Die Liebe am Nachmittag
mir von Zeit zu Zeit ins Gesicht, dann senkt sie den Kopf. Zeichnet mit dem Stöckchen Kreise vor ihre Schuhspitzen.
Sie weiß nicht, woran sie mit mir ist.
41. Nacht
Als ich am nächsten Morgen aufwache, regnet es. Kein Himmel zu sehen; die Straßenbäume stehen schon inmitten von Wasserlachen, und die Gehsteige sind so leer, als hätten die Menschen die Flucht ergriffen.
Es schüttet den ganzen Vormittag. Und finster ist es. Ich muss bei künstlichem Licht arbeiten.
Auch nach dem Mittagessen regnet es noch genauso unbändig und heftig wie am Vormittag.
Ich bin beim Übersetzen des französischen Stücks, arbeite in großer Hast, muss jetzt aber dennoch den Stift aus der Hand legen; mir für zwei volle Seiten etwas anderes einfallen lassen,denn eine derart miese Schweinigelei kann so nicht stehen bleiben. Ich werfe mich aufs Sofa, zum Ausruhen und Nachdenken.
Zünde mir eine Zigarette an, ich will nicht einschlafen.
Ja, vor einer Woche habe ich Iboly versprochen, bei einigen Zeitungen rechtzeitig Bescheid zu sagen, damit man sie in den Kritiken zur Prüfungsaufführung möglichst wohlwollend behandelt. Diesen Appell hat nämlich Professor Tatai durch Iboly an mich gerichtet.
Nach meinem Gespräch mit dem Metzgerburschen hatte ich mir fest vorgenommen, bei einigen Blättern mit dem zuständigen Kritiker zu sprechen und mich für Iboly einzusetzen.
Nein, mich interessiert ja dieses Mädchen nicht. Definitiv nicht.
Die ganze Sache müsste längst zu Ende sein. Ein so uninteressiertes Frauchen passt doch gar nicht zu mir. Ehrlich gesagt hat es mich auch nie besonders nach ihrer Gesellschaft verlangt. Habe mich sogar ein wenig verachtet ihretwegen. Billige Angelegenheit.
Es wird mir nicht leidtun, dass ich sie abgeschoben habe. Wollte ich sie zu meinem Liebchen machen, müsste ich jetzt anfangen, mich um sie zu kümmern. Für sie zu allen möglichen Theatern laufen, mir ihre Jammerei anhören, mich Tag für Tag vor Regisseuren, Autoren erniedrigen, für sie um Bagatellrollen im Rundfunk und beim Film betteln; nein, danach ist mir wirklich nicht zumute.
Soll sie doch heiraten, das passt viel besser zu ihr.
Ich sehe dieses Mädchen schon in irgendeinem Zirkus stehen, im Paillettenkostüm vor einer Bretterwand, mit ausgebreiteten Armen. Messer werden auf die Wand geschleudert, rund um ihren Kopf, unter Ihre Achseln, neben die Hüften bis zum Boden hinunter. Von Herrschaften und jungen Herren. Und einmal wird sie dann selbst getroffen.
Sie wird eine Maci und noch Schlimmeres.
Mir ist, als wäre ich ein wenig verantwortlich für sie, weil ich sie kennengelernt habe.
Heirate, du armes Kind.
Selbst wenn du es ganz weit brächtest, sich die Direktoren um dich rissen, man dich täglich ablichten und die Klatschkolumnisten über dich berichten würden,wenn du ein großes Auto und eine Villa hättest und sechs Hunde, zwölf Hunde, selbst dann solltest du lieber heiraten. Denn sonst hättest du niemals einen Menschen, weil du keinen lieben würdest, nur den Erfolg. Du hättest keine Kinder, Stars haben keine Kinder. Je selbstsüchtiger sie werden, desto mehr verlieren sie; ihnen bleibt kein echtes Gefühl, kein reiner Gedanke; die Großaufnahme auf den Plakaten zeigt keinen Menschen, sondern ein Monster, von dem man sich besser fernhält.
Heirate, Iboly. Du sollst kleine Kinder haben, Enkel, so wird immer jemand da sein, der dir einen süßen Kuss auf den Mund drückt.
Scher dich zurück zu den Glücklichen, von denen niemand ein Autogramm haben will. Geh nicht auf die Bühne, setzdich in den Zuschauerraum. Publikum sein ist das Allerschönste.
Das Geniale ist die Talentlosigkeit. Die Millionen und Abermillionen Frauen, die kochen, die stillen, die Gobelins weben oder sich in Bridgesalons enthusiasmieren; die Millionen und Abermillionen Männer, die auf dem Acker, in der Werkstatt oder in Ämtern arbeiten, die eine Hütte zimmern oder für ein Häuschen mit Garten sparen. Die auf der Liebhaberbühne auftreten und ins Poesiealbum schreiben oder im Männergesangverein singen; die im Theater applaudieren, sich gegenseitig mit der Kodak verewigen, sie alle tragen das Genie in sich, die wissen, was man auf dieser Welt zu tun hat.
Auch am nächsten Morgen regnete es noch. Strömender Regen, ein düsterer Tag. Panik überfällt einen. Niemand hat vorhergesagt, wie lange es regnen wird. Vielleicht bleibt es so, nicht nur sechs Wochen lang, sondern für immer. Bisher war der Gang der Dinge, dass die Sonne scheint,
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