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Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Titel: Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvana de Mari
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Stolz.
    Auch wenn er ihm keine Antwort mehr gab, bei sich dachte er doch, dass er das nicht ungern gehört hatte.

Kapitel 8
    Der Alte öffnete die Tür und ließ ihn ein. Das Zimmer war rund wie das ganze Haus, die Feuerstelle in der Mitte. Die Fenster waren schmal und nur wenig Licht fiel herein. Die Wände waren vollgestellt mit Büchern und Bücher lagen überall herum, aufgeschlagen, geschlossen, in allen Formaten, auch am Boden und auf dem großen Eichentisch, der die Hälfte des Raums einnahm. Auf einem anderen Tisch gab es auch Gänsekiele und Pergament, Gegenstände, die Rankstrail noch nie gesehen hatte, und große Kerzen in Kerzenhaltern aus Ton, als ob der Alte seine Nächte statt mit Schlafen mit Dingen zubrächte, für die man Licht benötigte.
    Im Äußeren Bezirk waren Kerzen so selten und kostbar wie Hühner. Es gab höchstens eine pro Familie und die war für Notfälle bestimmt: wenn ein Kind sich nachts erbrechen musste oder wenn eine Frau in der Nacht niederkam; nicht wenn jemand starb, denn das kann man auch im Dunkeln, ja, das geht da sogar besser. Und im Übrigen schlief man ja nachts und da brauchte man kein Licht. Vielleicht schlief der Alte nachts nicht.
    Rankstrail fand die Vorstellung beunruhigend und faszinierend zugleich. Auch er hielt ja seit jeher nachts die Augen offen und den Geist wach und nutzte so die Zeit. Ein großer, fetter rötlicher Kater schlief auf dem einzigen Schemel im Raum und rührte sich auch bei Rankstrails Eintritt nicht vom Fleck. Die Feuerstelle diente zum Kochen, aber auch als Heizung: Im Raum war es angenehm warm wie an einem Frühlingsnachmittag und über einem kleinen Feuerchen schaukelte leise an seiner Kette ein Kupferkessel. Der unverwechselbare Geruch von Bohnen lag in der Luft und ergriff bald von Rankstrail Besitz, verursachte ihm krampfhaftes Knurren im Magen und maßlose Sehnsucht in der Seele, Heimweh nach warmem, im Sitzen eingenommenem Essen, einem Dach über dem Kopf und Feuer im Herd.
    Der Geldverleiher war sehr höflich und verlor kein Wort über seinen Gesinnungswandel. Nachdem er ihn eingelassen hatte, bot er ihm einen Becher Cidre an, was, wie er Rankstrail erklären musste, eine Art Erfrischungsgetränk war, das man aus Äpfeln macht, sodann versuchte er, den jungen Soldaten über die Bedeutung des Wortes »anbieten« zu beruhigen, das keinerlei Verpflichtung zu Zahlung oder Rückerstattung beinhaltete.
    Der Alte brauchte nicht wenig Zeit, um zu erklären, dass das Angebot von Cidre eine völlig selbstverständliche, fast banale Geste der Höflichkeit ist, während die Einladung zum Mittagessen weniger selbstverständlich und schon etwas Besonderes war. Ob Rankstrail die Bohnen mit ihm teilen wollte?
    Es folgte eine lange Diskussion, in deren Verlauf der Alte dem jungen Wilden außer dem des Angebots auch den Begriff der Gastfreundschaft erläuterte, die beide gar nichts Beschämendes hatten und nicht bedeuteten, dass der damit Bedachte ein Habenichts, ein Bettler, ein Bittsteller oder ein Hungerleider sei. Zum Schluss aber lehnte Rankstrail die Bohnen blutenden Herzens entschieden ab und sie einigten sich auf einen halben Becher Cidre.
    Ohne Mantel wirkte der Alte kleiner. Er hatte ein große Knollennase und ein eingefallenes Gesicht unter einem Wust grauer Haare, die im schräg in den Raum fallenden Sonnenlicht leuchteten.
    »Ich brauche Euch für eine ehrbare Arbeit. Eine ehrbare Arbeit«, wiederholte er.
    Rankstrail nickte.
    »Ich brauche Eure Kraft, nicht Eure Seele. Und ich zahle so viel wie die Grafschaft.«
    Rankstrail nickte wieder.
    »Das ist unser Feind«, sagte der Alte und wies aus dem schmalen Fenster, das auf den Südhang des Salzsteins ging.
    Der Hauptmann schaute in die Richtung, in die der lange Zeigefinger wies. Eine Herde Hammel graste friedlich im spärlichen Grün des Hanges.
    »Hammel?«, fragte er verwundert.
    »Hammel«, bestätigte der Alte. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte er den Eindruck erweckt, geistig gesund zu sein, etwas verschroben vielleicht, aber nicht völlig verrückt. »Wisst Ihr, was der Unterschied zwischen einer Kuh und einem Hammel ist?«
    »Ja«, antwortete Rankstrail. »Kühe sind größer.«
    »Richtig. Aber es gibt noch einen anderen, wichtigeren«, beharrte der Alte.
    Rankstrail dachte nach.
    »Hammel machen määh und Kühe machen muuh« , brachte er schließlich vor, womit seine Kenntnisse dieser Materie erschöpft waren.
    Der Alte schüttelte den Kopf.
    »Die Zähne von Kühen schneiden, die von

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