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Die Libelle

Die Libelle

Titel: Die Libelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John le Carré
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ziemlich lange.
    Shimon Litvak wartete in einem alten Ford auf dem Parkplatz. Er war von Holland hergeflogen, wo er sich in Leiden zwei Tage lang mit dem scheußlichen Anschlag beschäftigt hatte. Genauso wie Kurtz hatte er das Gefühl, kein Recht auf Schlaf zu haben. »Die Bücherbombe wurde von einem Mädchen abgegeben«, sagte er, sobald Kurtz zu ihm ins Auto geklettert war. »Gut gewachsene Brünette. Jeans. Der Hotelportier nahm an, dass sie von der Universität war, und war überzeugt, sie sei per Rad gekommen und auch wieder weggefahren. Das ist mehr oder weniger eine Vermutung, aber zum Teil glaube ich ihm. Jemand anders sagt wiederum, sie sei auf einem Motorrad zum Hotel gebracht worden. Wie ein Geschenk mit einem Band umwickelt und die Aufschrift ›Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Mordecai‹ auf einem Zettel. Ein Plan, ein Überbringer, eine Bombe und ein Mädchen - wie gehabt.«
    »Sprengstoff?«
    »Russische Plastikbombe, Fetzen vom Einwickelpapier, nichts, was man weiterverfolgen könnte.«
    »Irgendein Markenzeichen?« »Eine saubere Schleife aus rotem Draht für den Stromkreis, verpackt in einer Attrappe.« Kurtz sah ihn scharf an.
    »Kein übrig gebliebener Draht«, gestand Litvak. »Verkohlte Reste, gewiss, aber kein Draht, den man identifizieren könnte.«
    »Und auch keine Wäscheklammer?« fragte Kurtz.
    »Diesmal hat er eine Mausefalle genommen. Eine hübsche kleine Mausefalle, wie man sie in jedem Haushaltwarengeschäft kaufen kann.« Er ließ den Motor an.
    »Er hat auch schon Mausefallen benutzt«, sagte Kurtz. »Ja, Mausefallen, Wäscheklammern, alte Beduinendecken, Sprengstoffe, von denen man nicht feststellen kann, wo sie herkommen, billige Uhren mit nur einem Zeiger und billige Mädchen. Und ist der stümperhafteste Bombenbastler, den man sich vorstellen kann, selbst für einen Araber«, sagte Litvak, der schlampige Arbeit genauso hasste wie den Gegner, der dafür verantwortlich war. »Wie viel Zeit hat er Ihnen zugestanden?«
    Kurtz tat so, als verstünde er nicht. » Mir zugestanden? Wer soll mir was zugestanden haben? «
    »Wie viel gibt er Ihnen? Einen Monat? Zwei? Was ist abgemacht?«
    Doch manchmal drückte Kurtz sich vor präzisen Antworten. »Eindeutig ist, dass nicht wenige in Jerusalem lieber gegen die Windmühlen im Libanon anrennen würden, als ihren Kopf zu gebrauchen, um den Gegner zu bekämpfen.«
    »Schafft die Krähe es, sie zurückzuhalten? Schaffen Sie es?« Kurtz verfiel in ein ungewohntes Schweigen, aus dem Litvak ihn nicht herausreißen wollte. Im Zentrum von West-Berlin gibt es keine Dunkelheit und an den Rändern kein Licht. Sie fuhren auf die Helligkeit zu.
    »Sie haben Gadi ein dickes Kompliment gemacht«, meinte Litvak plötzlich und sah seinen Vorgesetzten von der Seite an. »So in seine Stadt zu kommen. Wenn Sie eine Reise zu ihm machen, ist das wie eine Huldigung.« »Es ist nicht seine Stadt«, erklärte Kurtz ruhig. »Er hat sie sich geliehen. Er hat ein Stipendium, ein Handwerk, das er lernen muss, um sich ein zweites Leben aufzubauen. Das ist der einzige Grund, warum Gadi hier in Berlin ist.«
    »Kann er es denn aushalten, in einem solchen Misthaufen zu leben? Selbst für eine zweite Karriere? Bringt er es nach Jerusalem fertig, hierher zu kommen?«
    Kurtz gab keine direkte Antwort auf diese Frage, doch das erwartete Litvak auch nicht. »Gadi hat seinen Beitrag geleistet, Shimon. Kein Mensch kann ihm da das Wasser reichen, auch nicht im Verhältnis zu seinen Fähigkeiten. Er hat hart gekämpft, immer dort, wo es besonders hart zuging, und zwar meistens hinter der Front. Warum sollte er sich nicht etwas Neues aufbauen? Er hat ein Recht auf seinen Frieden.«
    Doch Litvak war nicht dafür ausgebildet, eine Schlacht aufzugeben, ohne eine Schlussfolgerung daraus zu ziehen.
    »Ja, warum ihn dann stören? Warum wieder aufleben lassen, was aus und vorbei ist? Wenn er einen Neuanfang macht, stören Sie ihn dabei doch nicht.«
    »Weil er den Mittelbereich darstellt, Shimon.« Litvak drehte sich schnell, Erklärung suchend, zu ihm um, doch Kurtz’ Gesicht war im Schatten. »Weil er das Widerstreben besitzt, das als Brücke dienen kann. Weil er nachdenkt.«
    Sie fuhren an der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche vorüber und weiter durch die eisigen Feuer des Kurfürstendamms, um dann wieder in die bedrohliche Stille der dunklen Außenbezirke der Stadt einzutauchen.
    »Und welchen Namen hat er sich jetzt zugelegt?« erkundigte sich Kurtz mit einem nachsichtigen

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