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Die Lichtermagd

Die Lichtermagd

Titel: Die Lichtermagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Falkenhagen
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provoziert. Und das, obwohl du mich doch gelehrt hast, dass Stolz im Geschäft nichts zu suchen hat. Oder hast du deine Meinung geändert?«
    »Natürlich nicht!«
    »Und trotzdem hat doch Stolz aus dir gesprochen, als du mit dem König geredet hast. Er ist fast geplatzt!«
    »Ich kann’s nicht wissen. Ich habe dabei demütig auf den Boden geschaut, wie es sich für einen unterwürfigen Untertanen geziemt, während meine Beinkleider klatschnass vom Ackerschlamm
waren. Daher muss ich mich auf dein Wort verlassen, Ulman. Und, ja«, gab Hosto dann zu, »ich habe stolz gesprochen. Und zu Recht! Die Politik, junger Neffe, ist etwas anderes als das Geschäft.«
    »Das weiß ich«, erwiderte Ulman ungeduldig. Er blickte in sein samtrotes Getränk und ließ es im Glaspokal kreisen, bis in der Mitte ein kleiner Strudel entstand. »Aber du hast ihn verärgert. Absichtlich! Was bringt es, einen König wie ihn gegen sich aufzubringen, während man doch gerade mit ihm Frieden schließt?«
    »In diesem Falle? Alles, mein Junge. Ich musste Karl vor Augen führen, dass Nürnberg nicht auf den Knien ins Reich zurückkehrt.Wir entscheiden uns für ihn als gleichberechtigte Verhandlungspartner, weil wir es wollen, nicht, weil wir es müssen. Zumindest soll er das glauben. Etwas anderes zu behaupten hieße, die Stadt auf Jahrzehnte zum bloßen Vasallen verkommen zu lassen! Ich habe nicht mein Leben lang dafür gearbeitet, Nürnberg groß zu machen, um jetzt alles wegzuwerfen.« Hosto winkte nach noch mehr Wein. Er glühte beinahe vor Selbstzufriedenheit. »Aber ihn zu verärgern hatte noch einen weiteren Sinn.«
    Ulman seufzte, denn sein Onkel würde es ihm sicher gleich sagen. Höflich fragte er trotzdem: »Und welchen, Oheim?«
    »Karl umgibt sich nicht gerne mit alten Knackern wie mir, die das Spiel von Geld und Politik beinahe doppelt so lange spielen wie er. Er zieht jüngere Männer vor, die er für beeinflussbar hält.«
    Ulman brauchte einen Augenblick, um zu verstehen. »Du hast ihn beleidigt, damit er mich mag?«, fragte er schließlich ungläubig. »Worin liegt da der Sinn?«
    »Ich habe ihm meine freundschaftlich-harte Seite gezeigt, damit er dich als gute Alternative im Hause Stromer in Erinnerung
behält. Ich werde alt, Ulman. Dein Halbbruder Peter ist schon gut eingearbeitet, doch er kann das Haus nicht allein führen, wenn ich einmal nicht mehr bin. Dafür ist unser Handelsnetz einfach zu weit gestreckt, das weißt du doch selbst am besten. Du bist ein Mann, der sich ein Ziel steckt und es dann beharrlich verfolgt – ein Jäger. Du bringst die richtige Mischung aus Gefälligkeit und Härte mit, die man braucht, um zu überleben, wenn man mit Kaufleuten, Bischöfen und Fürsten über die größten Summen verhandelt.« Er streckte erst den einen, dann den anderen Fuß aus, damit ihm der Leibknecht die weichen Lederschuh anziehen konnte. »Unser Geld, mein lieber Junge, macht Könige und Päpste! Kaiser Ludwig hatte den Wert der Städte erkannt. Er hat unser Spiel gespielt. Karl wird das auch noch begreifen. Dein Vater, Gott hab ihn selig, hat nicht viel von dir gehalten, junger Mann«, gemahnte der Ältere mit erhobenem Zeigefinger. In Ulman wühlte dieser leicht dahingesagte Spruch einen alten, schmerzhaften Ärger auf. Er wollte etwas sagen, doch Hosto unterbrach seinen Protest, noch bevor er begonnen hatte. »Ich habe das nie gedacht, Ulman. Sicher, du musst noch viel lernen. Wir werden sehen, ob du auch gehorchen kannst – denn das muss man lernen, um Befehle geben zu können. Und wenn Karl dich mir vorzieht – wenn Karl dich gar mag -, dann ist das mehr wert als ruinierte Hosen und mein verletzter Stolz, Bursche! Stellst du dich mit ihm gut, kannst du sogar mein Nachfolger werden.«
    Das Haus Stromer führen? In des berühmten Ulrich Stromers Fußstapfen treten? Ulman nippte nachdenklich an seinem Wein. Das wäre ein später, köstlicher Triumph über die steten Zweifel, die sein Vater Heinrich an ihm gehegt hatte. Und König Karl – vielleicht einmal Kaiser Karl – sein Freund? Er hatte darüber noch gar nicht so recht nachgedacht. Bis heute hatte er Könige und Kaiser für unberührbar, ja beinahe übermenschlich gehalten.
Er hatte Karl sowie dessen Vater, König Johann von Böhmen, stets für ihre Errungenschaften in der Schlacht bewundert. Das war noch wahres Rittertum! Sicher, Ludwig war kein unangefochtener Kaiser gewesen. Viele hatten versucht, ihm den Rang abzulaufen. Doch erst als Karl, der Enkelsohn

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