn, Sie haben Mitleid und tanzen mit mir.«
»Ich …«
»Sagen Sie nicht nein, hübsche Lady.« Er zog sie an sich. »Nur ein Tanz.«
Sie konnte ihn nur stumm anstarren. Er war groß, und sein Körper drückte sich hart und fest gegen ihren. Während Alex hell war, war er dunkel – leicht gewellte Haare, fast schwarze Augen und gebräunte Haut. Als er lächelte, bildeten sich Grübchen auf seinen Wangen. Ihr Herz erbebte.
»Mir gefällt Ihr Kleid«, sagte er.
»Danke. Es ist neu.«
Sein Lächeln wurde breiter. »Und dazu noch meine Lieblingsfarbe. Ich bin Ilya.«
»Ich bin … Liz. Ich bin Liz. Äh. Priyatno poznakomit’sya .«
»Ich freue mich auch, Sie kennenzulernen. Sie sprechen Russisch?«
»Ja. Nun ja, ein wenig. Äh.«
»Ein schönes Mädchen in einem Kleid in
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