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Die Letzten ihrer Art 01 - Der letzte Elf

Die Letzten ihrer Art 01 - Der letzte Elf

Titel: Die Letzten ihrer Art 01 - Der letzte Elf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvana de Mari
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Platz ausgeharrt. Die Sonne ging unter, es wurde kühler. Yorsch bemerkte ein seltsames Gefühl am Mageneingang, das er seit Jahren schon nicht mehr verspürt hatte, seit dreizehn Jahren, genauer gesagt, und er erkannte: Das war Hunger. Schrecklicher Hunger. Offenbar waren in seinem Schicksal halbe Sachen nicht vorgesehen. Mit langsamen Bewegungen und sich vorsichtig abstützend, stieg er vom Pferd. Die Verletzung tat nicht mehr allzu sehr weh und das Bein trug ihn. Er riss ein Stück von seinem Gewand ab, das zum Glück aus mehreren Schichten bestand, und verband die Wunde. Er las ein paar Handvoll Kastanien auf und teilte sie mit Robi, die auf dem Pferd sitzen geblieben war, um das Problem des Wiederaufsteigens zu vermeiden.
    Yorsch wollte gern etwas sagen. Er wollte sagen, dass sie es geschafft hatten. Dass es ihnen gelungen war. Sie waren am Leben. Sie waren zusammen. Sie waren frei. Er hätte sagen wollen, wie glücklich er war, dass sie am Leben war, dass sie frei und bei ihm war.
    Aus irgendeinem ihm unbegreiflichen Grund blieben aber die Dinge, die er hätte sagen wollen, im Inneren seines Kopfes gefangen, prallten zurück, stießen gegeneinander und veranstalteten ein Heidenspektakel, wie wenn Elstern sich zanken, und was er am Schluss herausbrachte, war wirklich das Unwichtigste, das, woran ihm wirklich kaum gelegen war.
    »Wir hätten ihm die Krone lassen sollen. Dem König.«
    »Aber er war tot«, erwiderte Robi überzeugt. »Wirklich sehr tot«, betonte sie noch einmal.
    Yorsch wurde immer verlegener und kam sich völlig idiotisch vor. Wie hatte er es nur geschafft, sich bei all den Dingen, die er sagen wollte, in eine so... na ja, absolut alberne Unterhaltung zu verwickeln?
    »So steht es in dem Buch geschrieben«, erklärte er, »›... wer zum Krieger bestimmt ist, wird das Schwert tragen, wer zum Regieren bestimmt ist, die Krone ... ‹«, zitierte er. »Er war der König, wir hätten ihm die Krone lassen müssen, glaube ich«, fügte er unsicher hinzu.
    »Ach, wenn es nur das ist«, sagte Robi. »Dann ist es nicht schlimm! Schau hier!«
    Sie fuhr mit der Hand in die große, schmutzige Stofftasche, die sie umhängen hatte, und die von blauem Efeu umwundene Elfenkrone leuchtete golden, während sie sie hervorzog.
    Mit offenem Mund starrte Yorsch die Krone an.
    »Hast du sie genommen?«
    »Nein, Palladio hatte sie genommen, der Dickere von den beiden. Er kletterte vor mir die Treppe hinauf, als wir ins Freie hinaufstiegen, und es war leicht, sie ihm aus der Tasche zu ziehen. Für seine Kinder hat er immer noch genügend Ringe, es waren ja viele, Ringe, meine ich. Ich bin eine gute Diebin, musst du wissen! Ich kann alles stehlen!«, fügte sie mit zaghaft stolzem Lächeln hinzu. »Aber wenn du sagst, dass es wichtig ist, dann geben wir ihm die Krone zurück, dem König, meine ich, wenn wir das nächste Mal dort vorbeikommen, dann ist er froh. Kehrt er auch ins Leben zurück wie die Ratte oder bleibt er tot?«
    »Er bleibt tot.«
    Albern, das war ja noch milde ausgedrückt! Es war das erste Mal, dass er mit Robi sprach! Warum sagte er ihr nicht etwas … anderes? Yorsch fühlte sich immer noch blöd, aber er tröstete sich: Die Zeit würde kommen. Später. Im Augenblick hatten sie keine Zeit. Hinter ihnen wurde bestimmt die Verfolgung aufgenommen, sie mussten fort.
    Die Stute hieß Fleck - Yorsch hatte es in ihrem Gedächtnis gelesen -, aber sein Pferd war noch ohne Namen. Es musste oft den Besitzer gewechselt haben, es gab Verwirrung um seine Namen, keiner von ihnen war im Gedächtnis haften geblieben.
    Er musste dem Pferd einen Namen geben. Einen Namen, der absolut passend war, wie es »Treu« für den Hund gewesen war. Er dachte an etwas, was Geschwindigkeit und Schönheit zum Ausdruck brächte. Ein Lichtblitz!
    »Ich werde dich Blitz nennen«, sagte er laut.
    Robi dachte, dass von allen Namen, die man einem Pferd geben konnte, das wohl der verrückteste war. Ein Pferd musste Fleck oder Huf oder Schwanz heißen oder einfach Pferd. Sie dachte, dies würde wahrscheinlich das erste und das letzte Pferd sein, das Blitz hieß, denn das war wirklich ein komischer Name, aber sie sagte nichts.
    Das Pferd war mit seinem Namen einverstanden.
    Yorsch auf Blitz und Robi auf Fleck machten sich also auf den Weg zum Waisenhaus, jeder von ihnen kaute an seinen paar rohen Kastanien, langsam, damit sie länger vorhielten.
    Während des ersten Teils der Reise spürte Yorsch schreckliche Müdigkeit, die ihn immer

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