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Die letzten Dinge - Roman

Die letzten Dinge - Roman

Titel: Die letzten Dinge - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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wenig teurer war.
    Sie musste gesund bleiben und viel frische Luft haben, viel schlafen, viel ruhen. Denn Abdul hatte Recht. Er hatte so, so Recht. Wenn sie so weitermachte, hatte er nur noch eine ganz kaputte Frau. Das hatte er nicht verdient. Abdul hatte ein Recht auf eine gesunde, glückliche Frau, die sich auch um ihn ein wenig kümmerte. Sonst hatte er eines Tages genug von ihr. Dann ging er irgendwann fort nach Marokko, wo die Orangen blühten, und ließ sie allein. Und das war’s dann.
    Rosalinde holte tief Luft. Es musste sich etwas ändern.

Blumen?   Blumen für einen Mann? Oder vielleicht doch eine Flasche Wein? Er trank ja gerne, aber das war auch ein Problem. Sollte sie ihm einen Pullover mitbringen? Er zog ihn sowieso nicht an. Vielleicht etwas Geld, aber er gab ja nichts aus. Was sollte sie ihm mitbringen, ohne dass er böse wurde, knurrte und es ihr vor die Füße warf?
    Emilie Kurtacker war ratlos. Sie lief in ihrer kleinen Wohnung hin und her und öffnete die Küchenschubladen und die Garderobe und den braunen Büffetschrank, ob sie nicht noch irgendetwas fand, für ihn. Was hatte sie ihm nicht schon alles mitgebracht, im Laufe der Jahre. Ihr Sohn war Jahre seines Lebens in Krankenhäusern und Pflegeanstalten gewesen. Jedenfalls seit er den letzten schweren Unfall gehabt hatte, seitdem war es ganz aus. Im Grunde genommen war sie froh, dass sie dieses Pflegeheim gleich um die Ecke gefunden hatte. Sollten die sich mit ihm rumschlagen. Emilie Kurtacker betastete ihre längst verheilte Wunde über dem Auge. Die war von der Flasche Bier, die er ihr übergezogen hatte. Und die Beschwerden an der Schulter hatte sie immer noch, seit er ihr den Arm ausgekugelt hatte. Emilie war eigentlich wütend auf ihren Sohn. Weil er sich so gar nicht zusammennehmen konnte, Schädelverletzung hin, Schädelverletzung her. Eine Mutter wollte ja auch gerne mal ein wenig stolz sein auf ihren Jungen. Wenn er nur was Ordentliches gelernt hätte, in den Jahren, als es ihm noch besser gegangen war. Aber er hatte nur mal angefangen bei einem Gerber und dann hatte er in zwielichtigen Gaststätten gearbeitet, hatte sich rumgetrieben mit seinem schrecklichen Buckel und hatte sich dann vom Auto überfahren lassen. Undankbar, das war er. Hatte sie sich nicht immer um ihn gekümmert? Aber es war auch ein schweres Schicksal, die vielen Jahre im Gipsbett, als er noch so klein gewesen war, der Unfall, dann ein Schlaganfall. Entsetzlich. Irgendwie gab Emilie sich die Schuld an seinem Zustand. Mit ihr hatte auch irgendwas nicht gestimmt. Vielleicht lag es auch an dem unleidlichen Vater, der hatte ihm irgendetwas vererbt. Irgendetwas Schlechtes von ihnen beiden hatte sich in Emilies Leib miteinander verbunden und war bei der Geburt aus ihr herausgeschossen und lebte in ihm weiter. Es musste etwas Furchtbares gewesen sein. Und so schämte sie sich, dass sie ihm etwas vererbt hatte, womit er nun nicht fertig wurde. Kreuz und Leid, ein böses Kreuz hatte sie da. Ein böses Kreuz.
    Sie musste ihn wieder besuchen. Auch wenn es nicht gut ging. Meistens ging es nicht gut. Aber was wollte sie machen? Was sagten denn die Schwestern, wenn sie ihn nicht besuchte? Aber was sollte sie ihm mitbringen? Sie wollte auch kein Geld ausgeben, wenn er ihr das Geschenk sowieso wieder um die Ohren warf. Sie wühlte noch einmal in den Sachen ihres verstorbenen Mannes und fand plötzlich ein Herrenparfüm. War schon ein wenig älter, aber immerhin. Russisch Leder! Na, das war doch was. Das wollte sie mitbringen. Russisch Leder und natürlich: ein Überraschungsei. Er hatte ja schließlich seine Sammlung. Mit seiner Musik kannte sie sich nicht aus.
    Ach, der Tag war ihr verleidet, musste sie doch an nichts anderes denken, als dass sie ihn heute wieder besuchen musste, den schlimmen Menschen, der ihr Sohn war. Früher war er eigentlich sehr nett gewesen, als er so um die dreißig war und sich dieses teure Auto zusammengespart hatte, von welchem Geld auch immer. Da hatte er sogar ein Mädchen gehabt. Die … wie hieß sie noch mal, ja, Gisela hatte sie geheißen. Die war doch ganz nett gewesen, Emilie hatte immer den Atem angehalten, wie lange sie wohl bei ihm bleiben würde. Denn sie traute Karl nicht. Er hatte so was im Blick und die Gisela war doch gutmütig gewesen, wer weiß, was der da … ach, sie wollte es nicht wissen. Gar nicht drüber nachdenken. Jedenfalls war es doch in der Zeit ganz gut gegangen, obwohl er den Buckel hatte, so hatte er doch Freunde

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