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Die Lichtermagd

Die Lichtermagd

Titel: Die Lichtermagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Falkenhagen
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nichts weggekauft wurde, oder mussten auf den Einkauf ganz verzichten. Das koschere Fleisch zum Beispiel erstanden sie ausschließlich bei Juden, und auch andere Dinge wie etwa Wein kauften sie am liebsten von ihren eigenen Leuten. Deshalb gab es in Nürnberg sogar eigens jüdische Fleischer. Die durften ihre Waren ausschließlich untereinander verkaufen, denn man munkelte, dass die Juden in anderen Landstrichen das Große Sterben mit vergiftetem Fleisch verursacht hätten.

    Selbst in Pillenreuth hörte man seit etwa einem Jahr, dass die Menschen vieler Städte am Schwarzen Tod starben, den die Juden verursacht haben sollten. Die schrecklichen Nachrichten nahmen beinahe unglaubwürdige Züge an, die die Beginen hinter vorgehaltener Hand bereits vom Ende aller Zeiten hatten reden lassen.Wenn man den Berichten Glauben schenken konnte, dann gab es in vielen Städten Berge von Leichen auf den Straßen. Mancherorts sei angeblich jeder Zweite von schlimmem Gift dahingerafft worden, das schwarze Beulen und einen grässlichen Tod verursachte. Nürnberg war Gott sei Dank von solchem Unheil bislang verschont geblieben. Luzinde kannte die Wahrheit hinter solchen Berichten nicht. Doch sie erinnerte sich an Gottschalks Rede davon, dass manche Menschen Gutes in sich trugen, und manche Böses.
    Für Luzinde war es ein merkwürdiges Gefühl, den Markt mit Rebekka und den Kindern zu besuchen. Sie war hier schon ein paar Male gewesen, sei es um zu betteln, etwas zu stibitzen oder schlicht, weil die Fleischbrücke den besten und direktesten Übergang über die Pegnitz ermöglichte. Trotzdem schien es ihr, als sei sie zwischen den Verkaufsständen, den Marktschreiern, Hunden und Leuten eine Fremde, während sie die jüdische Familie begleitete. Die Leute starrten sie an, steckten die Köpfe zusammen und tuschelten. War eine Traube von Menschen an einem Stand, dann wurde Rebekka als Letzte bedient und akzeptierte dies auch mit Gleichmut. Ein paar Stände, zu denen sie gingen, wurden umgekehrt von den Christen gemieden, denn dort verkauften die jüdischen Fleischer ihre Ware. Hier trugen die Männer ihre Bärte gestutzt und stets Kopfbedeckungen, oft spitze Hüte, während die Frauen Schleier mit blauer Spitze übergelegt hatten. Nicht alle, doch ein großer Teil der Juden trugen diese Zeichen, um sich von den Christen zu unterscheiden. Dann wiederum gab
es Leute, die alle eine auffallend ähnliche safranfarbene Gugel trugen. »Des sind Fremde«, sagte Bel. »De missen sich so anzin.« Und doch wurden diese Fremden in der jüdischen Gemeinschaft offenbar mit derselben Herzlichkeit begrüßt wie die Alteingesessenen.
    Dort blieben die Frauen dann auch für ein Schwätzchen länger stehen, als eine üppige Jüdin mit breitem Lächeln und apfelroten Wangen herüberkam.
    »Rebekka, libe Rebekka!« Die Frau begrüßte die Angesprochene mit Küsschen auf die Wangen. »Schen dich ze seen! De musst mit Mose wider einmal zum Feiern in unser Haus komen. Sei doch so lib, freg den Man, ob er Suntig komen wollt, jo?«
    »Danke, Michal«, erwiderte Rebekka, offenbar geschmeichelt von der Einladung. »Ich werd Mose fregen. Wir sind so gern bei Eberlein und dir ze Haus!«
    »Schen! Der Eberlein hat schon gefregt – Michal, Waib, hat er gefregt, der Mose un de Rebekka, de haben uns lang nit geseen. Zorenen de uns? Aber ich heb ihm gesegt, Nein, liber Eberlein, de zorenen uns nit, de haben Kinder!« Dann lachte Michal albern, als hätte sie gerade einen großartigen Witz gemacht. »Ir komt uns besuchen, jo?«
    Die Magd Rahel schnaufte hinter dem Rücken der Herrschaft unterdrückt und unkte: »De haben wol ein neue Menora aus Gold oder Kleider aus Seide aus Venedik, die se vorzeigen woln.«
    »Wer ist sie?«, fragte Luzinde zurück.
    »Des is Michal, de Frau des Eberlein. Er is der Judenrichter hier, und is ein Freind de christlichen Ratsleut. Man sagt, Ulrich Stromer hett als Birge fer ihn hergehalten, als er als einer der ersten Jiden ein Birger von Nirnberg geworden is. Adonai weiß, wie viel er dem alten Hosto damals gezolt het.«

    »Ulrich Stromer hat für ihn gebürgt? Ist das der Oheim von dem jungen Herrn Ulman?«
    »Is er. Der alte Fukss is ein wichtiger Man hier in Nirnberg«, erklärte Rahel, bevor sie mit einem Seitenblick herübersah. »De schteckst fil zusamen mit dem Hern Ulman, was, Schicksa?«
    »Nein«, brummelte Luzinde errötend, während sie Jakob zusah, wie er einen räudigen Hund mit Gemüseabfällen aus einem Korb bewarf. »Warum

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