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Die Lichtermagd

Die Lichtermagd

Titel: Die Lichtermagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Falkenhagen
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hinzu. Dann neigte er das Haupt zum Abschied, drehte sich schnell um und schritt von dannen. Erst als er über den Hof eilte, fiel Luzinde auf, dass er ihr die ehrenvolle Anrede für hochgestellte Persönlichkeiten hatte angedeihen lassen. Und
als er sich, an der Pforte stehend, noch einmal zu ihr umwandte, da wusste sie, dass sie sich verliebt hatte. Und als sie erkannte, dass er ihre Gefühle teilte, schlug ihr Herz höher. Sie lächelte froh. Es würde sich sicher noch eine Gelegenheit finden lassen, zu der sie ihm die Wahrheit sagen konnte! Dieses Mal würde alles ganz anders werden.
     
    Von diesem Tag an wurde Ulman Stromer zu einem festen Bestandteil in Luzindes neuem Leben. Er besuchte den alten Gottschalk mehrere Male die Woche, entweder auf einen Krug Wein, den die beiden im Hof, in der Diele oder in der Schreibstube miteinander genossen, oder wegen Verhandlungen geschäftlicher Natur, an denen sie nicht teilhatte. Jedes Mal nahm sich der junge Patrizier mehr und mehr Zeit für Luzinde, bis sie nicht mehr wusste, ob seine Besuche bei Gottschalk Zweck oder Vorwand für ihn darstellten. Ulman berichtete ihr von seinem eigensinnigen Onkel Ulrich, der die Geschäfte der Familie leitete, dem viel älteren und etwas versponnenen Halbbruder Peter, der nach einem Weg suchte, den Reichswald wieder aufzuforsten, sowie von den Hadermühlen der Welschen, die Papier aus Lumpen herstellten. Einmal berichtete er sogar von dem Zusammentreffen mit König Karl und dessen ritterlicher Großzügigkeit ihm gegenüber.
    »Ihr werdet von mir keine Worte gegen den König hören«, sagte Ulman einmal zu Luzinde. »Er ist ein echter Ritter, was immer mein Onkel auch von ihm denken mag.«
    Sie saßen an einem der weniger unwirtlichen Tage dieses Oktobermonats auf einem Buckel des Burgberges außerhalb der Stadtmauer, gerade außer Sicht jener Straße, die unter der Burg hindurch nach Norden aus der Stadt hinausführte. Die Sonne lächelte mild auf das Land hinunter.

    »Ist er nicht auch ein Liebling des Papstes?«, fragte Luzinde. Immerhin hatte Karl Nürnberg den Glauben zurückgebracht und damit den Bann des Papstes wieder aufgehoben.
    »Das ist er. Bevor sie Papst und König waren, waren sie in Karls Jugend in Paris Lehrmeister und Schüler. Und nun sitzt der eine auf dem weltlichen, der andere auf dem Petrusthron.«
    Aus dem Tonfall Ulmans hörte Luzinde eine Bewunderung heraus, die sie kaum verstehen konnte. Diese Herren standen, obwohl sie den einen wohl einmal gesehen hatte, so hoch und fern über ihr, dass sie gar nicht so recht begreifen konnte, dass Ulman mit einem von ihnen tatsächlich bereits Worte gewechselt hatte.
    »Stört es Euch nicht, dass ich nur eine Magd bin?«, fragte sie unvermittelt.
    Er sah auf. »Warum sollte mich das stören?«
    »Weil …«, sie wusste nicht, was sie sagen sollte. »Weil Ihr doch nun aus einer so angesehenen Familie stammt. Ziemt es sich da, dass Ihr Euch mit einer gemeinen Frau abgebt?«
    Da lächelte er. »Ihr meint, weil Ihr Jüdin seid? Ich bin nicht von Stand und nicht von Adel, Luzinde. Noch vor zwanzig oder dreißig Jahren, so erzählte mein Vater mir einmal, hielten uns die Ritter für hoffärtig und wollten dem Reichtum der Bürger einen Riegel vorschieben. Und wo sind wir nun?« Er zuckte mit den Schultern. »Ich glaube daran, dass Adel nichts mit der Geburt zu tun hat. König Karl ist sicherlich nicht nur deshalb so ritterlich, weil er der Enkelsohn eines Kaisers und Sohn eines Königs ist. Es liegt ihm einfach im Wesen. Und genauso, wie es ritterliche Menschen in den ratsfähigen Familien gibt, kann es doch auch welche unter den Juden geben, oder? Auch der Geldverleih gerät ja mehr und mehr in christliche Hände. Ich halte uns nicht für so verschieden, Luzinde.«

    Die Magd sah betreten zu Boden. »Herr Ulman …«, begann sie verunsichert. »Ich muss Euch etwas gestehen.«
    »Ihr seid ja plötzlich ganz ernst.« Er nahm ihre Hand in seine, und Luzinde spürte sich erröten.
    »Ich – Ihr seid da einem schrecklichen Irrtum aufgesessen, Herr Ulman.«
    »Ein Irrtum?Was für ein Irrtum? Seid Ihr etwa auch der Meinung, dass Juden und Christen grundverschieden sind? Herr Mose scheint ja zu denken, die Trennung der beiden Religionen sei gottgegeben.«
    »Nein, darum geht es nicht.« Luzinde entzog sich seinem Griff und stand auf. Sie wandte sich ab und sah auf das Land hinunter, dessen abgeerntete Felder sich in braun mit goldenen Garben bis zum Waldrand des Sebalder

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