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Die letzten Monate der DDR: die Regierung de Maizière und ihr Weg zur deutschen Einheit

Die letzten Monate der DDR: die Regierung de Maizière und ihr Weg zur deutschen Einheit

Titel: Die letzten Monate der DDR: die Regierung de Maizière und ihr Weg zur deutschen Einheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ed Stuhler
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Kohls ist, dass er die Europäische Union davon überzeugt hat, übrigens mit großer Unterstützung des damaligen, wirklich großen Jacques Delors als Kommissionspräsidenten, dass es keine extra Verhandlungen geben wird in der EU und dass die Europäische Union diesen Einigungsprozess unterstützt und begleitet. Das, glaube ich, war in besonderer Weise das Verdienst Helmut Kohls.«
      Am 17. Juli, einen Tag nach dem Kaukasusereignis, gibt es in Paris ein turnusmäßiges Treffen der Außenminister der vier Siegermächte und der beiden deutschen Staaten. Die DDR-Delegation erfährt von dem weltpolitischen Ereignis aus der Presse. Staatssekretär Missel

    Hans-Jürgen Misselwitz, Staatssekretär im Außenministerium

    witz: »Wir wussten nichts vom Kaukasus, und wir sind auch dort nicht konsultiert worden oder eingeladen worden.«
      »Hans-Dietrich Genscher kam direkt aus dem Kaukasus nach Paris«, erinnert sich Markus Meckel, »wo Gorbatschow gegenüber Kohl die Souveränität akzeptiert hatte und damit die künftige NATO-Mitgliedschaft des vereinten Deutschlands, so dass dies als der Durchbruch gewissermaßen deutlich war. Und es war dann die Frage, wie geht man damit um? Wir waren nicht informiert worden, weder von Hans-Dietrich Genscher noch von den Sowjets. Und in dem Gespräch, das ich dann mit Schewardnadse hatte, merkte man auch so im persönlichen Umgang ein schlechtes Gewissen darüber. Aber es war natürlich andererseits klar, man hatte den großen Deal gemacht, auch im sowjetischen Interesse. Und dieser zu Ende gehende Staat war, zwar menschlich ein bisschen tragisch, aber politisch nun wirklich nicht mehr der Faktor.«
      Staatssekretär Misselwitz: »Das war der Punkt, an dem die DDR sozusagen aus dem Spiel war. Das war schon absehbar in dem Moment, als in der Sowjetunion die Entscheidung gefallen war, dass Gorbatschow den KPdSU-Parteitag Anfang Juli 1990 quasi überlebte. Das war ja das große Fragezeichen, das über allen Verhandlungen stand, ob man sich auf Gorbatschow weiter verlassen konnte. Als das dann geschehen war, ist das arrangiert worden. Genscher hat sich ja sehr regelmäßig und sehr intensiv mit Schewardnadse befasst und mit ihm ein enges Verhältnis entwickelt.
      Das war natürlich eine Situation, in der uns dann klargemacht wurde, dass es auf unsere Position, also die Position der DDR-Regierung, in dem Spiel nicht weiter ankäme. Das war eine deutliche Brüskierung, denke ich schon. Auch wenn sie vielleicht unbeabsichtigt war – das war dann auch schon wieder eine Form von Brüskierung. So war das. Ab Juli war eindeutig klar, dass die Vertretung der DDR in dem Prozess eher als ein notwendiges Übel oder als eine notwendige Zutat gesehen wurde als nun eine wirkliche Notwendigkeit.«
      Dabei hatte es so schön angefangen. Am 24. April treffen sich Genscher und Meckel zum ersten Mal: »Hans-Dietrich Genscher war nach meiner Wahl ungeheuer offen. Er hat mich angerufen und mich sofort eingeladen, eine enge Zusammenarbeit angeboten und angekündigt. Eine gute Information. Ich habe ihn dann in seinem Privathaus besucht. Er hat mich abholen lassen vom Flugzeug. Ich bin gemeinsam mit Hans Misselwitz und Carl Christian von Braunmühl hingefahren. Und wir haben einfach einen gewissen Schnellkurs über den Sachstand erhalten, zum anderen aber eben uns auch gut verständigt über Fragestellungen und über eine gute Kommunikation miteinander; denn das war von Anfang an klar, wir hatten das gemeinsame Interesse, die deutsche Vereinigung zu schaffen und sie außenpolitisch abzusichern, das war unser gemeinsamer Wille, und da waren wir uns einig.
      Mir war auch klar, dass wir am Ende Teil der NATO sein werden. Wir hofften nur, dass in diesem Prozess die NATO sich noch möglichst stark ändert und auf die neue Situation nach dem Kalten Krieg einstellt. Insofern wollten wir immer den Druck machen, wie sieht es aus mit den Kurzstreckenraketen, wie sieht es aus mit der Atombewaffnung? Wir wollten Fragen der Zukunft möglichst in den Zwei-plus-Vier-Prozess hineintragen. Wir dachten weiter an den europäischen Abrüstungsprozess, an das Zusammenkommen von Ost und West und versuchten, das alles da hineinzupacken. Das war in der Kürze nicht zu schaffen, das ist mir heute völlig klar. Und

    24.4.1990, Erste Begegnung zwischen DDR-Außenminister Markus Meckel und Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher (r.)

    von Herrn Hans-Dietrich Genscher musste das auch als eine Störung des Prozesses

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