Die letzten Monate der DDR: die Regierung de Maizière und ihr Weg zur deutschen Einheit
die Embargoliste aufheben würden und uns
Das Verbot der Lieferung von Hochtechnologie in bestimmte Länder.
11.6.1990, Washington, Lothar de Maizière wird als erster DDR-Ministerpräsident von USA-Präsident George Bush im Weißen Haus empfangen.
die Meistbegünstigungsklausel gewährten. Dazu war er nicht bereit. Er sagte: ›Nein, das erledigt sich alles mit der Wiedervereinigung.‹ Wir hatten ja ziemlich konsequent, auch bei den Russen, auf der NATO-Mitgliedschaft beharrt, die ja insbesondere eine Forderung der Amerikaner war, und ich dachte, dafür könnten sie uns eigentlich ein wenig Entgegenkommen zeigen, weil wir in dieser Frage so konsequent geblieben sind. Aber ich wurde im Gegenteil noch belehrt. Und zwar hatten damals Markus Meckel und Rainer Eppelmann so eine Schnapsidee geboren, es sollte ein trilaterales Heer geben. Die Polen, die NVA und die tschechische Armee sollten noch weiterhin bestehen. Und James Baker hielt mir das vor, und ich sagte: ›Sie müssen mich nicht reformieren, ich bin schon Protestant.‹ Und da sagte er: ›Ja, aber Ihr Außenminister!‹ Und das war etwas peinlich, dass man da erst mal noch vorgeführt wurde für das, was andere Leute verbockt haben. Aber das ist ein ganz anderes Thema. Die Loyalität des Herrn Meckel zu unserer Regierung könnte Abende füllen.«
Frankreich und Großbritannien stehen der deutschen Einigung eher skeptisch gegenüber. François Mitterrand befürchtet, dass das neue Deutschland größer würde als bei Hitler, und auch Margaret Thatcher spricht schon mal vom »Vierten Reich«.
Meckel: »Die französische Position in Bezug auf die deutsche Einheit war hoch komplex. Ende 1989 besuchte Mitterrand noch die DDR, traf sich auch mit Oppositionellen. Aber es war ein Akt, den man auch wahrnehmen konnte als eine Stärkung des SEDRegimes, so dass man den Eindruck haben musste, hier wird noch eine andere Strategie gefahren, die übrigens nicht unsere war. Wir wollten keine Verzögerung des Einigungsprozesses, obwohl es natürlich in der DDR, auch in dem Bereich der Opposition, manche gab, die sich eher eine künftige Zwei-Staaten-Lösung vorstellten, von zwei demo kratischen Staaten ausgingen. Dies war unsere Lösung nicht. Nach dem Fall der Mauer war klar, es geht jetzt darum, eine operative Einigungspolitik zu machen mit den Nachbarn. Und das war unser klares Kriterium. Aber da hat Frankreich eine sehr unklare Haltung gehabt. Einig waren wir uns in der Polenfrage. In diesem Punkt hatten wir von den Franzosen völlige Unterstützung. Die Franzosen wollten die Grenzfrage geklärt haben.
Ähnlich war es mit Großbritannien, Thatcher war nicht gerade eine Anhängerin der deutschen Einheit und verließ sich hier offensichtlich auf Gorbatschow, übrigens auch Mitterrand. Und insofern war immer nicht so richtig klar, wie sie sich verhielten. In den Verhandlungen selbst haben sie die Gespräche nie desavouiert. Aber auch in direkten Gesprächen hatte man manchmal ein unklares Gefühl, also diese Angst vor einem Großdeutschland, wie es dann durchaus in Frankreich hieß, aber nicht nur in Frankreich. Es gab solche Töne auch in Italien und überhaupt bei den Nachbarn. Und es gab diese Töne natürlich in Deutschland. Das war eine wichtige Auseinandersetzung in dieser ganzen Zeit. Wir haben gesagt, wir wollen die deutsche Einheit so gestalten, dass niemand sie befürchten muss, innenpolitisch die sozial Schwachen nicht, aber eben auch die europäischen Nachbarn nicht.«
Hier ging es um die endgültige Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze.
»Paris war wesentlich eine Frage der atmosphärischen Situation«, erinnert sich de Maizière. »Wir wollten sagen, die Wiedervereinigung soll eure Interessen nicht tangieren, sondern im Gegenteil. Wir sind genauso die Deutschen, die eine gute Nachbarschaft wollen. Den Besuch in England bei Frau Thatcher, den hätte ich mir möglicherweise schenken können, aber sei es drum.«
In New York trifft der Ministerpräsident UNO-Generalsekretär Pérez de Cuéllar, um die DDR aus der Weltorganisation abzumelden. Mit der Bundesrepublik ist vereinbart worden, dass die Verpflichtungen der DDR, zum Beispiel in der WHO und anderen UNO-Organisationen, übernommen werden: »Aber wir schuldeten der UNO noch erhebliche Beträge. Ich sagte, meine Taschen wären leer und ich könnte das nicht mehr leisten, es wäre mir außerordentlich peinlich. Da beruhigte er mich und sagte: ›Ich habe viel größere Schuldner! Wenn die
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