Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork
Dörfern am Rand der Hochebene, erklärten sich bereit, ihnen eine ihrer Herden samt Kalbern zu verkaufen.
Die Verhandlungen waren lang und sehr schwierig, geführt wurden sie in einer dumpfen und gutturalen Sprache und wiederholt wurde die Schönheit der Tier gepriesen: »Unsre Küa sänt werklie schöö …«
Zum Glück hatte der Hauptmann Takrail dabei, der viel Gespür für fremde Sprachen hatte.
Die Kühe waren klein, mager und angriffslustig, von brauner, ins Rötliche spielender Farbe, mit einem dichten Büschel langer Haare, das ihnen von der Stirn in die Augen fiel, was ihr Aussehen noch grimmiger machte. Sie konnten über die steilsten Felsen klettern und hatten rein gar nichts von den majestätischen weißen Kreaturen, die sich in den Wasserflächen von Varil gespiegelt hatten, aber sie waren kräftig und ausdauernd.
Am Ende der ersten zwei zermürbenden Verhandlungstage zeigte sich in dem reglosen Gesicht des Dorfvorstehers von Scannuruzzu, der auch für die übrige Region die höchste Autorität war, ein leises Beben der Mundwinkel, was wohl die hiesige Version eines strahlenden Lächelns sein musste. Der Mann machte Rankstrail ein besonderes Messer zum Geschenk, einen schmalen Dolch mit Griff aus Olivenholz, den in Kastaneda jeder echte Mann besitzen musste.
Das Treiben der Kühe war weniger schwierig als gedacht. Anfänglich ließ Rankstrail sie mit langen Stricken aneinanderbinden, doch dann bemerkte er, dass sie, wenn man sie nur ausreichend grasen ließ, nicht davonliefen, sich nicht verirrten und den Menschen, die sie führten, bereitwillig folgten. Beim Durchqueren des Hochfels steigerte sich Rankstrails Erregung zur Euphorie. Die Leute kamen aus den Dörfern herbeigelaufen, um die Rückkehr der Kühe in ihre Gegend zu begrüßen. Viele hatten Tränen in den Augen, während sie die Tiere streichelten, als ob es wiedergefundene Verwandte wären. Einige folgten Rankstrail bis in die Hauptstadt und verhandelten mit dem Alten, der jeweils nur eine Kuh abgab, teils für Geld, teils im Tausch gegen Arbeit. Erst wenn man die erste Kuh abbezahlt hatte, konnte man eine zweite bekommen.
Nach ein paar Tagen Rast zogen die Söldner erneut los. Beim dritten Mal nahm Rankstrail auch Lisentrail mit. Die Männer bekamen regelmäßig zu essen, wurden bezahlt und mit Ausnahme von einem wären alle für ihn durchs Feuer gegangen. Umgeben von lauter Getreuen, waren aber selbst Siuil und seine verhängnisvolle Dummheit harmlos. Viele der Kälber, die sie mitbrachten, waren kleine Stiere und würden dafür sorgen, dass die Herden sich vermehrten und der Reichtum beständig wurde.
Außer dem vereinbarten Geld drückte der Alte Rankstrail auch ein Buch in die Hand, für die langen, nunmehr ruhigen Abende am Lagerfeuer, erklärte er ihm.
Das Buch war eine Geschichte der Grafschaft. Von allen Verrücktheiten, die ihm schon begegnet waren, empfand Rankstrail die Tatsache, dass er nun ein Buch in Händen hielt, als die absonderlichste. Doch musste er zugeben, dass der Alte recht hatte: Es war schön, beim Lagerfeuer ein Buch in Händen zu haben, viel besser, als sich zu langweilen und zu warten, dass die Zeit an einem herablief wie Wasser an einem Stein. Anfangs brauchte er einen ganzen Abend, um ein paar Zeilen zu entziffern, dann machte es ihm weniger Mühe und seine aufmerksamen Augen liefen über die Seiten, leicht und behende wie ein Hase im Schnee. Es rührte ihn, etwas in Händen zu haben, was vor Zeiten aufgezeichnet worden war. Der Mann oder die Männer, die diese Worte niedergeschrieben hatten, waren seit Jahren schon zu Asche und Staub geworden, aber die Worte waren geblieben und hatten die Zeit und den Tod überdauert, damit er heute die Geschichten kennenlernen konnte, die sie erzählten. Seine Männer unternahmen einen schüchternen Versuch, ihn auszulachen, doch dann wurden sie neugierig und stellten Fragen. Geduldig zeichnete Rankstrail mit dem Finger die Buchstaben in den Staub der Straße, als ob es Tinte auf Pergament wäre, und begann so, auch ihnen Lesen und Schreiben beizubringen. Manchmal las er laut vor, und das war dann, als würden sie alle gemeinsam lesen.
Das zweite Buch, das er geliehen bekam, war über Astronomie. Darin gab es Zeichnungen. Rankstrail begriff endlich, dass die merkwürdigen Instrumente aus Kupfer und Messing, die der Alte besaß, zur Vermessung der Sternbilder dienten. Das dritte Buch handelte von der Kriegstaktik des Sire Arduin, und um die Erläuterungen zu verstehen,
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