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Die letzten Tage von Pompeji

Die letzten Tage von Pompeji

Titel: Die letzten Tage von Pompeji Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lytton Bulwer
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hinunter. In demselben Augenblicke erhob sich eine Wolke des schwärzesten Rauches, der Luft, See und Erde umhüllte.
    Ein weiterer Aschenregen, noch reichlicher, als zuvor, verbreitete aufs Neue Verheerung über die Stadt. Finsternis umgab sie wie ein Schleier, und Glaukus, dessen kühnes Herz endlich verzweifeln wollte, sank unter einen Bogen nieder und erwartete, Ione (eine Braut auf diesem Ruinenlager) an seine Brust schließend, ruhig den Tod.
    Mittlerweile hatte Nydia nach ihrer Trennung von Glaukus und Ione sich vergebens bemüht, dieselben wieder aufzufinden. Vergebens ließ sie jenen klagenden, den Blinden so eigenthümlichen Ruf erschallen; er verlor sich unter dem tausendstimmigen Geschrei eines mehr selbstsüchtigen Schreckens. Immer wieder kehrte sie an jene Stelle zurück, wo sie von den Freunden getrennt worden war; jeden Flüchtling hielt sie an und fragte nach Glaukus, aber stets wurde sie von den Forteilenden auf die Seite gestoßen. Wer dachte in dieser Stunde an seinen Nachbar? Vielleicht gibt es unter den Scenen allgemeinen Schreckens nichts Schrecklicheres, als die unnatürliche Selbstsucht, welche sie erzeugen! Endlich fiel es dem Mädchen ein, daß Glaukus entschlossen gewesen war, nach dem Meere zu fliehen und in dieser Richtung hoffte sie ihn noch am wahrscheinlichsten zu finden. An ihrem Stab, den sie fortwährend trug, sich haltend, vermied Nydia mit unglaublicher Geschwindigkeit die Trümmerhaufen, welche den Pfad versperrten, und schlug, ohne fehlzugehen (denn ein so trauriges Loos die Blindheit im gewöhnlichen Leben für sie war, ebenso großen Nutzen brachte sie ihr jetzt) den nächsten Weg nach dem Meere ein.
    Armes Mädchen! Ihr Muth war so kühn und das Schicksal schien eine so Hülflose zu begünstigen. Die heißen Wassergüsse berührten sie nicht, außer bei dem allgemeinen Regen, der dieselben begleitete; die schweren Schlacken rissen das Pflaster vor und neben ihr auf, verschonten aber ihre zarte Gestalt, und wenn die feinere Asche auf sie fiel, schüttelte sie dieselbe durch eine leichte Bewegung schnell ab, [Fußnote: Es fiel ein schwerer Aschenregen auf uns, den wir von Zeit zu Zeit abschütteln mußten, sonst wären wir darunter begraben worden. Plinius. ] und setzte furchtlos ihren Weg fort.
    Schwach, vielen Gefahren ausgesetzt, jedoch unerschrocken, und nur durch einen Wunsch aufrecht erhalten, war sie ein Bild der Psyche auf ihren Wanderungen; der Hoffnung, die durch das Thal der Schatten wandert; und der Seele selbst, allein stehend, aber nicht trostlos, mitten unter den Gefahren und Mühen des Lebens.
    Auf ihrem Wege wurde sie beständig angehalten durch die Schaaren, welche bald im Finstern umhertappten, bald bei dem kurzen Scheine der Blitze vorbeieilten, und endlich ward Nydia durch eine Gruppe Fackelträger, die gerade ihr entgegen rannten, mit ziemlicher Heftigkeit zu Boden geworfen.
    »Was?« rief eine Stimme aus der Schaar, »ist dies das brave, blinde Mädchen? Beim Bacchus, sie darf hier nicht als die Beute des Todes zurückgelassen werden! Auf! meine Thessalierin! So! Hoffentlich bist Du doch nicht beschädigt? Nun, das ist gut! Komm mit uns! Wir gehen nach der Küste.«
    »O Sallust! ist es Deine Stimme? Den Göttern sei Dank! Glaukus! Glaukus! Hast Du ihn nicht gesehen?«
    »Nein! Ohne Zweifel ist er jetzt nimmer in der Stadt. Die Götter, welche ihn von dem Löwen erretteten, werden ihn auch von dem feuerspeienden Berge erretten.«
    Auf diese Weise ermuthigte der freundliche Epikuräer die arme Nydia, und führte sie mit sich nach dem Meere zu, trotz ihrer leidenschaftlichen Bitten, noch ein wenig zu verweilen und den Glaukus aufzusuchen. Indes rief sie fortwährend in verzweiflungsvollem Tone mit lauter Stimme den geliebten Namen, der mitten unter dem Toben der Elemente für ihr Herz einen harmonischen Klang hatte.
    Die plötzliche Stille, der Ausbruch der Lavaströme und das Erdbeben, welches wir bereits beschrieben, fanden statt, als Sallust und seine Gesellschaft so eben den von der Stadt nach dem Hafen führenden Weg betreten hatten; hier aber wurden sie durch einen ungeheuer großen, aus mehr als der Hälfte der Einwohner bestehenden Schwarm aufgehalten. Auf freiem Felde irrten Tausende und aber Tausende umher, unentschlossen, wohin sie fliehen sollten. Die See war von der Küste weit zurückgewichen, und diejenigen, welche sich hatten einschiffen wollen, wurden durch die Bewegung und durch das ungewöhnliche Toben der Elemente, so wie durch das

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