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Die letzten ihrer Art

Die letzten ihrer Art

Titel: Die letzten ihrer Art Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Adams
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Krankheit«, sagte Mark. »Man bekommt sie vom Waten in verseuchtem Wasser. Im Wasser brüten winzige Schnecken und dienen winzigen Parasitenwürmern als Wirte, die sich dann ihrerseits an deine Haut klammern. Wenn das Wasser durch die Poren einzieht, rutschen sie mit in den Körper und greifen deine Blase und die Eingeweide an. Man merkt es, wenn man's hat. Es ist wie eine wirklich üble Grippe mit Durchfall, und außerdem pißt man Blut.«
»Ich dachte, wir sollten leise sein«, sagte ich.
Nachdem wir die andere Seite der Senke erreicht hatten, versammelten wir uns hinter ein paar Bäumen, wo Charles die Windrichtung überprüfte und uns weitere Anweisungen gab.
»Ihr müßt noch was über die Art und Weise wissen, wie ein Nashorn seine Welt sieht, bevor wir einfach reinplatzen«, flüsterte er uns zu. »Trotz ihrer Größe und Hörner und dem ganzen Zeug sind sie im Prinzip sanfte und friedliche Lebewesen. Auf ihre Sehkraft, die gering ist, verlassen sie sich nur, wenn es um sehr grundlegende Informationen geht. Falls dieses Nashorn jetzt fünf Tiere wie uns auf sich zukommen sieht, wird es nervös werden und weglaufen. Also müssen wir dicht hintereinander im Gänsemarsch gehen. Dann wird es uns für ein einziges Tier halten und nicht so beunruhigt sein.«
»Ein ganz schön großes Tier«, sagte ich.
»Das macht nichts. Vor großen Tieren hat es keine Angst, nur vor vielen. Außerdem müssen wir uns gegen den Wind nähern, also von hier aus einen weiten Bogen um es herum machen. Ihr Geruchssinn ist wirklich enorm ausgeprägt. Eigentlich ist das ihr wichtigster Sinn. Ihr ganzes Weltbild setzt sich aus Gerüchen zusammen Sie ›sehen‹ in Gerüchen. Die Nasengänge eines Nashorns nehmen sogar mehr Platz in Anspruch als sein Gehirn.«
Von unserem Standort aus war es endlich möglich, das Tier mit bloßem Auge auszumachen. Wir waren etwas weiter als eine halbe Meile von ihm entfernt. Das Nashorn stand auf freier Flur da und wirkte, wann immer es sich für einen Augenblick völlig still hielt, wie ein freiliegender Felsvorsprung. Ab und zu schwenkte es seinen langen, schrägen Kopf von einer Seite zur anderen und bewegte seine Hörner ruckartig auf und ab, während es sanft und friedfertig das Gras abrupfte. Das war kein Termitenhügel.
Wir machten uns wieder auf den Weg, sehr leise, ständig anhaltend, uns duckend und die Richtung wechselnd, damit das Nashorn unsere Witterung nicht aufnehmen konnte, während der Wind, dem das ganze Hin und Her völlig schnurz war, ebenfalls ständig die Richtung wechselte. Schließlich erreichten wir eine weitere kleine Baumgruppe, die knapp hundert Meter von dem Geschöpf entfernt war, das sich durch unser Näherkommen bisher offenbar nicht gestört fühlte. Von jetzt an lag allerdings nur noch freies Feld zwischen ihm und uns. Wir blieben ein paar Minuten stehen, um es zu beobachten und zu fotografieren. Falls unser nächster Annäherungsversuch es tatsächlich verscheuchte, wäre dies dafür die letzte Gelegenheit. Das Tier stand leicht von uns abgewandt und rupfte weiterhin Gras ab. Der Wind wehte schließlich doch aus einer für uns günstigen Richtung, und wir machten uns nervös und leise wieder auf den Weg.
Es war ein bißchen wie dieses Spiel aus meiner Kinderzeit, bei dem ein Kind mit dem Gesicht zur Wand steht, während die anderen sich von hinten anzuschleichen und es zu berühren versuchen. Wer mit dem Gesicht zur Wand steht, dreht sich ab und zu um, und jeder, der sich in diesem Moment bewegt, muß den ganzen Weg zurückgehen und noch mal von vorn anfangen. Normalerweise wird das Kind dabei zwar nicht in der Lage sein, jeden, der ihm nicht in den Kram paßt, mit einem neunzig Zentimeter langen Horn zu durchbohren, aber sonst war es so ziemlich das gleiche.
Das Nashorn ist natürlich ein Pflanzenfresser. Es lebt vom Grasen. Je näher wir herankrochen und je monströser es vor uns aufragte, desto widersinniger wirkte sein sanftes Tun. Es war, als beobachtete man einen Bagger, der in aller Ruhe Unkraut jätete.
Als wir noch ungefähr vierzig Meter entfernt waren, hörte das Nashorn plötzlich auf zu kauen und blickte auf. Langsam wandte es den Kopf in unsere Richtung und betrachtete uns mit tiefstem Argwohn, während wir uns alle erdenkliche Mühe gaben, wie möglichst kleine und friedfertige Tiere auszusehen. Es betrachtete uns eingehend, ohne dabei erkennbar etwas zu begreifen, aus kleinen, schwarzen Augen, die uns von beiden Seiten seines Hornes aus träge anstarrten.

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