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Die Lichtermagd

Die Lichtermagd

Titel: Die Lichtermagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Falkenhagen
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eines Kaisers, sein Recht auf den Königsthron gefordert hatte, begann Ludwigs Stern zu sinken. Das war der Stoff für Geschichten, die man sich mit ehrfurchtsvoller Stimme am Lagerfeuer erzählte. Karl war ein Mensch von hohem Blut und echtem Adel.
    Dabei hatten die Stromers eigentlich stets eher in Ludwigs Lager gestanden. Ulmans seliger Vater war zu seinen Lebzeiten immerhin so sehr mit Kaiser Ludwig befreundet gewesen, dass dessen Kanzler Ulrich Hagenor ihn, Ulman, aus der Taufe gehoben hatte. Abfällig erkannte der junge Mann, wie schnell solche Freundschaften mit der Macht wechselten, denn Kaiser Ludwig und die seinen waren nun Geschichte. Auch er war ein echter Ritter auf dem Kaiserthron gewesen, ein Mann von Mut und Ehre. Er hatte im Spiel um die Macht sogar dem Papst die Stirn geboten – jahrelang! Ulman hatte aus der Ferne auf die Nachrichten darüber gelauert, wie die beiden Könige um das Reich gekämpft hatten. Allein, die finale Schlacht um das Reich war ausgeblieben, denn Ludwig war vorher gestorben. Beinahe bedauerte Ulman das. Der junge Löwe, der den Alten aus dem Feld schlägt – eine solche Schlacht wäre in die Geschichte des Reiches eingegangen.
    »Hast du nach dem Geißbart geschaut, wie ich dir befohlen habe?«, fragte Hosto unvermittelt.
    »Das habe ich, Oheim.«
    »Und, wie geht es ihm?«
    »Unverändert«, erwiderte der schlanke junge Mann. »Er verflucht Euren Namen aus tiefster Seele. Er beschwört, Ihr hättet ihn verraten, um einen Sündenbock zu haben.«

    »Und damit hat er ganz Recht«, bestätigte Hosto nüchtern und stürzte seinen Wein hinunter. »Er wird trotzdem seine Verurteilung bekommen.«
    Ulman runzelte missmutig die Stirn und lehnte sich gegen den Türrahmen. Ritterlich war dieses Verhalten nicht gerade. Und er war daran beteiligt, denn immerhin hatte er den Geißbart gejagt und zurück nach Nürnberg gebracht! »Du warst mit dem Geißbart verbündet, Oheim. Hast du mir nicht beigebracht, dass man seine Allianzen halten muss, weil man sonst seine Glaubwürdigkeit verliert?«
    »Solange sie sich auszahlen, ja. Aber die Zeichen der Zeit au ßer Acht zu lassen und dann mit seinem Wort unterzugehen, mag nobel sein – aber dumm. Und irgendjemand muss den Kopf für den Aufstand hinhalten.«
    »Das will mir kaum gerecht erscheinen, Oheim.«
    »Natürlich ist das nicht gerecht«, grunzte Hosto, als er sich ausstreckte und die Füße auf einen Tritt legte. »Wir haben eine Allianz geschlossen, die sich als fatal erwiesen hat. Jetzt müssen wir das Beste daraus machen.«
    »Aber warum er? Sollte ein Mann nicht selbst geradestehen für das, was er tut?«
    »Natürlich sollte er das, mein junger Neffe«, seufzte Ulrich. »Wir werden auch ein oder zwei Männer aus den Ehrbaren Familien vor das Gericht des Königs stellen müssen. Aber wir müssen strategisch denken. Wenn ich falle, fallen Macht und Einfluss des Hauses Stromer mit mir. Und das darf nicht sein. Die Stadt braucht Menschen mit Visionen! Mit Ambitionen! Mit Macht und mit dem rechten Sinn, sie zu benutzen. Also muss der Geißbart dran glauben. Und es ist ja nicht so, dass er nicht tatsächlich schuldig wäre.«
    Ulman schmeckte die Sache trotzdem nicht. Er ließ den letzten Schluck des samtigen Roten über seine Zunge gleiten, um
den üblen Geschmack zu vertreiben. Als er absetzte, betrachtete er den Pokal mit dem nach oben spitz zulaufenden Fuß, um den sich eine schmale Schlange wand. Er bestand aus durchsichtigem grünlichen Glas, das sicher aus Prag gehandelt worden war, dem Sitz des Königs Karl. Die Handelsbeziehungen dort hinüber waren in den letzten Jahren immer bedeutender geworden. Jetzt, da Karl nach der Kaiserkrone greifen würde, müsste man sich mit Prag gut stellen. Doch all dieses Taktieren und Beschenken, Schönreden und Loben von wichtigen Herrschaften – es war nicht nach Ulmans Geschmack.
    »Ulman, dein Gerede von Ehre und Anstand ist genau das, was dein Vater an dir als Schwäche ausgelegt hat. Der Junge ist zu weich, hat er immer zu mir gesagt. Träumt von Turnieren und Jungfrauen, statt Rechnen und Schreiben zu lernen. Ich habe ihm stets gesagt, dass Ideale ein Vorrecht der Jugend sind und sich das schon auswächst«, er zog warnend die blonden Brauen zusammen. »Mach mich nicht noch zum Lügner.«
    Ulman schluckte schwer, und fragte sich, ob der Onkel eine Antwort erwartete. Doch der fuhr fort. »Ich tue all diese Dinge auch und vordringlich für dich und deine Brüder. Vergiss nicht – ich

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