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Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Titel: Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvana de Mari
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doch schon in sein Gedächtnis eingegraben, als mögliche Landkarte und Ziel.
    Rankstrail wandte sich zu Aurora und ein praktisches Problem tauchte vor ihm auf. Wenn er sie vor dem Morgengrauen heiraten wollte, musste man jemanden finden, der die Trauung vollzog.
    Ihm wurde klar, dass er keine Idee hatte, wen man darum bitten könnte. Die Bewohner des Äußeren Bezirks wandten sich in solchen Fällen an den Steuereinnehmer, das schiefe Männlein mit dem Aussehen eine Geiers, mit seinem gräulichen, fettigen Haar, der auch dazu bestellt war, Todesfälle, Geburten und Zuzüge zu verzeichnen. Der Steuereinnehmer nahm nicht nur die Eintragungen vor, sondern erhob auch die Gebühren, die bei jedweder Veränderung, einschließlich des Auf-die-Welt-Kommens, der Verheiratung oder des Ablebens im Äußeren Bezirk fällig wurden.
    Er, Rankstrail, war der Oberbefehlshaber der Stadt, und Aurora war Angehörige der Aristokratie von Daligar, außerdem Vizekommandant des Heers der verbündeten Stadt. Es war bestimmt nicht der Geier aus dem Äußeren Bezirk, der diese Trauung vollziehen konnte. Im Stillen nahm Rankstrail sich vor, als erste Amtshandlung seiner Regierung das Steuersystem überprüfen zu lassen, und fragte sich noch einmal, an wen er sich wenden sollte, um sich trauen zu lassen.
    Er wusste fast gar nichts über das Leben im Inneren Bezirk. Er war nur zweimal in seinem Leben dort gewesen.
    Auch fragte er sich, wo er jetzt, da er Oberbefehlshaber der Stadt war, wohl wohnen würde. Auroras Stimme riss ihn aus seinen Gedanken.
    »Mein Herr«, fragte sie, »möchtet Ihr, dass ich den Bürgermeister holen gehe, damit er die Trauung vollzieht? Ich kenne ihn seit meiner Kindheit und Ihr braucht Euch nicht von Euren strategischen Überlegungen ablenken zu lassen.«
    Einen Augenblick lang herrschte Schweigen.
    »Ja, gewiss«, antwortete Rankstrail, seine Erleichterung hinter Gleichgültigkeit verbergend.
    »Soll ich ihn bitten, das Kommandantenpalais aufzuschließen? Es ist, glaube ich, geschlossen geblieben, seit Sire Erktor von den Orks gehenkt wurde.«
    »Ja, gewiss«, bestätigte Rankstrail gleichmütig.
    Es gab also ein Kommandantenpalais! Er hatte etwas, wohin er Aurora bringen konnte! Wenn er jetzt sogar eine Wohnung hatte, konnte er auch schon Mobiliar hinbringen lassen, die Teppiche in der Farbe des Windes und der Sonne aus der Karawanenstadt Donadio.
    Aurora hatte sich schon zum Gehen gewandt, als Rankstrail sich endlich daran erinnerte zu sagen: »Meine Herrin.«
    Sie blieb stehen, drehte sich um, verneigte sich leicht und lächelte. Sie wandte sich wieder um und begann, die Treppe hinabzusteigen, aber durch eine ungeschickte Bewegung verlor sie einen Augenblick lang das Gleichgewicht. Rankstrail eilte herbei, konnte sie am Arm fassen und verhindern, dass sie stürzte. Dabei verfing sich aber ein Haken seiner Kette aus massivem Gold, Abzeichen des Kommandanten der Stadt, in dem Netz aus Silber und winzigen Perlen, das Auroras Haar in vielen fein geflochtenen Windungen zusammenhielt. Das Netz zerriss, die Zöpfe lösten sich und fielen herab in einer seidigen goldenen Flut, die sich weich senkte wie ein Reiher im Flug. Auch im schwachen Mondlicht, vermischt mit dem der Fackeln, sah Rankstrail, dass Aurora errötete. Lang blieb er reglos stehen, er wagte nicht, sich zu rühren, oder vielleicht wollte er es nicht, und auch Aurora machte keine Anstalten, sich zu bewegen. Mit einer unendlich vorsichtigen Geste wagte er endlich, ihr die Haare aus dem Gesicht zu streichen.
    Während er das tat, sah er seine dunklen Hände auf Auroras hellem Haar, und diesmal spürte er nicht den Impuls, sie wegzunehmen. Diese Hände gehörten ihm und nicht dem, der ihn gezeugt hatte.
    Er konnte sie ohne Scham auf dem Haar der Frau ruhen lassen, die er mit einem schier unbeschreiblichen Gefühl liebte und die ihn in vollkommener Freiheit angenommen und gewählt hatte.
    Er fragte Aurora, ob alles in Ordnung sei, und sie nickte. Sie sahen sich an, dann sagte Aurora leise: »Auch in meinem Schatten wohnen Dämonen.«
    Das war ohne Teilnahme gesagt, aber Rankstrail spürte den Schmerz, der wie ein Meer von Schlamm die Welt erfüllte.
    Er erinnerte sich an die eigenartigen Gewissensbisse, die er an jenem Spätsommertag empfunden hatte, als er Aurora bei Sonnenuntergang in ihrem Garten voller Blumen und silberner Schaukeln zurückgelassen hatte, es war gewesen, als hätte er einen Waffenkameraden schutzlos den Orks ausgeliefert.
    »Ihr habt mir

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