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Die Lichtermagd

Die Lichtermagd

Titel: Die Lichtermagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Falkenhagen
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Schwung in die Brust. Der Alte flog durch die Luft, prallte gegen einen Stumpf und blieb auf dem Boden liegen. Unter dem Keuchen entrang sich seiner Brust ein Pfeifen.
    Ulman brachte den Schimmel zum Stehen und sprang aus dem Sattel. Die Peitsche in der Hand schritt er auf den Geißbart zu. »Respekt!«, sagte er anerkennend. »Für dein Alter bist du weit gekommen, Mann. Aber jetzt hat es ein Ende. Mein Oheim hat ein paar Fragen an dich.«
    Der Geißbart spie abfällig auf den Boden. »Gott verfluche Hosto Stromer«, keuchte er.

    Ulman runzelte die Stirn. »Du hast dir dein Schicksal selbst eingebrockt, Mann. Du hast die Handwerker in den Aufstand geführt und die Macht in Nürnberg an dich gerissen. Nun musst du für deine Taten büßen. Hab ein bisschen Rückgrat, Mann, und steh dazu!«
    Der Alte lachte heiser. »Wenn ich büßen muss, gehört Hosto Stromer auf ewig in den Höllenschlund!«
    Hufgetrappel näherte sich. Hosto Stromer erschien auf seinem schweren Dunkelbraunen und rief erfreut: »Ulman, lieber Junge! Du hast ihn gestellt!«
    »Ja, Oheim. Es war nicht einmal sonderlich schwer.«
    »Dafür hat es aber verdammt lange gedauert.«
    Ulman zuckte mit den Schultern. »Der Alte hat sich gut geschlagen.«
    »Das hast du gut gemacht, Ulman. Du überraschst mich. Nach den Schilderungen deines Vaters habe ich gedacht, du wärst ein rechter Nichtsnutz!«
    »Ihr solltet nicht allem trauen, was meinVater sagte, Gott hab ihn selig«, erwiderte Ulman ärgerlich. »Er behauptete auch, die Jagd mit dem Falken sei ein Müßiggang für Leute von Stand, die nichts mit ihrer Zeit anzufangen wüssten. Sie lehrte mich mehr Geduld und Ruhe als jede Lektion, die er mir erteilte.«
    »Nur die Ruhe«, lachte Hosto Stromer. »Ich habe einen wunden Punkt getroffen, was? Dabei sollte das doch ein ehrliches Lob sein, lieber Neffe.« Er blickte auf den völlig erschöpften Geißbart hinunter. »Lass das Gesinde den Mann verschnüren. Ich glaube, wir beide sollten mehr Zeit darauf verwenden, uns erneut kennenzulernen. Was hältst du von einem Kelch Wein?«
    »Ich liebe Wein«, erwiderte Ulman. Er saß wieder auf. Hatte er sich getäuscht, oder hatte in den Augen des machtvollen Mannes so etwas wie Respekt aufgeblitzt?

    Als Ulman Nürnberg verlassen hatte, war er im Streit vom Vater geschieden. Hosto Stromer schien aus anderem Holz geschnitzt als der unnachgiebigeVater. Der war nun längst begraben und konnte seinen Sohn nicht mehr rügen. Ulman folgte seinem Oheim zu den Pferden. Möglicherweise konnte er von der Familie doch noch etwas lernen.

KAPITEL 3
    D ie Klause Pillenreuth schmiegte sich nicht unweit des kleinen Ortes Worzeldorf an einen Fischteich im ausgedehnten Lorenzer Reichsforst. Der kleine Hof wurde erst seit etwa acht Jahren von den Beginen genutzt. Durch Gönner wie den Nürnberger Konrad Groß und den verstorbenen Kaiser Ludwig den Bayern besaßen die frommen Frauen inzwischen einigen Einfluss in der Gegend und waren mit reichen Gütern und Privilegien ausgestattet worden. Den Mittelpunkt des Hofes stellte eine Holzkapelle mit Dachreiter dar, Mariä Schiedung gewidmet. Der umliegende, erdige Hof wurde von anderen Häusern gerahmt. Am Scheitel des Hofes lag ein breites Haus aus Bruchstein für die Magistra, Meisterin Elisabeth Vischbecken, und ihre elf Beginen. Gegenüber fand sich ein hölzernes Gesindehaus mit einer aus Holz errichteten Küche. Es gab je ein Tor im Osten und Westen sowie einen kleinen Stall für Schweine, Hühner und die Pflugochsen. Die Gebäude wurden von einer Bruchsteinmauer umfriedet, um wildeTiere aus dem nahen Wald fernzuhalten. Eine zweite Palisadenumfassung grenzte direkt an die Mauer und schützte die Scheune, in der auch die Knechte schliefen, sowie einen offenen Geräteschuppen für Werkzeug und Karren.
    Luzinde war froh um diesen ruhigen Ort inmitten von Fischteichen und Wäldern. In jener eisigen Winternacht vor fünf Jahren hatte man sie schwach und krank vor der Tür gefunden. Sie wäre sicher gestorben, wenn man sie nicht ins Haus geholt, gewärmt und gepflegt hätte. Man hatte ihr bereitwillig ein Lager und später sogar eine Stelle im Gesinde geboten. Seit sie
sich erholt hatte, führte sie hier ein schlichtes Leben. Sie teilte mit der Köchin Almut ein Bett, bekam ausreichend zu essen und hatte Arbeit, auch wenn diese manchmal hart war. Die Beginen waren zwar keine Nonnen, doch sie lebten nach beinahe ebenso strengen Regeln wie anderswo heilige Frauen. Luzinde hingegen gehörte

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