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Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Titel: Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvana de Mari
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Hammeln rupfen«, erklärte er. »Versteht Ihr, was ich sagen will?«
    »Dass man sich besser von keinem von beiden beißen lässt?«
    »Nicht wenn Ihr ein Grashalm seid!«
    »Ich könnte mich nicht erinnern, je ein Grashalm gewesen zu sein«, entgegnete Rankstrail kurz angebunden.
    Der Alte seufzte, dann erklärte er, dass bis vor wenigen Jahren kleine Kühe auf den fetten Wiesen voller Klee und Blumen am Fuße der Hügel weideten, die oben von mächtigen Eichen- und Pinienwäldern bestanden waren. Die Zähne der Kühe bissen das Gras ab, das dann nur umso kräftiger und dichter mit Klee, Luzernen und Wiesenblumen nachwuchs. Das bedeutete, dass das Gras saftig, dicht und grün die Hänge bedeckte, die Kühe nährte und mit seinen Wurzeln das Regenwasser zurückhielt, das nicht in den Rissen und Spalten des verdörrten Bodens versickerte, wie das heute der Fall war.
    »Die Endlosen Regenfälle hatten auch die Kühe in Schlamm und Elend erstickt, und als die normale Abfolge der Jahreszeiten wieder einsetzte, vor fünf Jahren, waren von ihnen nur noch die blanken Knochen übrig gewesen, abgenagt von den Hunden oder direkt von ihren Besitzern. Es gab keine Kühe mehr, und es gab kein Geld, um welche zu kaufen. Um sich nicht zu verschulden oder von den Wucherern zugrunde gerichtet zu werden, kauften die Leute keine Kühe mehr, sondern Hammel. Hammel eignen sich aber für Gegenden mit Sträuchern und Büschen, nicht für Weideland, da sind sie verheerend. Sie kosten weniger, weil sie deutlich kleiner sind, aber Hammel rupfen das Gras mit sämtlichen Wurzeln aus und nach geringer Zeit trocknet der Boden aus und stirbt. Erst wird er ockerfarben, dann tun sich Risse darin auf, zunächst kleine und wenige, die sich dann ausbreiten und bald alles überziehen, während Staub den Horizont verschluckt, ebenso wie die Träume der Menschen, am Abend etwas nach Hause bringen zu können. Um zu überleben, fängt man an, Bäume zu fällen, die Wälder weichen Steppen und Ödland, wo das Erdreich von den heftigen Herbstregen fortgeschwemmt wird und in der Sonne und im heißen Sommerwind verdorrt. Die Viehhirten werden Holzfäller. Erst werden die Eichen gefällt, dann die Pinien mit ihren großen Schirmen: Man legt sie auf Fuhrwerke und verfrachtet sie in den Norden, wo sie als Brennholz verkauft werden, und wisst Ihr, was das bedeutet?«
    »Es gibt keine Stöpsel zum Verschließen der Feldflaschen und keine Pinienkerne mehr?«, mutmaßte der junge Hauptmann verwundert. »Nicht dass man von Pinienkernen satt würde, aber zusammen mit Rosmarin sind sie gut in Fledermäusen und vielleicht schmecken sie ja auch allein und ohne Rosmarin …«
    »Ja, auch«, unterbrach ihn der Alte, »aber das eigentliche Problem ist nach wie vor das Wasser. Baumwurzeln halten Wasser zurück. Wo keine Bäume sind, versickert das Wasser im Boden und verschwindet. Die Sommer werden von Jahr zu Jahr immer länger und trockener. Alles vergilbt und verdorrt. Der Schlamm wird zu Staub. Wir müssen wieder Kühe hierherbringen und den Menschen Arbeit geben, sonst macht die Dürre den Boden unfruchtbar und die Verzweiflung treibt die Menschen hinaus, eine Axt in der Hand und eine schwarze Maske vorm Gesicht. Ich bin kein Wucherer, sondern Geldverleiher. Ich will die Leute nicht aussaugen, sondern ihnen Geld leihen, damit sie sich erholen und die Erde wieder grün wird.«
    Der Alte stand vor Rankstrail, im schrägen Licht der Sonne, die sich langsam neigte, und sah ihn an, mit seinem eingefallenen Gesicht, das wieder an Kraft gewann, und seinem Kopf, der sich hob im Stolz über das, was er zu sagen hatte.
    Der Hauptmann schüttelte den Kopf.
    »Könntet Ihr ihnen das Geld nicht einfach geben, und basta? Oder wenn Ihr nicht genug habt zum Verschenken, es ihnen geben, ohne Euch mehr zurückgeben zu lassen? Lasst Euch wenigstens nur dieselbe Summe zurückgeben, das wäre anständiger. Sie sind arm. Ich hasse Wucherer. Alle Söldner hassen den Wucherer mindestens genauso wie den Henker. Ohne Wucherer hätten wir uns nie anwerben lassen und ohne den Henker wären wir längst weg.«
    »Auch ich hasse Wucherer. Wucherer sind Menschen, die Geld an solche verleihen, die es dringend nötig haben, sie dann über die Zinsen aussaugen und ins Elend stürzen. Und ich hasse Söldner: Männer, die ihr Schwert jedem verkaufen, der sie bezahlt. Ich bin Geldverleiher und kein Wucherer. Und Ihr seid Soldat und kein Söldner, denn vielleicht habt Ihr Euch des Soldes wegen anwerben

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