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Die letzten Tage von Hongkong

Die letzten Tage von Hongkong

Titel: Die letzten Tage von Hongkong Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
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waren als Chans eigene.
    »Ob das nicht eine demütigende Kastration der eigenen rassischen Identität ist?« sagte der Arzt. »Ehrlich gesagt: Ja. Ich mache das nicht besonders gern.«
    »Aber Sie machen’s trotzdem?« fragte Aston.
    »Ja, ich verlange allerdings das doppelte Honorar pro Stunde.«
    Er lachte. »Die Frage wird sich ohnehin bald erübrigen. Das ist wie die Mode, die Ende der fünfziger Jahre unter den Afroamerikanern grassierte – die haben damals alles versucht, um ihr krauses Haar loszuwerden. Diese Art der Verbeugung vor der weißen Herrenrasse ist auch hier out. Sogar die Dienstmädchen und Chauffeure wissen heutzutage, daß die Zukunft Asien gehört. Allerdings hatte ich erst in ungefähr zehn Jahren mit der Gegenbewegung gerechnet. Bis jetzt habe ich dafür auch nur ein einziges Beispiel. Deswegen habe ich sofort gewußt, von wem Sie sprechen, als Sie mich angerufen haben.«
    Chan bedeutete Aston mit einem Nicken, Moiras Foto von ihrer Tochter Clare aus der Tasche zu holen. Aston reichte es Yu über seinen Schreibtisch hinweg.
    »Ja, das ist sie. Natürlich ›vorher‹.«
    »Haben Sie auch ein Foto von ›nachher‹? Wenn ja, würden wir uns gern einen Abzug machen lassen.«
    Yu schüttelte den Kopf. »Leider nein. Ich habe sie fast auf Knien angefleht und ihr angeboten, mein Honorar zu senken, aber sie hat nein gesagt. War gar keine schlechte Arbeit. Offen gestanden, wollte ich damit ziemliches Aufsehen in der Fachpresse erregen, aber ohne Bilder wirkt so was nicht – jedenfalls nicht in meinem Beruf.«
    Chan nickte. Er hatte mit dieser Antwort gerechnet. »Sie haben nur die Augenform verändert. Was ist mit der Augenfarbe – und den Haaren?«
    »Die Augenfarbe läßt sich leicht verändern. Man nimmt getönte Kontaktlinsen. Und was die Haare anbelangt – sie trug bereits eine Perücke. Kurze, gerade, schwarze, dichte, asiatische Haare.« Yu grinste.
    Aston holte das Bild der eurasischen Frau aus der Tasche, die gerade zur Neonröhre griff. Yu warf einen Blick darauf.
    »Das ist sie. Kann ich einen Abzug davon haben?«
     
    Hinterher ging Chan nach Haus, um zu duschen. Dann versuchte er, Emily unter allen Telefonnummern zu erreichen, die er hatte. Nirgends meldete sich jemand, nicht einmal ein Sekretär oder ein Bediensteter. Als er dann wieder ins Büro wollte, klingelte sein eigenes Telefon. Er nahm den Hörer ab.
    »Ich liebe Sie. Mein Prinz, mein Wohltäter.«
    »Was ist passiert?«
    »Sie haben’s gemacht, um mich glücklich zu machen, stimmt’s?«
    »Sie sind verrückt.«
    »Und Sie haben mir Geld angeboten! Ich zahle Ihnen was, wenn Sie wollen. Sie brauchen’s nur zu sagen. Aber bitte lassen Sie mich weiter an dem Fall dranbleiben. Bitte.«
    »Kommen Sie zur Sache, ich bin in Eile.«
    Wheelchair Lee war ganz aufgeregt. »Ja, ja. Mein Gott, das wird eine große Sache, eine wirklich große Sache. So groß, daß es der 14K richtig weh tut. Verlangen Sie nicht von mir, daß ich den Mund halte. Ich brauche ein paar Tage. Jemand wird Ihnen sagen, wo Sie sich mit mir treffen können. Wir müssen vorsichtig sein, damit wir die Sache nicht verpatzen.«
    Lee legte auf.
     
    Vom Büro im Polizeirevier aus versuchte es Chan noch einmal bei Emily. Wahrscheinlich hatte sie Anweisung gegeben, daß sie nicht gestört werden wolle – die Hongkonger Prinzessin zog sich hinter ihren Vorhang aus Geld zurück, jetzt, da alles Aufregende vorbei war. Chans Zorn wuchs im Laufe des Tages an. Abends beschloß er dann, noch einmal mit dem Taxi zum Peak zu fahren. Er hatte sich selbst versprochen, ihr eine ordentliche Ohrfeige zu versetzen. Manchmal war so eine kleine Rache eine ganze Karriere wert.

FÜNFUNDVIERZIG
    Auf schräggeparkten Wagen und Transportern drehten sich Lampen mit ihren indigofarbenen Lichtern zu einem Polizei-Halloween, Funkgeräte knisterten und forsche Männerstimmen durchschnitten auf Englisch und Kantonesisch die nächtliche Ruhe. Chan sagte dem Taxifahrer, er solle ihn hundert Meter unter der Kuppe des Hügels absetzen; von dort aus ging er vorsichtig weiter, wie ein Fuchs, der übers Eis wollte. Als er näher kam, sah er, daß Halogenlampen Lichtkegel aus der tropischen Dunkelheit schnitten. Ein Krankenwagen wartete mit geöffneten hinteren Türen in der Auffahrt. In seinem Innern lagen ordentlich gestapelt gestärkte weiße Laken und rote Decken neben Tragbahren. In dem grellen Licht wandte sich eine großgewachsene Gestalt um und hob die Hand über die Augen; unter der Hand

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