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Die Lichtermagd

Die Lichtermagd

Titel: Die Lichtermagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Falkenhagen
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gesetzt, erinnerte sie sich. Ein erstes Ziel des Herrschers war die Schatzkammer der Heiligen Mutter Kirche. Der Kammerverwalter Laurentius wurde gefoltert, um den Kirchenschatz herauszugeben. Laurentius erbat sich, schlau wie er war, drei Tage Zeit. In dieser Zeit verschenkte er den Kirchenschatz an die Armen und bekehrte sie so zum Herrn Jesus Christus. Als kein Geld mehr übrig war und der Kaiser das Gold von Laurentius einforderte, da verwies der Fuchs auf die Gläubigen und sprach, sie seien der wahre Schatz der Kirche. Dieser beinahe schelmischeWinkelzug sorgte zwar dafür, dass Laurentius als Märtyrer zu Tode gefoltert wurde, doch hatte er dem gierigen Herrscher widerstanden und sowohl das Gold vor ihm versteckt wie auch den Glauben unter die Menschen getragen.
    »In der Not muss man ein paar Haken schlagen, nicht wahr?«, fragte Luzinde den Heiligen leise. Diese Einsicht beruhigte ihr schlechtes Gewissen darüber, dass sie sich in der Kirche aufhielt,
obwohl ihr der heilige Grund eigentlich seit Jahren verboten war. Und darüber, dass sie nun im Dienst eines Juden stand.
    Ihr Herz schlug schneller, als die Tore aufgetan wurden und die Menschen zu Dutzenden in die Basilika des Laurentius strömten. Und als die Priester aufrecht Richtung Osten gewandt und vor Erleichterung bebend die lateinischen Liturgie lasen, da schloss sie die Augen und dankte dem Herrn.
    Das Abendmahl jedoch nahm sie nicht an. Sie mochte die Priester täuschen können. Doch Gott selbst wollte sie nicht belügen. Sie befand es Gnade genug, hier in Nürnberg wieder einen Hauch seiner Gegenwart spüren zu dürfen.

KAPITEL 7
    Ich dachte schon, er würde dich köpfen lassen, Oheim, gleich dort, wo wir standen!« Ulman schüttelte immer wieder den Kopf, wenn er an die Szene dachte, derer er gestern Zeuge geworden war. Sein Oheim hatte einem König die Stirn geboten.
    Hosto hatte Ulman noch am Tag von Karls siegreichem Einzug nach Nürnberg in sein Haus am Zotenberg kommen lassen. Der schlanke junge Mann saß nun auf der Bank am Fenster von Hostos Gemach und griff nach der Karaffe aus böhmischem Glas, die auf einem Tisch bereitstand. Der Oheim ließ sich von einem Knecht die seidenen Beinkleider an das Wams schnüren und den bodenlangen Überrock aus grün-goldenem Brokat über die Schultern legen. Die letzten Edelsteine und Goldstickereien wurden auf den kostbaren Stoff genäht, als müsse Hosto die erlittene Erniedrigung von gestern heute durch mehr Prunk ausgleichen. Dann winkte der Alte nach einem Pokal und ließ sich verdünnten Wein reichen. »Mit dreckigen Beinkleidern vor dem König herumrobben, verdammt! Was verlangt diese Stadt noch alles von mir!«
    Ulman schürzte die Lippen. Er war zwanzig Jahre alt und erst vor wenigen Wochen aus den welschen Landen zurückgekehrt, wo er für die Familie Stromer Warenlieferungen und Preise ausgehandelt hatte. Nach der dort herrschenden Sitte trank er den roten Wein unverdünnt und stürzte ihn auch nicht einfach herunter. Nein, er ließ jeden köstlichen Schluck über die Zunge rollen und versuchte mit der Erinnerung an die sonnigen Lande seine Aufregung zu bezwingen. Genua! Oh, Genua. Dagegen wirkte Nürnberg kalt und verregnet.

    »Ah!«, grunzte der ältere Mann und ließ sich auf einen lehnenlosen Holzstuhl mit Kissen fallen, dessen geschwungen gekreuzte Beine ihn wie eine breite Sanduhr aussehen ließ. »Tja, Ulman. Der junge Bastard hat mich ganz schön im Schlamm sitzen lassen.Wenn der erst mal in meinem Alter ist, dann wird er sehen, was seine Knie noch mitmachen …«
    »Warum redest du so von ihm, Oheim? Er ist ein Ritter und König«, erwiderte Ulman stirnrunzelnd. »Er hat in seiner Jugend viele Turniere gefochten. Er stand in Italien und Crecy in der Schlacht!«
    Hosto warf ihm einen belustigten Blick zu. »Oh ja, Crecy hat er überlebt. Aber ob ihn gerade das zum edlen Ritter macht …«
    »Und ein Bastard ist er ganz sicherlich nicht!«, verteidigte Ulman den König weiter. Er sollte so nicht mit seinem Onkel sprechen, doch dessen Missachtung Karl gegenüber ärgerte ihn. Er mochte den König.
    »Nein, ein Bastard ist er gewiss nicht.Wäre er das, besäße er nicht so viel Unterstützung. Doch in Nürnberg nimmt er sich trotzdem viel heraus! Nürnberg ist nicht seine Hure, die er vögeln kann, wie es ihm beliebt!«
    Die Erinnerung an die Szene auf dem Feld vor der Stadt holte Ulman wieder ein. »Ich habe wirklich gedacht, es sei vorbei mit dir, Oheim«, bekannte er. »Du hast ihn

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