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Die Lichtermagd

Die Lichtermagd

Titel: Die Lichtermagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Falkenhagen
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Purpur und die helle Tunika unter dem Pelz zeugten von Erlesenheit und Sorgfalt.
    Obwohl es Luzinde zum Gebet drängte, stellte sie sich auf die Zehenspitzen, um den Herrscher besser erkennen zu können. Vermutlich war dies das einzige Mal, dass sie einem König so nahe kommen würde! Im Geschiebe und Gedrängel fiel es ihr allerdings schwer, überhaupt etwas zu sehen, und als sie zwischen den Beinen der Leute vor ihr einen großen Holzeimer auf dem festgestampften Boden herumkullern sah, nutzte sie die Chance, sich dorthin durchzuschieben, ihn auf den Kopf zu stellen und darauf zu treten, um besser sehen zu können.
    Was dann geschah, konnte Luzinde später schwer beschreiben. Sie erhob sich über die Menge und schaute zum Baldachin hinüber. In diesem Augenblick trat die Prozession des Königs aus dem Schatten von Sankt Laurentius heraus. Eine Windbö blähte den Baldachin nach oben und erschreckte das weiße Ross, das daraufhin einen nervösen Satz nach vorne machte und seinen Reiter aus der mittigen Position unter dem Baldachin heraustrug. Gleichzeitig schob der Wind die Wolken dieses Regentages beiseite, und ein Strahl der noch morgendlichen Sonne brach hindurch und fiel durch die Gasse hinter Luzinde direkt auf den König. Der zügelte sein Pferd und wandte den Kopf. Er blinzelte beinahe erschrocken in das plötzliche Licht. Das dunkle Haar unter dem gekrönten Helm rahmte ein ernstes Antlitz, der wulstige Bart ließ ihn breitgesichtig wirken. Luzinde sah in die grauen Augen und fand, dass sie kühl wirkten, abschätzig gar. Sie schluckte, denn dieser Mann war von königlichem Blut, Enkelsohn eines Kaisers! Dann beschattete er seine Augen mit der Hand, und seine Lippen bewegten sich.

    Offenbar hatte er mit dem Ritter gesprochen, der vorne rechts die Stange des Baldachins hielt, denn der drehte nun ebenfalls den Kopf zu Luzinde herüber. Sie konnte die Züge des Mannes wegen der Kettenhaube nicht gut erkennen; kurze braune Barthaare waren zu sehen, darüber warme, braune Augen. Auch er blinzelte geblendet nach Osten. Was beim König Erschrecken verursacht hatte, zauberte ein ehrfurchtsvolles Staunen auf die Züge des Ritters. Was mochten die beiden in den Sonnenstrahlen wohl gesehen haben? Dann schob die Menge Luzinde von ihrem Podest und außer Sicht, während die Reiter an der Gasse vorbei hinunter zur Pegnitz ritten. Der seltsame Augenblick war vorbei.
    Ein Ministerialer direkt hinter König Karl griff in einen gro ßen Beutel am Sattel und warf zum Jubel der Menschen etwas in die Menge. Luzinde wurde hart am Kopf getroffen. Als sie sich die Stelle rieb, fischte sie einen Pfennig aus dem Tuch, das sie lose um das Haupt geschlungen trug. Um sie herum jagten die jubelnden Nürnberger dem Geld hinterher und folgten der Prozession, um auch den nächsten königlichen Geldsegen zu erleben. Das ohrenbetäubende Geläut der Kirchenglocken tönte noch immer über die Stadt. Luzinde grabschte nach einer weiteren Münze, die im Straßenschlamm lag. Dann zögerte sie. Stand nicht in der Bibel, dass eher ein Kamel durch ein Nadelöhr ginge, als ein Reicher ins Reich Gottes käme? So zumindest predigten es die Priester. Das war eine schwere Wahl, wenn man den Hunger kannte! Doch sie sehnte sich nach einer richtigen heiligen Messe, einer, von der man sicher sein konnte, dass sie Gottes Herz erreichte. Mit einem bedauernden Blick auf die nach dem Geld springende und kriechende Menge wandte sie sich Sankt Laurentius zu.
    Auch wenn diese Kirche eigentlich eher von der Gemeinde der reicheren Handwerker besucht wurde, wollte sie sich in
die letzten Reihen drängen, um den Patron Laurentius zu ehren. Die Flügel der Kirche waren noch nicht geöffnet. Als sie die knarrende Tür des Mannloches aufschob, begrüßte sie stilles Zwielicht. Noch waren die Schiffe der Basilika leer bis auf Mesner und Altarhelfer, die die Messe vorbereiteten.
    Luzinde schritt in die Kirche und sah sich zögernd um. Das Jubeln der Menschen wurde hier durch dicke Mauern gedämpft. Das Dröhnen der Glocken übertönte alles.
    An der Säule auf einem Absatz hoch über ihr stand eine Madonna mit Kind und üppiger Krone und sah mit einem Blick voller Güte herunter. Dahinter leuchteten die bunten Mosaikfenster im Sonnenlicht, und als Luzinde näher trat, erkannte sie, dass sie Szenen aus dem Leben des heiligen Laurentius abbildeten. Der war den Legenden nach ein Heiliger ganz nach Luzindes Geschmack. Ein Kaiser hatte Rom bedroht und dessen Bischof gefangen

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