Die letzten schönen Tage
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HOBBYHURE 123
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KUNDERA (ihr Lieblingsautor)
ZUMKOTZEN
ICHKOMMNICHTDRAUF
22. Januar
Serge ist seltsam
verdruckst, schlecht gelaunt, mag mir nicht in die Augen sehen, will darüber
auch nicht reden, er sieht fast aus, als schäme er sich für was. Ich zog
kurzerhand alleine los und hab jetzt ein schlechtes Gewissen deswegen.
Verdammt, man muß auch mal für sich sein – und er wird ein paar Stunden ohne
meine Gesellschaft auskommen. Ich hab mein Handy vergessen, sonst würd ich ihm
was simsen. Jetzt erst mal shoppen, einen Bikini kaufen, der alte Badeanzug
zwickt ein bißchen, dann in das Café mit der Palmenterrasse, wo es die
ausländischen Zeitungen gibt, und einen Chai Latte trinken. Einfach meine Ruhe
haben. Ruhe wovor? Vor Serge? Heute Morgen ist er mir auf die Nerven gegangen,
ja. Dabei hat er nichts getan, was ihm vorzuwerfen wäre. Später werd ich noch
ins Internetcafé gehen, ein paar Mails schreiben, meine Mutter macht sich
ständig Sorgen, dann auf Facebook die neuesten Fotos einstellen und mich über
das hiesige Konservatorium schlau machen. Ich könnte als Gesangslehrerin
arbeiten, ich habe ein Diplom, warum eigentlich nicht? Obwohl ich sehr wenig
Geld verbrauche, sind meine Ressourcen doch begrenzt, und ich will Serge nicht
auf der Tasche liegen, schon deshalb nicht, damit er keine Forderungen draus
ableiten kann. Herrgott, ist es schon so weit? Wie rede ich über unsre
Beziehung? In Berlin liegt immer noch Schnee, hier kann man bereits im T-Shirt
unterwegs sein, und bald ist Karneval. Weswegen mache ich mir Gedanken über
eine Stelle am Konservatorium? Serge muß doch irgendwann nach Deutschland
zurück. Sein Englisch ist okay, aber um seinen Job hier auszuüben, würde es,
glaub ich, nicht reichen. Also sind wir auf befristete Zeit hier.
Unwiderruflich. Warum verdränge ich das? Mir gefällt die Insel so sehr. Greta
und Ralf sind zu beneiden. Obwohl, im Moment vielleicht gerade nicht. Gäben die
beiden doch nur irgendein Zeichen von sich.
*
Heute hat Kati
vergessen, ihr Handy auszuschalten, als wolle sie doch noch beichten, sie hat
es für mich hingelegt als offenes Buch. Sie will, daß ich sie teste. Und hat
alles, was sie belasten könnte, natürlich gelöscht, so blöd ist sie nicht. Und
ich bin es auch nicht, ich hab nicht hineingesehen. Darauf fall ich nicht
herein. In Sicherheit will sie mich wiegen, mit einem billigen Trick. Beinahe
hätte ich doch hineingesehen. Nur um sicherzugehen, daß es ein Trick ist. Wenn
sie partout beichten will, dann bitte nicht so. So hintenrum. Eine Aufforderung
zum Vertrauensbruch. Ich hocke vorm Fernseher und langweile mich zu Tode. Ich
hasse die Scheiß-Insel, auf der nur Banalitäten gedeihen. Müßte nach
Deutschland zurück, bevor Borten mich rauswirft. Ich kann doch nicht alles, was
ich mir aufgebaut habe, verfallen lassen. In Berlin liegt Schnee, na gut, da
zittern die Menschen im Frost, na und? Unsereins hat Stein- und Eiszeit
überlebt. Kati tut immer so, als sei ich ein Weichei, schlimmer, ein rohes Ei,
umgeben von Gefahr. Und dann läßt sie mich einfach allein und vergißt sogar ihr
Handy, nur damit sie hinterher sagen kann, sie habe keine Möglichkeit gehabt,
sich bei mir zu melden. So läuft das doch. Eben habe ich mir, am helllichten
Nachmittag, ein Glas Rotwein eingeschenkt. Ich liebe diese Frau. Sonst wäre
alles einfach. Ich hätte gestern Nacht nicht versuchen sollen, ihr Paßwort zu
erraten. Wie ich mich heute früh dafür geschämt habe! Aber es ist ja nicht so,
daß ich was wissen wollte, was mich nichts angeht. Nein, die Dinge, die mich
nichts angehen, sollen ihr ganz und gar überlassen bleiben. Nur um die Dinge,
die mich definitiv angehen, um die muß ich mich ja kümmern, da bin ich doch
verpflichtet dazu, ich muß doch Bescheid wissen, um an Kati nicht völlig
vorbeizureden, wenn die Rede darauf kommt. Alles andere wäre fahrlässig, so
fahrlässig, wie sie heute ohne mich aufgebrochen ist. Um Ruhe vor mir zu haben.
So gesagt hat sie das nicht. Nichts hat sie gesagt. Ihr Schweigen war beredt
genug. Und viel schlimmer. Ich sehe mir deutsches Zoofernsehen an. Es gäbe ein
paar Bücher im Regal, aber es sind nur Buchstaben darin, auf jeder Seite leicht
variiert, damit der Leser nichts merkt. Früher las
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