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Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Titel: Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvana de Mari
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Rankstrail blieb die ganze Nacht hindurch auf den Festungswällen. Er beobachtete das Wandern der Lagerfeuer längs der Kanäle. Schließlich wurde ihm klar, dass die ständigen Verlegungen der Lagerfeuer sie in eine Falle locken sollten. Er ließ die Offiziere der Kavallerie rufen, um ihnen Änderungen im Angriffsplan mitzuteilen. Viel weiter im Osten, als ursprünglich geplant, und am Nachmittag, nicht am Morgen. Das würde den reglos im Schilf versteckten Orks Zeit lassen zu fühlen, wie sich ihre Helme in der Sonne erhitzten, und den Läusen unter den glühenden Kettenhemden, sie bei lebendigem Leib zu fressen.
    Der ältere der beiden Statthalter von Varil betrachtete die Szene von ferne. Seine Augen wanderten von Hauptmann Rankstrail zum zweiten Bogenschützen von Daligar, dann zum dritten Hellebardier, der auf den östlichen Wällen Wachdienst hatte. Er schüttelte den Kopf.
    »Niemals hätte ich gedacht, dass ich so etwas noch erleben würde. Die Elfen sind verschwunden und die Ehre des Menschenvolks ist den Söhnen der Orks anvertraut«, sagte er leise.
    Auch der jüngere der beiden Statthalter, der ein Kind verloren hatte, betrachtete die Szene. Aurora war eben an Rankstrails Seite zurückgekehrt und das erste Sonnenlicht lag schimmernd auf ihrem sehr hellen Haar. Unterhalb des Walls brachte eine Frau Wasser und Brot für die Hellebardiere, und sie bückte sich, um die verletzte Pfote eines Hündchens anzusehen, das bei ihrer Berührung sofort laut aufjaulte. Die Haube der jungen Frau fiel herunter, und die Sonne streifte ihr Haar, das braun war, darin aber goldene Fäden hatte, die hell schimmerten. Auch im roten Haar eines jungen Bogenschützen leuchteten im Sonnenlicht silberne Fäden auf. Der Bogenschütze lachte zusammen mit anderen, offenbar hatte es eine Wette gegeben, denn plötzlich spannte er seinen Bogen und traf ein Blatt, das im Morgenwind dahinsegelte.
    Der junge Statthalter lächelte still.
    »Niemals hätte ich gedacht, dass ich so etwas noch erleben würde«, bestätigte er leise, wie für sich selbst. »Die Elfen sind für immer unter uns und sogar die Söhne der Orks kämpfen für die Ehre des Menschenvolks.«

Epilog
    Kurz nach Sonnenaufgang, im goldenen Licht des frühen Morgens fand die Vermählung des Obersten Befehlshabers von Varil statt und gleichzeitig die seiner Schwester mit Prinz Erik, dem Sohn des Erktor und Spross der ältesten Adelsfamilie der Stadt. Die beiden Bräute waren einfach als Bogenschützen gekleidet, auch wenn sämtliche Frauen der Stadt sich eiligst erboten hatten, ihre prächtigsten Schals und die kostbarsten Kleider zur Verfügung zu stellen. Wieder einmal musste Hauptmann Rankstrail, den viele mittlerweile mit Sire anredeten, denken, wie absurd das Geschick doch sein konnte. Jetzt, da er Geld hatte, wurde es nicht mehr gebraucht, nicht einmal für ein Brautkleid. Die Einwohner sämtlicher Bezirke der Stadt, die Angehörigen sämtlicher Waffengattungen nahmen an dem Fest teil. Die Hersteller von Marzipan und Sesamkringeln mit Honig überschütteten das Volk mit allem, was sie hatten, und auch sie wiesen jede Bezahlung als Beleidigung zurück. Die letzten, knappen Weinvorräte, die die Belagerung überstanden hatten, wurden ausgeschenkt.
    Bevor der Angriff begann, verdichteten sich die Gerüchte und wurden immer hartnäckiger, dass die Orks scharenweise desertierten und sich ergeben wollten. Es hatte sich herumgesprochen, dass zum ersten Mal in der Geschichte die Gefangenen nicht getötet werden sollten, sondern verschont und ernährt würden. Seit jeher beschränkt auf die Alternative zwischen den drakonischen Strafen für Desertion und dem Tod bei der Gefangennahme, hatten die Orks auf den Schlachtfeldern ausgeharrt, auch wenn jede Hoffung und auch der Krieg selbst längst verloren waren. Jetzt, da sie wussten, dass sie besiegt waren, ergaben sie sich zum ersten Mal und zogen eine Gefangenschaft in Ehren der Grausamkeit ihrer Kommandanten vor.
    Hauptmann Rankstrail beschloss, den Angriff um einen Tag aufzuschieben, und am Ende war es nur noch eine Zurschaustellung der Truppe gegenüber einem in Auflösung begriffenen Heer. Die Armee von Varil eroberte die Ebene bis zu den Grenzen der Bekannten Welt zurück, ohne einen einzigen Mann zu verlieren und ohne dem Feind Verluste zuzufügen.

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