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Die letzten ihrer Art

Die letzten ihrer Art

Titel: Die letzten ihrer Art Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Adams
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war wie ich – fast zwei Meter –, hielt es aber für ungefähr doppelt so schwer. Größtenteils Muskeln, mit weicher schwarzgrauer Haut, die ihm ziemlich locker und, von groben schwarzen Haaren bedeckt, von der Vorderseite hing.
Als ich mich erneut bewegte, rückte er von mir ab, ungefähr fünfzehn Zentimeter, als ob ich mich etwas zu dicht neben ihn aufs Sofa gesetzt hätte und er jetzt grummelnd ein bißchen Platz machte. Dann legte er sich, die Faust unter das Kinn gestemmt, auf den Bauch und kratzte sich träge mit der anderen Hand die Wange. Ich blieb so ruhig und still wie möglich sitzen, obwohl mir aufging, daß ich gerade von Ameisen zu Tode gebissen wurde. Er sah uns ohne besondere Anteilnahme nacheinander an und wandte seine Aufmerksamkeit dann wieder seinen Händen zu, während er sich mit dem Daumen träge einige Schmutzflecken von einem der Finger kratzte. Ich hatte den Eindruck, daß wir für ihn ungefähr so interessant waren wie ein langweiliger Sonntagnachmittag vor dem Fernseher. Er gähnte.
Es ist so verflucht schwierig, Tiere nicht zu vermenschlichen. Derartige Eindrücke drängen sich einem ununterbrochen auf, weil sie soviel spontanes Wiedererkennen auslösen, wie illusorisch dieses Wiedererkennen auch immer sein mag. Nur auf diese Art und Weise läßt sich vermitteln, an was es erinnerte .
Nach einer längeren schweigsamen Pause zog ich vorsichtig mein rosa Schreibpapier aus der Tasche und begann mir die Notizen zu machen, von denen ich gerade abschreibe. Das schien ihn schon mehr zu interessieren. Ich nehme mal an, daß er vorher einfach noch nie rosa Schreibpapier gesehen hatte. Er verfolgte meine über das Blatt kritzelnde Hand eine Zeitlang mit den Augen, stand schließlich auf und berührte zuerst das Papier und dann die Spitze meines Kugelschreibers – nicht, um ihn mir wegzunehmen oder mich auch nur zu unterbrechen, sondern um zu sehen, was das war und wie es sich anfühlte. Ich war wirklich gerührt und wurde von dem albernen Impuls gepackt, ihm auch noch meine Kamera zu zeigen.
Er zog sich ein Stück zurück und legte sich etwa einen Meter von mir entfernt wieder hin, das Kinn wie zuvor auf die Faust gestützt. Mir gefielen sein ungewöhnlich nachdenklicher Gesichtsausdruck und die Art und Weise, wie sich seine Lippen durch den nach oben gerichteten Druck der Faust aufbauschten. Der beunruhigendste Hinweis auf Intelligenz allerdings schien mir aus den plötzlichen Seitenblicken hervorzugehen, die er mir nicht infolge bestimmter Bewegungen meinerseits zuwarf, sondern offenbar immer dann, wenn ihm gerade eine Idee gekommen war.
Ich begriff, welche Überheblichkeit hinter unserer Annahme steckt, wir könnten ihre Intelligenz beurteilen – als wäre die unsere irgendeine Norm, an der alles andere zu messen ist. Also versuchte ich mir vorzustellen, wie er uns sah, nur ist das natürlich so gut wie unmöglich, weil man beim Versuch, seine Vorstellungslücken zu überbrücken, unwillkürlich wieder bei den eigenen Annahmen landet und die irreführendsten Annahmen zudem ausgerechnet jene sind, von denen man gar nicht bewußt ausgeht.
Ich malte mir aus, wie er da unbeschwert in seiner eigenen kleinen Welt lag, meine Gegenwart darin tolerierte, obwohl er mir, wie ich glaube, womöglich Signale zuschickte, auf die ich nicht zu reagieren wußte. Und dann malte ich mir aus, wie ich da neben ihm saß, geschmückt mit meinen Intelligenzapparaten – meiner Gore-Tex-Kutte, meinem Stift und meinem Papier, meiner autofokussierenden, belichtungsautomatischen Nikon F4 – und meiner ganzen Unfähigkeit, auch nur irgend etwas von dem Leben zu begreifen, das wir hinter uns im Wald zurückgelassen haben – Aber irgendwo in der genetischen Geschichte, die wir alle in jeder einzelnen Körperzelle mit uns herumtragen, bestand eine innige Verbindung zu diesem Lebewesen – für uns so unerreichbar wie die Träume vom letzten Jahr, aber, genau wie diese Träume, immer unsichtbar und unergründlich gegenwärtig.
Was mir daraufhin in den Sinn kam, war, glaube ich, die vage Erinnerung an einen Film, in dem ein New Yorker, Sohn osteuropäischer Einwanderer, aufbricht, um das Dorf zu finden, aus dem seine Familie ursprünglich stammt. Er ist wohlhabend und erfolgreich und erwartet, aufgeregt in Empfang genommen und bestaunt zu werden.
Statt dessen wird er zwar nicht gerade abgelehnt oder gar weggeschickt, aber in einer für ihn vollkommen unverständlichen Art und Weise empfangen. Es irritiert ihn, daß man

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