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Die Letzten ihrer Art 01 - Der letzte Elf

Die Letzten ihrer Art 01 - Der letzte Elf

Titel: Die Letzten ihrer Art 01 - Der letzte Elf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvana de Mari
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friedlich zu machen? Wie konnte er den Regen verringern?«
    »Ich weiß es nicht. Hier hat nichts einen Sinn!«
    Nun umschloss der Schatten sie von allen Seiten. Der Fluss lief friedlich durch eine enorm tiefe und enge Schlucht.
    Aus schwindelnden Höhen fielen die Wände senkrecht zum Wasser hin ab. Über ihnen, gleichlaufend zum Fluss, war der Himmel ein schmaler Korridor zwischen dunklen Felsmauern geworden.
    Oben, auf der höheren der beiden Felswände, war eine Erhebung sichtbar geworden, das konnte ein Gipfel sein, vielleicht war es aber auch ein Gebäude. Keinen Zweifel hingegen konnte es geben an der riesigen Rauchfahne, die sich über allem erhob, und der Inschrift, die in riesigen Buchstaben darunter eingraviert war:

HIC SUNT DRACONES
    Hier leben die Drachen. Lettern aus der Zweiten Runendynastie. Der Kleine zeigte darauf.
    Die Strömung war reißend, aber das Boot war mit einem Ruder ausgestattet, und dem Mann war es gelungen, es dicht ans Ufer zu steuern und anzulegen, indem er ein Tau um eine Felsnase schlang. Das Tau straffte sich, das Boot drehte sich einmal sehr schnell um die eigene Achse, es glitt hinter den Felsvorsprung und grub sich mit dem Bug tief in ein Gebüsch. Dahinter erstreckte sich ein winziger Strand, kaum länger als ein, zwei Schritte. Es war die einzige Anlegestelle in der ganzen Schlucht, und von hier stieg eine äußerst schmale, äußerst steile Treppe auf, die direkt in den Stein gehauen war.
    Der Kleine holte seine Karte hervor und schaute darauf.
    »Jetzt habe ich verstanden, was dieses Zeichen bedeutet: ein Wasserfall. Ich höre das Rauschen. Zurück können wir nicht, weiter vorne ist der Wasserfall. Da nehmen wir besser die Treppe.«
    Sie machten sich auf den Weg. Die Stufen waren schmal und steil. An einigen Stellen waren sie weggebrochen, an anderen machte Moos sie heimtückisch schlüpfrig. Nach den ersten Stunden Wegs erschien die Sonne. Sie kamen hoch genug hinauf, um den Wasserfall zu sehen: Es war eine senkrechte Wasserwand, auf der die Sonne in allen Farben des Regenbogens spielte. Das Gehen wurde sehr beschwerlich. Immer öfter blieben sie stehen. Als sie endlich das Ende der Treppe erreicht hatten, war es schon früher Nachmittag. Jenseits der Schattenberge erstreckte sich eine weite Ebene und hinter der Ebene ein blauer Streifen, durch den Horizont und Himmel geschieden wurden. Das Meer! Sie konnten das Meer sehen! Der kleine Elf schöpfte wieder Mut. Auch seine Müdigkeit schwand. Er hatte das Meer gesehen, wie sein Vater. Über ihm ragte die Inschrift auf:

HIC SUNT DRACONES
    Dann machte der Weg eine Biegung und führte zu der Anhöhe, die, wie sie jetzt sahen, ein riesiger, innen ausgehöhlter Felsen war, sodass es tatsächlich ein Bauwerk war. Die Spitze des Felsens verschwand in einer dichten Schicht tief hängender Wolken, die den Gipfel beständig umgaben. Er hatte es geschafft. Er war am Ziel.
    Der Mann hielt den Bogen mit eingelegtem Pfeil im Arm. Die Frau hielt die kleine Axt umklammert. Sogar der Hund schien sich nicht wohlzufühlen. Er schnüffelte misstrauisch überall herum.
    Der Kleine erreicht die Anhöhe. Da war ein riesiges Tor mit Inschriften daneben. Es waren Lettern der Ersten Runendynastie.
    »Was steht da geschrieben?«, fragte der Mann.
    Der Kleine begann, die Schrift zu entziffern.
    Angst schnürte ihm die Kehle zu, zugleich aber verspürte er auch eine Art Jubel. Er war im Begriff, seine Bestimmung zu erfüllen. Sein Schicksal lag vor ihm.
    »Proi... betur proibetur... sputaz... zel... lis. Spucken verboten.«
    »Spucken verboten? Das ist nicht möglich. Bist du sicher?«
    »Ja.« Auch Yorsch war verdutzt.
    »He, warte mal, wir sind durch die halbe Welt gelaufen, haben uns diese verdammte Treppe heraufgeschleppt...«
    »So schrecklich war die Treppe nicht!«
    »Für dich war sie nicht schrecklich, weil ich dich getragen habe! Ich bin mehr Stufen hinaufgestiegen, als Tropfen im Meer sind, nur um dann zu lesen, dass Spucken verboten ist? Sollte da nicht ein Kreis sein, die Zukunft, die Sonne eines neuen Frühlings? Sieh nach, ob da nicht noch anderes geschrieben steht, da sind noch mehr Schnörkel.«
    »Spucken, Herumlaufen, Bröseln und lautes Sprechen sind verboten«, bestätigte der Elf. »Vor dem Betreten Hände waschen«, ergänzte er noch.
    In diesem Augenblick öffnete sich das Tor und der Drache erschien.

KAPITEL 12
    D er Drache wirkte verärgert.
    Er war wirklich alt, und es ist nicht leicht, den Gesichtsausdruck eines Drachen zu

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