Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Lichtfaenger

Die Lichtfaenger

Titel: Die Lichtfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elmar Bereuter
Vom Netzwerk:
uninteressanten Vorschlag gemacht!«
    Binsfeld hielt kurz inne, betrachtete scheinbar interessiert seine Fingernägel und hüstelte leicht.
    »Und der wäre?«
    »Bodeghemius wurde, wie du weißt, von den Calvinisten aus den Niederlanden vertrieben. Verständlich, dass er nicht viel von diesen Ketzern hält. Hier an der theologischen Fakultät unterrichten ausnahmslos Jesuiten…«
    »Wobei es auch bleiben soll!«, unterbrach ihn Gibbons.
    Binsfeld schüttelte den Kopf. »Nein, nein, mein lieber John!
    Schau her – wenn wir das Lutherische eindämmen wollen, genügt es nicht, nur Trier ketzerfrei zu bekommen. Wir brauchen hier Theologen, die ihren Studenten aus eigener Anschauung erzählen können, wie es um diese Ketzer wirklich bestellt ist, und die dieses Wissen verbreiten. Wie viele aber davon lehren an der Universität, die das können? Um es gleich zu sagen: kein Einziger! Es sind alles Theoretiker!
    Bodeghemius kennt da einen, Niederländer wie er, der mit seiner Sippe verjagt wurde und der in Loewen Philosophie und Theologie studiert hat. Derzeit unterrichtet er als Professor an der Mainzer Universität. Glaube mir, so ein Mann wäre Gold wert. Allerdings werden wir ihn nicht nach Trier bekommen, wenn wir ihm nicht eine zumindest gleichwertige Professur anbieten können! Wir sollten ihn holen, bevor ihn uns eine andere Universität wegschnappt!«
    Gibbons überlegte nur kurz. »Das wird hier für einige Unruhe sorgen. Aber du hast Recht! Wie heißt der Mann?«
    »Cornelius Loos.«
    »Nie gehört. Aber wenn ihn Bodeghemius empfiehlt, ist es sicher nicht verkehrt, wenn wir ihn uns einmal näher ansehen!«

    2

    In Trier und im Umland folgte eine Krise auf die andere.
    Immer wenn die Menschen glaubten, es könne nicht mehr schlimmer kommen, brach das nächste Unheil über sie herein.
    Im April 1583 versetzten Gerüchte über marodierende Söldner die Bürger in Angst und Schrecken, im Sommer fuhr der verderbende Atem einer Pestilenz durch die Stadt, der die Medici hilflos gegenüberstanden, 1584 war zwar die Ernte ertragreicher als in den vorherigen Jahren, aber die Spekulanten trieben die Preise weiter in die Höhe, worauf sich die Stadträte gezwungen sahen, jede Ausfuhr von Getreide unter schwerer Strafe zu verbieten. Zu alledem kroch schon die nächste Seuche in die Häuser. Hexereigerüchte tauchten auf und wurden von Studenten in farbigen Schilderungen durch die Straßen getragen. Im nächsten Jahr folgte eine nochmalige Teuerung, die Speicher waren nun endgültig leer und der Magistrat musste gegen immenses Geld Getreide von auswärts kaufen. 1586 beschwerten sich die Fuhrleute über die kaum mehr erschwinglichen Haferpreise, und von dem Brotgetreide, das aus dem Lothringischen kommen sollte, wurde nicht einmal die Hälfte geliefert, da auch dort Mangel herrschte.
    Eine alte Frau aus Pfalzel, die schon lange des Milchzaubers verdächtig war und angeblich durch einen Wasserhahn in ihrem Haus mithilfe des Teufels fremde Kühe melken konnte, wurde von einer wütenden Menschenmenge kurzerhand von der Moselbrücke geworfen. Auch in diesem Sommer kam eine neue Pest über die Stadt und der Rat gab die Anordnung, die Toten wegen des von ihnen ausgehenden Gestanks
    unverzüglich zu bestatten. Bereits im Februar war unter dem Ankläger Zandt von Merl und dem Schultheißen Flade als Vorsitzendem eine Frau als Hexe verbrannt worden und in den kurtrierischen Ämtern Saarburg und Pfalzel sowie in den Hochgerichten der nicht zur städtischen Verwaltung und Rechtsprechung gehörenden Abtei St. Matthias als auch in der Reichsabtei St. Maximin war es zu Hinrichtungen gekommen.
    In Trier wurde der Druck der Straße immer größer, wozu die Kanzelpredigten einiger Jesuiten das Ihre beitrugen. Im Orden sorgte ein Vorfall für Gesprächsstoff, der sich vor kurzem in Wien zugetragen hatte: Dort wurden einem besessenen Mädchen, dessen Großmutter es dem Teufel übergeben hatte und die dafür verbrannt worden war, nicht weniger als sage und schreibe zwölftausendsechshundertzweiundfünfzig Dämonen ausgetrieben. In Ingolstadt hatte sich ein ähnlicher Fall ereignet und hier in Trier war Binsfeld auf einen Buben aufmerksam gemacht worden, der behauptete, als Trommler an einem Hexensabbat teilgenommen zu haben. Unverzüglich hatte er John Gibbons gebeten, den Jungen unter die Aufsicht der Jesuiten zu nehmen. Und es ging folgende Geschichte eines Bauern und seiner achtjährigen Tochter um: Der Vater hatte die Kleine wegen ihrer

Weitere Kostenlose Bücher